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07.01.2025 11:02

Bedeutendes Beethoven-Manuskript kommt nach Bonn

Hans-Georg Moek Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kulturstiftung der Länder

    Beethoven-Haus erwirbt das einzige Originalmanuskript des 4. Satzes von Beethovens Streichquartett opus 130. Öffentliche und private Förderer ermöglichten die wertvolle Neuerwerbung.

    Das eigenhändige Manuskript eines kompletten Satzes aus Beethovens 1825 komponiertem Streichquartett B-Dur opus 130 hat 200 Jahre nach seiner Niederschrift den Weg nach Bonn gefunden. Im Rahmen eines Festaktes in Anwesenheit u. a. von Ina Brandes MdL, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, und Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, wird es am Dienstag offiziell im Beethoven-Haus entgegengenommen. Die Festrede hält der Komponist Jörg Widmann. Im Beethoven-Haus vervollständigt das Manuskript die weltberühmte Sammlung, die über den international größten und vielseitigsten Bestand an Beethoveniana verfügt. „Wir sind sehr glücklich, dass wir die letzte bekannte große Beethoven-Handschrift, die sich noch in Privatbesitz befand, für unsere Sammlung erwerben konnten“, freut sich der Violinist, Autor und Produzent Daniel Hope, Präsident der Bonner Kultureinrichtung. „Das Manuskript gehört nicht nur zu Beethovens berühmtesten Streichquartett. Es ist auch die einzige handschriftliche Quelle Beethovens zu dem Satz, die leider jahrzehntelang unter Verschluss war. Wie großartig, dass ich sie heute entgegennehmen und dass sie der Musikwelt wieder zugänglich gemacht werden kann.“

    Der Ankauf wurde durch eine konzertierte Aktion von öffentlichen und privaten Unterstützern ermöglicht. Beteiligt waren neben der Kulturstiftung der Länder das Land Nordrhein-Westfalen, die NRW-Stiftung, die Kunststiftung NRW, die Berthold Leibinger-Stiftung sowie engagierte private Spender und die Stiftung Beethoven-Haus.

    Das Autograph des 4. Satzes Alla Danza tedesca (Tanz nach deutscher Art) aus Beethovens spätem Streichquartett in B-Dur opus 130 ergänzt in idealer Weise die vorhandenen Sammlungsbestände. Dazu gehören mehrere Musikmanuskripte, die sich wie die jüngste Erwerbung einst im Besitz des Wiener Rechtsanwalts und Sammlers Heinrich Steger befanden und nun in Bonn wieder komplett vereint werden. Zudem bewahrt und erforscht das Beethoven-Haus wesentliche Quellen speziell zu den späten Streichquartetten und zu Beethovens Spätwerk im Allgemeinen. Für die Schaffensprozess-Forschung ergeben sich insofern ganz neue Ansätze.

    Der Weg, den die Handschrift zurücklegte, bis sie ins Beethoven-Haus fand, liest sich wie ein Kriminalroman und zeugt von einer wechselvollen Enteignungs- und Restitutions-Geschichte: Die Handschrift befand sich wohl seit den 1920er Jahren in Händen der Familie Petschek in Aussig (Tschechien). Die Petscheks wurden als Juden von den Nazis verfolgt und verließen 1938 ihre Heimat. Ihr Mobiliar, ihre Wertgegenstände und ihre Kunstsammlung wurden von den NS-Behörden beschlagnahmt. Als sich 1942 die deutschen Behörden mit der Verwertung der Kunstsammlung befassten, gelang es dem als Gutachter herangezogenen Leiter der Musiksammlung des Mährischen Museums in Brünn, die Handschrift für das Museum zu sichern. Nach dem Krieg suchte die Familie Petschek nach der Handschrift – zunächst ohne Erfolg. Als sie endlich gefunden war, verweigerte die kommunistische Regierung der damaligen Tschechoslowakei die Herausgabe des Autographs. 2022 erfolgte die Restitution an die Nachkommen Petscheks, die sich Ende 2024 bereit erklärten, die Handschrift an das Beethoven-Haus zu verkaufen und wieder dauerhaft der Öffentlichkeit und Forschung zugänglich zu machen.

    Die Handschrift wird nun unter konservatorisch optimalen Bedingungen im Beethoven-Haus aufbewahrt und soll, wie die anderen Bestände des Hauses, ins Digitale Archiv eingebunden werden. So wird sie wissenschaftlich erschlossen und online öffentlich für jedermann weltweit zugänglich sein. Von Juni bis August 2025 ist sie Thema einer Sonderausstellung und am 17. Dezember 2025 Gegenstand des traditionellen Tauftagskonzertes im Beethoven-Haus.

