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08.01.2025 13:30

Evolutionsbiologie: Ameisen können nachtragend sein

Rimma Gerenstein Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

    • Team um Evolutionsbiologe Volker Nehring untersucht, inwieweit Ameisen aus bisherigen Erfahrungen lernen.
    • Nachdem sie von Artgenossinnen aus einem bestimmten Nest attackiert wurden, verhalten sich Ameisen anderen aus diesem Nest gegenüber aggressiver.
    • Nehring: „Ameisen sind keine vorprogrammierten Maschinen. Sie können auch nachtragend sein.“

    Ameisen lernen aus Erfahrungen. Das zeigen Evolutionsbiolog*innen der Universität Freiburg um Dr. Volker Nehring, Akademischer Rat in der Abteilung Evolution und Ökologie, und Doktorandin Mélanie Bey. Die Forschenden konfrontierten Ameisen mehrmals hintereinander mit Konkurrentinnen aus einem anderen Nest. Die negativen Erfahrungen, die die Test-Ameisen in diesen Begegnungen gemacht hatten, merkten sie sich: Trafen sie auf Ameisen eines Nests, das sie zuvor bereits als aggressiv erlebt hatten, verhielten sie sich ihnen gegenüber aggressiver als bei Ameisen aus ihnen unbekannten Nestern. Weniger aggressiv zeigten sich Ameisen, die auf Mitglieder eines Nests trafen, aus dem sie zuvor nur passive Ameisen getroffen hatten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Biolog*innen im Fachjournal Current Biology.

    Ameisen sind ihren Nachbarinnen gegenüber aggressiv

    Anhand von Gerüchen unterscheiden Ameisen zwischen Mitgliedern ihres eigenen Nests und solchen aus fremden Nestern. Jedes Nest hat seinen spezifischen Duft. In früheren Studien wurde bereits beobachtet, dass Ameisen sich vor allem ihren nächsten Nachbarinnen gegenüber aggressiv verhalten. Besonders bei ihnen öffnen sie ihre Beißzangen, die sogenannten Mandibeln, und beißen zu, oder versprühen Säure, um die Konkurrentinnen damit zu töten. Seltener zeigen sie solche Angriffsmanöver gegenüber Nestern, die weiter von ihren eigenen entfernt liegen. Bisher war unklar, warum das so ist. Das Team um Nehring stellte nun fest, dass Ameisen sich den Geruch von Angreiferinnen merken. Deshalb sind sie bei Konfrontationen mit Konkurrentinnen aus ihnen bekannten Nestern aggressiver.

    Aggressiveres Verhalten bei Konkurrentinnen aus bekannten Nestern

    Ein Experiment der Wissenschaftler*innen bestand aus zwei Phasen. In der ersten Phase sammelten Ameisen verschiedene Erfahrungen: Eine Gruppe begegnete Ameisen aus ihrem eigenen Nest, die zweite Gruppe traf auf aggressive Ameisen aus einem Konkurrenznest A und die dritte auf aggressive Ameisen aus Konkurrenznest B. Insgesamt fanden fünf Begegnungen an aufeinanderfolgenden Tagen statt, wobei jede Begegnung je eine Minute dauerte.

    In der anschließenden Testphase überprüften die Forschenden, wie sich die Ameisen der verschiedenen Gruppen verhielten, wenn sie auf Konkurrentinnen aus Nest A trafen. Die Ameisen, die schon in der ersten Phase mit Artgenossinnen aus diesem Nest konfrontiert gewesen waren, verhielten sich signifikant aggressiver als die aus den anderen beiden Gruppen.

    Um zu prüfen, inwiefern die höhere Aggression durch das erfahrene Verhalten der Ameisen eines bestimmten Nests entsteht, wiederholten die Wissenschaftler*innen das Experiment in leicht veränderter Form. In der ersten Phase unterschieden sie nun zwischen Begegnungen mit aggressiven und passiven Ameisen. Dass eine Ameise sich passiv verhielt stellten sie sicher, indem sie ihr die Antennen kappten. In Phase zwei des Experiments verhielten sich Ameisen deutlich weniger aggressiv, die zuvor nur passive Konkurrentinnen kennengelernt hatten.

    „Wir haben häufig die Vorstellung, dass Insekten wie vorprogrammierte Maschinen funktionieren“, sagt Nehring. „Unsere Studie liefert einen neuen Hinweis darauf, dass im Gegenteil auch Ameisen aus ihren Erfahrungen lernen und nachtragend sein können.“ Als nächstes gehen Nehring und sein Team nun der Frage nach, ob und inwiefern Ameisen ihre Duftrezeptoren an ihre Erfahrungen anpassen und sich so das Gelernte auch auf dieser Ebene widerspiegelt.

    • Originalpublikation: M. Bey, R. Endermann, C. Raudies, J. Steinle, V. Nehring: Associative learning of non-nestmate cues improves enemy recognition in ants. Current Biology, 2024. DOI: 10.1016/j.cub.2024.11.054
    • Mélanie Bey hat bei Dr. Volker Nehring promoviert. Rebecca Endermann, Christina Raudies und Jonas Steinle sind ehemalige Bachelorand*innen und Masterand*innen der Arbeitsgruppe für Verhalten, Ökologie und Evolution.
    • Die Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (Projektnummer NE1969/6-1).


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Volker Nehring
    volker.nehring@biologie.uni-freiburg.de


    Originalpublikation:

    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982224015951?via%3Dihub


    Weitere Informationen:

    https://uni-freiburg.de/evolutionsbiologie-ameisen-koennen-nachtragend-sein/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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