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02.01.2025 11:00

Afrika: Bessere Straßen fördern vielseitigere Ernährung

Katrin Piecha Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Ein ausgewogener Speiseplan ist ein wichtiges Mittel gegen Unter- und Mangelernährung. Forschende propagieren daher, dass Kleinbäuerinnen und -bauern in ärmeren Ländern möglichst viele verschiedene Lebensmittel für den Eigenbedarf produzieren sollten. Eine neue Studie stellt diese Empfehlung jedoch ein Stück weit in Frage. Wichtiger als eine große Diversität auf der eigenen kleinen Scholle ist demnach ein guter Zugang zu regionalen Märkten. Denn dadurch erhöht sich die Vielfalt der dort angebotenen Produkte, was der Bevölkerung insgesamt zugute kommt. Die Ergebnisse erscheinen in der Fachzeitschrift „Nature Food“.

    Eine zu einseitige Ernährung schadet der Gesundheit. Gerade in vielen ärmeren Ländern ist es jedoch um die Vielfalt auf dem Teller nicht gut bestellt. Das gilt vor allem für Kleinbauernhaushalte, die einen Großteil der mangelernährten Bevölkerung ausmachen. Als möglicher Ausweg gilt der Anbau möglichst vieler unterschiedlicher Lebensmittel für den Eigenbedarf. Doch wie effektiv ist diese Maßnahme, und gibt es bessere Alternativen?

    Um diese Frage zu beantworten, griffen Forscher der Universität Bonn auf einen umfassenden Datenschatz zurück: Sie werteten Erhebungen von knapp 90.000 Haushalten in Afrika aus, die meisten von ihnen landwirtschaftliche Kleinbetriebe. Die Daten waren zwischen 2008 und 2022 in Äthiopien, Malawi, Niger, Nigeria, Tansania und Uganda gesammelt worden. „Sie erlauben unter anderem Einblicke in die Zahl der angebauten Feldfrüchte und der gehaltenen Tierarten“, erklärt Prof. Dr. Matin Qaim vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn. „Außerdem enthalten sie Angaben dazu, welche Nahrungsmittel in den jeweiligen Haushalten konsumiert werden.“

    Größere Vielfalt auf dem Acker hat nur einen geringen Effekt

    Die Auswertung belegt in der Tat, dass eine größere Vielfalt auf dem Acker zu einer ausgewogeneren Ernährung der Kleinbauernhaushalte führt. „Allerdings ist dieser Effekt klein“, sagt ZEF-Forscher Dr. Thanh Tung Nguyen, der die Studie zusammen mit Qaim durchgeführt hat. „Die kleinbäuerliche Produktion in Afrika ist ohnehin meist recht divers. Wichtiger als die Diversität auf jeder einzelnen Farm noch weiter zu steigern, ist ein guter Zugang zu lokalen und regionalen Märkten. Denn dort können die Betriebe nicht nur eigene Überschüsse verkaufen, sondern im Gegenzug auch diejenigen Lebensmittel erstehen, die ihnen selbst fehlen.“

    Tatsächlich sind Märkte für gesunde Ernährung heute meist schon wichtiger als die Eigenproduktion, wie die Analyse der konsumierten Lebensmittel zeigt: Die untersuchten Farmen decken demnach ihren Ernährungsbedarf im Schnitt nur zu einem Drittel aus der eigenen Produktion. Je näher der nächste Markt, desto mehr bereichern zugekaufte Lebensmittel den Speiseplan. Das gilt für alle sechs untersuchten Länder. „Der Zugang zu lokalen und regionalen Märkten ist demnach für die Qualität der Ernährung ganz entscheidend“, betont Nguyen. Vielerorts fehlt es dazu jedoch an der passenden Infrastruktur. So sind oft die Wege zum Markt so schlecht, dass der Transport lange dauert und ein Teil der Produkte unterwegs verdirbt oder beschädigt wird.

    Vielfalt in der Region ist wichtiger als Vielfalt auf jedem einzelnen Acker

    Die Forscher empfehlen, nicht einseitig auf mehr Vielfalt auf dem Acker zu setzen. Wichtig sei vor allem auch eine Verbesserung der Infrastruktur und damit ein besserer Marktzugang. Eine zu große Diversität einzelner kleinbäuerlicher Betriebe könne sogar nachteilig sein, da jede Pflanze eigene Ansprüche habe und damit spezielles Know-how erfordere. „Es ist besser, sich auf diejenigen Arten zu konzentrieren, die lokal besonders gut gedeihen, und den Überschuss zu verkaufen“, erklärt Nguyen. Gleichzeitig sei ein gewisses Maß an Vielfalt aus Umweltsicht und zur Reduktion des Risikos für die Betriebe aber durchaus sinnvoll.

    „Es muss aber ganz sicher nicht jeder kleinbäuerliche Betrieb möglichst alle Produkte für eine ausgewogene Ernährung selbst anbauen“, sagt Matin Qaim, der auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Nachhaltige Zukunft“ und im Exzellenzcluster „PhenoRob“ ist. „Es reicht, wenn in der Region insgesamt eine genügend große Vielfalt von Nahrungsmitteln produziert wird, weil sich dann die lokalen Haushalte über die Märkte entsprechend versorgen können.“ Denn Handel ermöglicht Arbeitsteilung; er ist damit nicht nur ein zentrales Instrument für eine bessere Ernährung, sondern fördert auch insgesamt die ökonomische Entwicklung.

    Föderung:
    Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Matin Qaim
    Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn
    Tel. +49/228-73-1847
    E-Mail: mqaim@uni-bonn.de


    Originalpublikation:

    Thanh-Tung Nguyen and Matin Qaim: Local and regional food production diversity are positively associated with household dietary diversity in rural Africa; Nature Food; https://doi.org/10.1038/s43016-024-01096-6 (Open Access)


    Bilder

    Ländliche Haushalte in Afrika bauen auf ihren kleinen Feldern oft viele unterschiedliche Kulturarten an.
    Ländliche Haushalte in Afrika bauen auf ihren kleinen Feldern oft viele unterschiedliche Kulturarten ...
    Matin Qaim
    Matin Qaim/Uni Bonn

    Ländliche Haushalte in Afrika bauen auf ihren kleinen Feldern oft viele unterschiedliche Kulturarten an.
    Ländliche Haushalte in Afrika bauen auf ihren kleinen Feldern oft viele unterschiedliche Kulturarten ...
    S. Koppmair
    S. Koppmair/Uni Bonn


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Ländliche Haushalte in Afrika bauen auf ihren kleinen Feldern oft viele unterschiedliche Kulturarten an.


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