07.01.2025/Kiel/St. Andrews. Ein internationales Forschungsteam hat rekonstruiert, wie sich die atmosphärische Kohlendioxidkonzentration (CO2) vor 335 bis 265 Millionen Jahren entwickelt hat. Dieser Zeitraum umfasst den Höhepunkt der spätpaläozoischen Eiszeit, als sich das Klima der Erde dramatisch abkühlte. Die neuen Erkenntnisse liefern entscheidende Beweise dafür, dass CO2 bereits seit Hunderten von Millionen Jahren das Klima und die Umweltbedingungen auf der Erde reguliert. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden in einer Studie zusammengefasst, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience erschienen ist.
CO₂ ist das wichtigste Treibhausgas der Erde: Es absorbiert Wärme, strahlt einen großen Teil davon wieder auf die Erde zurück und beeinflusst so das globale Klima. Während die Rolle von CO₂ in der jüngeren Klimageschichte sehr gut verstanden wird, war es lange Zeit eine Herausforderung, den CO₂-Gehalt in der Erdgeschichte zu rekonstruieren. Dies hinterließ Lücken im Verständnis der Übergänge zwischen Eis- und Warmzeiten.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Hana Jurikova von der University of St. Andrews und neun weiteren Organisationen, darunter das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, hat nun den atmosphärischen CO₂-Gehalt während der Karbonzeit und des Perms vor 335 bis 265 Millionen Jahren rekonstruiert. Mit Hilfe von geochemischen Signaturen aus alten Fossilien konnten die Forschenden eine 80 Millionen Jahre alte Aufzeichnung des atmosphärischen CO₂-Gehalts während des Übergangs der Erde in die und aus der vorletzten Eiszeit erstellen. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.
CO₂-Daten aus der Vergangenheit durch geochemische Signaturen entschlüsselt
Die Forscher:innen analysierten Isotopensignaturen in versteinerten Brachiopodenschalen, muschelähnlichen Organismen, die als natürliches Archiv der früheren Meeresbedingungen dienen. „Die chemische Zusammensetzung dieser Schalen spiegelt den Zustand der Ozeane zum Zeitpunkt ihrer Entstehung wider“, erklärt Dr. Hana Jurikova, Senior Researcher an der University of St. Andrews und Leiterin der Studie. „Durch die Analyse von Bor-Isotopen können wir den CO₂-Gehalt in der Atmosphäre ermitteln. Strontiumisotope geben Aufschluss über das Alter der Fossilien, während Kohlenstoff- und Sauerstoffisotope Aufschluss über die CO₂-Quelle und das Klima geben. Zusammen ermöglichen uns diese Techniken eine genaue Rekonstruktion der früheren CO₂-Konzentrationen auf der Erde und ein Verständnis der Faktoren, die für ihre Veränderungen verantwortlich sind“, so Hana Jurikova. Sie hat zuvor am GEOMAR promoviert, wo sie auch die ersten geochemischen Messungen für die Studie durchführte.
CO₂ spielt eine zentrale Rolle bei Klimaübergängen
Mit Hilfe dieser Methodik konnten die Forschenden herausfinden, dass der CO₂-Gehalt während des Karbons auf einen kritisch niedrigen Wert sank, was zu einer ausgedehnten Eiszeit führte, die mehrere Millionen Jahre andauerte. Vor etwa 294 Millionen Jahren, während des frühen Perms, stieg der CO₂-Gehalt durch vulkanische Aktivitäten wieder an, wodurch sich die Erde erwärmte und die Eisschilde schmolzen. „Der Beginn und das Ende der spätpaläozoischen Eiszeit war einer der wichtigsten Klimaübergänge in der Erdgeschichte, der die Entwicklung der modernen Umwelt und des Lebens auf unserem Planeten geprägt hat. Wir haben jetzt Beweise dafür, dass atmosphärisches CO₂ ein wichtiger Faktor für diesen Wandel war“, sagt Prof. Dr. Anton Eisenhauer, Mitautor und Professor für Marine Umweltgeochemie am GEOMAR. „Obwohl sich die Zeitskalen der geologischen Klimaübergänge deutlich von den heutigen anthropogenen Klimaveränderungen unterscheiden, bleibt das Prinzip dasselbe – steigende CO₂-Werte treiben die Erwärmung der Erdatmosphäre und den Anstieg des Meeresspiegels voran“, fügt Dr. Marcus Gutjahr, Meeresbiogeochemiker am GEOMAR und Mitautor der Studie, hinzu.
Die Rekonstruktion der atmosphärischen CO₂-Konzentration von vor Hunderten von Millionen Jahren ist nach wie vor eine Herausforderung, da es nur wenige gut erhaltene geologische Archive gibt. Die Ergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der langfristigen Entwicklung von atmosphärischem CO₂ in der Erdgeschichte. Angesichts der noch vorhandenen Lücken ist jedoch weitere Forschung notwendig, bevor die Aufzeichnungen der CO₂-Geschichte der Erde als vollständig betrachtet werden können.
Jurikova, H., Garbelli, C., Whiteford, R., Reeves, T., Laker, G. M., Liebetrau, V., Gutjahr, M., Eisenhauer, A., Savickaite, K., Leng, M. J., Iurino, D.A., Viaretti, M., Tomašových, A., Zhang, Y., Wang, Shi, G. R., Shen, S., Rae, J. W. B., Angiolini, L. (2025). Rapid rise in atmospheric CO₂ marked the end of the Late Palaeozoic Ice Age. Nature Geoscience.
DOI: 10.1038/s41561-024-01610-2
https://www.nature.com/articles/s41561-024-01610-2
http://www.geomar.de/n9711 Bildmaterial zum Download
https://www.st-andrews.ac.uk/research/ Forschung an der Universität St. Andrews
https://www.geomar.de/forschen/kernthemen/ozean-und-klima Ozean und Klima am GEOMAR
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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