    Stimmen zum Ankauf:

    Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder:
    „Es erfüllt mich mit großer Freude, dass dieses einzigartige Originalmanuskript von Beethoven, ein bedeutendes Kulturerbe der Menschheit, nun im Beethoven-Haus, dem weltweit führenden Beethoven-Zentrum, bewahrt, erforscht und der Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich gemacht wird. Die Kulturstiftung der Länder hat die Erwerbung mit großer Überzeugung unterstützt.“

    Ina Brandes MdL, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen:
    „Die Nationalsozialisten haben großes Leid über die Familie Petschek gebracht. Im Zuge der Arisierung wurde die jüdische Familie aus ihrer Heimat vertrieben und enteignet – auch die Beethoven-Handschrift ging verloren. Umso mehr rührt es mich an, dass die Nachfahren die Musikhandschrift persönlich wieder nach Deutschland gebracht haben. Das Beethoven-Haus wird diesen Schatz in Ehren halten. Es ist unsere Verantwortung, die Musikhandschrift der Öffentlichkeit zu zeigen und Forscherinnen und Forschern auf der ganzen Welt zugänglich zu machen.“

    Malte Boecker, Direktor Beethoven-Haus:
    „Für das Beethoven-Haus ist dies die musikwissenschaftlich und gesellschaftspolitisch bedeutendste Erwerbung des vergangenen Jahrzehnts. Wir haben anderthalb Jahre gebraucht, um die Finanzierungs-Allianz zu schmieden. Ich danke allen privaten und öffentlichen Unterstützern, die diesen Höhepunkt in unserer Arbeit ermöglicht haben.“

    Dr. Julia Ronge, Kustodin Beethoven-Haus:
    „Dieses autographe Werkmanuskript ist ein einzigartiges Dokument mit bleibender öffentlicher Beachtung sowohl für Beethovens Spätwerk als auch für Deutschlands jüngere Geschichte. Ich bin dankbar, dass die Petschek-Nachfahren sich trotz ihrer Familiengeschichte dazu entschlossen haben, diese Kostbarkeit einer deutschen Institution zu überlassen.“

    Prof. Jörg Widmann, Klarinettist und Komponist:
    „Wie schön, dass das Beethoven-Haus das Manuskript von Beethovens Alla danza tedesca erwerben konnte! Beethovens Streichquartett opus 130 ist für mich ohnehin das Streichquartett aller Streichquartette. Der rhythmisch hochkomplexe, sperrig-stachelige Alla danza tedesca-Satz hat für mich immer eine riesige Rolle gespielt. Dieser Satz liegt meinem eigenen 8. Streichquartett zugrunde, weshalb ich mich umso mehr freue, diesen Satz nun gut aufgehoben im Beethoven-Haus Bonn zu wissen.“

    Die Kulturstiftung der Länder entwickelt, fördert und begleitet im Auftrag der 16 deutschen Länder Initiativen und Projekte in den Bereichen Kunst und Kultur, die für ganz Deutschland bedeutsam sind und im Verbund mehrerer Partner umgesetzt werden. Die Kulturstiftung der Länder stellt die gesellschaftliche Bedeutung von Kultur in den Vordergrund. Dabei versteht sie unter Kultur die Gesamtheit der kulturellen Ausdrucksformen – materiell und immateriell –, die Menschen in der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt hervorbringen, um Ideen und Werte auszudrücken und ihren Platz in dieser Welt zu be-stimmen. Die Kulturstiftung der Länder will die kulturelle Teilhabe möglichst vieler Men-schen erhöhen. Zu ihren wichtigsten Aufgaben zählen die Erwerbung, der Erhalt, die Do-kumentation und die Präsentation und Vermittlung von Kulturgut. Sie wollen mehr er-fahren? Besuchen Sie uns auf www.kulturstiftung.de und in den sozialen Medien X (vormals Twitter) @LaenderKultur, Bluesky @laenderkultur.bsky.social, Facebook „Kulturstiftung der Länder“, Instagram @kulturstiftungderlaender, Linkedin und YouTube „Kulturstiftung der Länder“. Die Podcasts der Kulturstiftung der Länder finden Sie auf Spotify und iTunes.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Kulturwissenschaften, Musik / Theater
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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