Ende August publizierte die „European Society of Cardiology“ (ESC) neue Bluthochdruck-Leitlinien [1] – demnach sollen bereits leicht erhöhte Blutdruckwerte behandelt werden und alle Betroffenen sollten Werte zwischen 120–129/70–79 mmHg anstreben. Im klinischen Alltag ist es aber häufig schwer, diesen ambitionierten Zielblutdruck zu erreichen. Hemmschuhe sind eine unzureichende Adhärenz oder Unverträglichkeit bei Dosiserhöhungen von Einzelsubstanzen oder von Zweifachkombinationspillen. Wie eine aktuelle Studie [2] zeigte, könnte die Therapie mit einer Dreifachkombinationspille hilfreich sein: Sie erwies sich als effektiv und gut verträglich.
Die aktuelle Studie demonstrierte eine Überlegenheit der Dreifachkombination „GMRx2“, bestehend aus Telmisartan (20 mg), Amlodipin (2,5 mg) und Indapamid (1,25 mg) (Startdosis entsprechend jeweils der Hälfte der Standarddosis von GMRx2), gegenüber den verschiedenen Kombinationen von jeweils zwei dieser drei Wirkstoffe im Hinblick auf die Blutdrucksenkung. „Von besonderer Bedeutung für den Klinikalltag ist, dass die Studie Patientinnen und Patienten mit relativ moderat erhöhten Blutdruckwerten einschloss, von denen ein Großteil aber erst unter der Dreifachkombination problemlos die neuen Zielwerte der europäischen kardiovaskulären Fachgesellschaft erreichten. Das zeigt uns: Betroffene lassen sich in den ambitionierten Zielwertbereich bringen, und zwar einfach und bequem mit einer Tablette pro Tag“, erklärt Prof. Dr. Markus van der Giet, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hochdruckliga.
Die internationale Studie, an der sich Zentren aus Australien, Tschechien, Neuseeland, Polen, Sri Lanka, Großbritannien und den USA beteiligten, wurde zwischen dem 9. Juli 2021 und dem 1. September 2023 durchgeführt. 1.385 erwachsene Menschen mit erhöhten Blutdruckwerten (entweder mit einem Praxisblutdruck von 140–179 mmHg, wenn sie bislang keine blutdrucksenkende Therapie erhalten hatten, oder 130–170 mmHg, wenn sie ein Medikament zur Blutdrucksenkung einnahmen) wurden in die Studie eingeschlossen. 51 Prozent von ihnen waren weiblich, das Durchschnittsalter betrug 59 Jahre und der durchschnittliche Blutdruckwert bei Studieneinschluss lag bei 142/85 mmHg. „Angesichts der Tatsache, dass vor August dieses Jahres überhaupt erst systolische Blutdruckwerte von 140 mmHg oder höher als behandlungswürdig eingestuft werden, handelte es sich also um eine Kohorte mit moderat erhöhten Werten. Dennoch wissen wir aus der Praxis, dass auch der Blutdruck dieser Patientinnen und Patienten mit einer herkömmlichen Therapie bestehend aus einem oder mehreren Einzelmedikamenten nur schwer in den neuen Zielbereich abzusenken ist“, erklärt Prof. Dr. Bernhard Krämer, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Dreifachkombinationspille eine gute Therapieoption für diese Patientinnen und Patienten darstellt, egal, ob sie bislang therapienaiv gewesen sind oder bereits Blutdrucksenker erhalten haben.
In der randomisierten, doppelverblindeten Studie wurden alle Patientinnen und Patienten zunächst vier Wochen lang mit dem Prüfmedikament GMRx2 in halber Dosierung eingestellt. Nach dieser „Run in“-Phase wurden sie in vier Gruppen aufgeteilt: Die erste Gruppe (mit 551 Personen war doppelt so groß wie die anderen drei) erhielt weiterhin die Medikation wie in den vorausgegangenen vier Wochen, Gruppe 2 erhielt die Zweifachkombination Telmisartan/Indapamid (20 mg/1,25 mg), Gruppe 3 Telmisartan/Amlodipin (20 mg/2,5 mg) und Gruppe 4 Amlodipin/Indapamid (2,5 mg/1,25 mg). Nach sechs Wochen wurden in allen vier Gruppen die Dosierungen verdoppelt. Nach weiteren sechs Wochen erfolgte dann die Auswertung und die Blutdruckwerte wurden zwischen den Gruppen verglichen. Im Ergebnis zeigte sich, dass der Blutdruck in Gruppe 1, die die Dreifachkombination erhalten hatte, signifikant niedriger als in anderen drei Gruppen war (-2,5 vs. In der mit Telmisartan/Indapamid behandelten Gruppe, -5,4 vs. Telmisartan/Amlodipin und -4,4 vs. Amlodipin–Indapamid). Nach zwölfwöchiger Behandlung erreichten bei der Heimblutdruckmessung 56 % unter der Dreifachkombination Blutdruckwerte unter 130/80 mmHg, in den Zweifachkombinationsgruppen waren es nur 44%, 20 % und 18 %. „Das zeigt, wir haben nun eine wirksame Therapie, um deutlich mehr Betroffene innerhalb von drei Monaten in einen Blutdruckbereich zu bringen, der mit einem erheblich geringeren Risiko für kardiovaskuläre Folgekrankheiten verbunden ist und daher von der ESC empfohlen wird“, sagt Prof. van der Giet.
