06.01.2025/Kiel. Der Ozean versorgt den Planeten mit Sauerstoff und Nahrung und ist ein wichtiger Speicher für CO2. Grundlage für all dies ist das Phytoplankton – mikroskopische Algen, die durch Photosynthese sowie mithilfe von Nährstoffen, CO2 und Sonnenlicht organische Biomasse produzieren. Forschende am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel haben nun herausgefunden, wie ein komplexes Zusammenspiel von Wind- und Strömungsbedingungen im äquatorialen Atlantik die Nährstoffzufuhr in die oberen Wasserschichten und damit das Wachstum von Phytoplankton beeinflussen. Die Ergebnisse ihrer Studie werden heute in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.
Der Ozean ist nicht nur ein unverzichtbarer Lieferant von Sauerstoff und Nahrung, sondern auch ein entscheidender Speicher für CO2. Im Mittelpunkt dieser Funktionen steht das Phytoplankton, dessen Wachstum von Nährstoffen wie Nitrat, Phosphat und Eisen abhängig ist. Diese Nährstoffe werden – angetrieben von Wind und Strömungen – aus der Tiefe an die Oberfläche transportiert. Forschende des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Oregon State University und des Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University untersucht, wie diese Prozesse das Ökosystem im äquatorialen Atlantik prägen. Ihre Ergebnisse, die heute in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht werden, liefern neue Erkenntnisse zu saisonalen Schwankungen der Nährstoffverfügbarkeit und geben Hinweise darauf, wie sich die biologische Produktivität im Zuge der Klimaerwärmung entwickeln könnte.
Komplexes Zusammenspiel windgetriebener Prozesse
Der äquatoriale Ozean im Ostatlantik beherbergt eines der biologisch produktivsten Ökosysteme des Weltozeans, das auf den Aufstieg von nitratreichem Wasser angewiesen ist. Die höchste Produktivität ist im Sommer der Nordhalbkugel zu verzeichnen, verursacht durch verstärkte Ostwinde am Äquator. Durch sie wird warmes Oberflächenwasser nach Westen verdrängt und nährstoffreiches Tiefenwasser kann im Osten aufsteigen. Zudem spielt der Äquatoriale Unterstrom eine entscheidende Rolle: Diese starke Meeresströmung transportiert in tieferen Wasserschichten kalte, nährstoffreiche Wassermassen ostwärts quer über den Atlantik. Jahreszeitliche Winde führen zu einem Auf- und Absteigen dieser Strömung.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie komplex das Zusammenspiel von Wind- und Strömungsprozessen in diesem Teil des Ozeans ist“, sagt Prof. Dr. Peter Brandt, Professor für Experimentelle Ozeanographie am GEOMAR und Erstautor der Studie. „Drei verschiedene Antriebsmechanismen wirken auf die Nährstoffversorgung am Äquator: der Auftrieb im Osten durch zonalen Wind, die Auf- und Abwärtsbewegung des Äquatorialen Unterstroms sowie die windgetriebene Durchmischung, die vom Tagesgang der solaren Einstrahlung beeinflusst wird. Diese Prozesse, angeregt durch unterschiedliche Aspekte des Windfeldes fördern oder schwächen die Nährstoffzufuhr zur Oberfläche und entscheiden so über Entstehen und Stärke der jährlichen Planktonblüte am Äquator.“
Messungen und Langzeitdaten
Für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Wind, Strömungen und Nährstoffen wurden während zweier Forschungsexpeditionen mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR (Ausfahrten M158 und M181) umfangreiche Messungen und Probenahmen durchgeführt. Dabei wurden unter anderem Temperatur, Salz- und Nitratgehalt sowie Strömungsgeschwindigkeiten in unterschiedlichen Tiefen gemessen. Für die Analyse der jahreszeitlichen Schwankungen wurden zusätzlich langfristige Beobachtungsdaten hinzugezogen, etwa Daten von Instrumenten, die seit vielen Jahren in unterschiedlichen Tiefen entlang des Äquators installiert sind.
„Für das neu gewonnene Verständnis spielen insbesondere Turbulenzmessungen im Ozean eine entscheidende Rolle“, erklärt Dr. Mareike Körner, ehemalige Doktorandin am GEOMAR und mittlerweile an der Oregon State University in den USA tätig. „Diese Messungen, die wir im Rahmen unserer Forschungsfahrten durchgeführt haben, liefern zusammen mit ähnlichen Daten, die von fest verankerten Geräten unserer US-Kollegen erhoben wurden, wertvolle Einblicke, wie Nährstoffe über das Jahr hinweg aus der Tiefe an die Oberfläche gemischt werden.“
Empfindliches Zusammenspiel von Wind und Strömungen
„Die Ozeandynamik am Äquator ist ein fein abgestimmtes Zusammenspiel verschiedener windgetriebener Prozessen“, sagt Peter Brandt. Dieses besser zu verstehen, sei insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel von großer Bedeutung: „Klimaveränderungen können sich sehr unterschiedlich auf die Nährstoffzufuhr zu diesem wichtigen marinen Ökosystem auswirken und damit auch gravierende Auswirkungen auf die biologische Produktivität des Ozeans haben.“
Brandt, P., Körner, M., Moum, J. N., Roch, M., Subramaniam, A., Czeschel, R., Krahmann, G., Dengler, M., & Kiko, R. (2024). Seasonal productivity of the equatorial Atlantic shaped by distinct wind-driven processes. Nature Geoscience.
DOI: 10.1038/s41561-024-01609-9
https://www.nature.com/articles/s41561-024-01609-9
http://www.geomar.de/n9708 Bildmaterial zum Download
https://www.geomar.de/auftrieb-im-atlantischen-ozean Auftrieb im Atlantischen Ozean
https://ceoas.oregonstate.edu/oceanography Oceanography at Oregon State University
https://lamont.columbia.edu/research-divisions/marine-large-programs Marine/Large Programs at Lamont-Doherty
https://triatlas.w.uib.no/ Projekt TRIATLAS
https://www.pmel.noaa.gov/gtmba/pmel-theme/atlantic-ocean-pirata PIRATA Messnetz im tropischen Atlantik
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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