Auch im Hinblick auf die Sicherheit und Verträglichkeit, gemessen an dem Anteil der Patientinnen und Patienten, die die Studie abbrachen, schnitt das neue Medikament gut ab: lediglich 2 % der damit Behandelten unterbrachen die Therapie. „Auch wenn es in den anderen Gruppen nur 1 % waren, ist diese Zahl nicht besorgniserregend, sondern als niedrig einzustufen“, betont der Experte der Deutschen Hochdruckliga. Die insgesamt niedrige Abbrecher- und Nebenwirkungsrate erklärt van der Giet mit einem geringeren Nocebo-Effekt der Kombinationspräparate: Wer eine Tablette nimmt, erwartet unbewusst weniger Nebenwirkungen als bei Einnahme von zwei oder drei verschiedenen Pillen.
Auch sei bekannt, dass die Einnahmetreue umso höher ist, je weniger Tabletten pro Tag eingenommen werden müssen. „Die neuen Leitlinien [1] empfehlen daher, neu diagnostizierten Bluthochdruckpatientinnen und -patienten eine niedrigdosierte Zweifachkombinationstherapie zu verschreiben. Wenn damit die Zielwerte nicht erreicht werden, soll auf eine niedrigdosierte Dreifachkombination umgestellt werden. Die aktuelle Studie zeigt, dass damit bei einem Großteil der Betroffenen die Einstellung ohne große Nebenwirkungen oder Risiken gelingt“, lautet das Fazit des Experten.
Quellen
[1] McEvoy JW, McCarthy CP, Bruno RM, Brouwers S, Canavan MD, Ceconi C, Christodorescu RM, Daskalopoulou SS, Ferro CJ, Gerdts E, Hanssen H, Harris J, Lauder L, McManus RJ, Molloy GJ, Rahimi K, Regitz-Zagrosek V, Rossi GP, Sandset EC, Scheenaerts B, Staessen JA, Uchmanowicz I, Volterrani M, Touyz RM; ESC Scientific Document Group. 2024 ESC Guidelines for the management of elevated blood pressure and hypertension. Eur Heart J. 2024 Oct 7;45(38):3912-4018. doi: 10.1093/eurheartj/ehae178. PMID: 39210715.
[2] Rodgers A, Salam A, Schutte AE, Cushman WC, de Silva HA, Di Tanna GL, Grobbee DE, Narkiewicz K, Ojji DB, Poulter NR, Schlaich MP, Oparil S, Spiering W, Williams B, Wright JT Jr, Lakshman P, Uluwattage W, Hay P, Pereira T, Amarasena N, Ranasinghe G, Gianacas C, Shanthakumar M, Liu X, Wang N, Gnanenthiran SR, Whelton PK; GMRx2 Investigators. Efficacy and safety of a novel low-dose triple single-pill combination of telmisartan, amlodipine and indapamide, compared with dual combinations for treatment of hypertension: a randomised, double-blind, active-controlled, international clinical trial. Lancet. 2024 Oct 19;404(10462):1536-1546. doi: 10.1016/S0140-6736(24)01744-6. PMID: 39426836.
Über uns
Die Deutsche Hochdruckliga e.V. (DHL)® I Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention ist eine gemeinnützige, unabhängige medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft. Sie setzt sich seit 1974 für die Förderung der Wissenschaft und eine wissenschaftlich fundierte Aufklärung der Öffentlichkeit auf dem Gebiet der Hypertonie ein. Sie bündelt die Expertise aus allen relevanten Fachgruppen und stellt diese allen Beteiligten zur Verfügung. Wissenschaftliche Sektionen und der jährliche wissenschaftliche Kongress sichern aktuelles Fachwissen und den fachlichen Austausch. Stipendien und Wissenschaftspreise fördern den wissenschaftlichen Nachwuchs. Durch die Zertifizierung von Fachärztinnen und -ärzten sowie interdisziplinären Hypertonie-Zentren sichert die Deutsche Hochdruckliga eine qualitativ hochwertige, umfassende Versorgung von Hypertonikerinnen und Hypertonikern im deutschsprachigen Raum. www.hochdruckliga.de
Service für die Medien
Gerne vermitteln wir Ihnen Expertinnen und Experten und Betroffene für Interviews.
Pressekontakt
Dr. Barbara Pfeilschifter
Berliner Straße 46, 69120 Heidelberg
presse@hochdruckliga.de
Telefon: +49 62 21 5 88 55-42
Mobil:+49 170-329 293 7
Webseiten: www.hochdruckliga.de/presse
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).