Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte BioRescue-Projekt entwickelt fortschrittliche Technologien der assistierten Reproduktion (aART) für den Artenschutz, insbesondere für den Erhalt der Nashörner. In einem im Oktober 2023 in der Fachzeitschrift „Reproduction“ veröffentlichten Aufsatz evaluierte das Team unter anderem die Verfahren der Eizellentnahme (OPU) und der In-vitro-Befruchtung (IVF) und zeigte, dass aART bei Breitmaulnashörnern für die Spendertiere sicher ist und zuverlässig lebensfähige Embryonen hervorbringt.
Die Arbeit ist nun von der internationalen wissenschaftlichen Gesellschaft für Fortpflanzung und Fruchtbarkeit („Society for Reproduction and Fertility“) als bester veröffentlichter Artikel in der Fachzeitschrift im Jahr 2023 ausgezeichnet worden. BioRescue gibt außerdem die Produktion von fünf weiteren Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns Fatu in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 bekannt, die zur Erfolgsbilanz des Projekts seit der ersten OPU im Jahr 2019 hinzukommen.
Der Preis wurde dem gesamten Autorenteam des Aufsatzes verliehen und von Prof. Dr. Thomas Hildebrandt und Dr. Susanne Holtze vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) im Namen des Autorenteams bei einer Zeremonie am 8. Januar 2025 in Liverpool akzeptiert. Die in dem Aufsatz beschriebenen aART-Verfahren von BioRescue umfassen die hormonelle Stimulation der Eierstöcke, die Entnahme der Eizellen (OPU), die In-vitro-Reifung der Eizellen, die In-vitro-Befruchtung (IVF), die Embryokultur und die Kryokonservierung. Das Autorenteam um Hildebrandt, Holtze, Dr. Frank Göritz (alle vom Leibniz-IZW) sowie Dr. Silvia Colleoni und Prof. Cesare Galli (beide Avantea Srl.) wertete 65 dieser Prozeduren aus, die von 2015 bis 2022 sowohl bei nördlichen als auch bei südlichen Breitmaulnashörnern durchgeführt wurden. Die Analyse zeigte, dass aART eine zuverlässige Methode zur Erzeugung von Breitmaulnashorn-Embryonen ist, dass sie für die weiblichen Spendertiere sicher ist und keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen hat, und dass regelmäßige OPUs die reproduktive Gesundheit weiblicher Nashörner fortgeschrittenen Alters begünstigten, die noch keinen Nachwuchs bekommen hatten. Die Eingriffe verbesserten ihre Eierstockfunktion, erhöhten die Follikelzahl und führten zur Rückbildung pathologischer Strukturen wie Eierstockzysten.
Die Anerkennung der wissenschaftlichen Errungenschaften von BioRescue kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Team eine Bilanz seiner fünfjährigen Arbeit mit dem nördlichen Breitmaulnashorn (NWR) zieht. Die erste OPU bei den Weibchen Fatu und Najin wurde im August 2019 durchgeführt; im September 2019 erzeugte das Team die ersten zwei NWR-Embryonen. Seitdem wurden insgesamt 35 NWR-Embryonen erzeugt, die aus 18 Eizellentnahmen bei Fatu bis Oktober 2024 resultierten. Im Durchschnitt konnte das Team etwa zwei Embryonen pro Eingriff erzielen (genau sind es 1,94). Es gab zwar Eizellentnahmen, aus denen kein Embryo hervorging, aber es gab auch ungewöhnlich erfolgreiche Einsätze – die größte Anzahl waren fünf Embryonen, die nach einer einzigen Eizellentnahme erzeugt wurden. Für die Erzeugung der Embryonen wurde das konservierte Sperma von zwei 2014 verstorbenen Nördlichen Breitmaulnashornbullen, Suni und Angalifu, verwendet.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2024 konnte das BioRescue-Team insgesamt fünf neue Embryonen erzeugen. Drei Embryonen wurden im Juli nach der OPU im Juni 2024 und zwei Embryonen wurden als Ergebnis der OPU im Oktober 2024 erzeugt. Dies deutet darauf hin, dass Fatu ihre gute reproduktive Gesundheit beibehalten hat, obgleich es einen vorübergehenden Rückgang des OPU-Erfolgs infolge eines infektiösen Vorfalls Ende des Jahres 2023 gab. Eine Clostridien-Infektion, die auf die Zeiten der Ol Pejeta Conservancy als kommerzielle Rinderfarm zurückging, tauchte aufgrund starker Regenfälle Ende 2023 wieder auf und befiel einige Nashörner im Schutzgebiet. Daher mussten die geplanten Eingriffe verschoben werden. Da Fatu zum Zeitpunkt des unvorhergesehenen Bakterienausbruchs bereits hormonell stimuliert worden war, setzte das Team eine Hormonbehandlung ein, um ein ovarielles Überstimulationssyndrom zu vermeiden. Die Verabreichung dieser Medikamente führte Anfang 2024 zu einer vorübergehenden Verringerung der Follikelzahl und Eizellenqualität. Die gute Nachricht ist jedoch, dass Fatus Gesundheit und Wohlergehen, welche regelmäßig vor und nach jedem Eingriff überprüft werden, weiterhin sehr gut sind und durch die wiederholten Eingriffe nicht beeinträchtigt wurden.
Neben der Produktion von Embryonen meisterte das BioRescue-Team auch den nächsten Schritt im IVF-Programm – den erfolgreichen Transfer eines Nashorn-Embryos in eine Leihmutter. Ein in-vitro erzeugter Embryo eines südlichen Breitmaulnashorns wurde im September 2023 in eine Leihmutter des südlichen Breitmaulnashorns in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia übertragen. Das BioRescue-Team bestätigte später eine Schwangerschaft von 70 Tagen mit einem gut entwickelten, 6,4 cm langen männlichen Embryo.
Der erfolgreiche Embryotransfer und die anschließende Schwangerschaft – eine Weltpremiere bei Nashörnern – sind der Beleg, dass ein Transfer von in-vitro erzeugten Embryonen in eine Leihmutter bei Breitmaulnashörnern möglich ist. Dies ermöglicht es dem BioRescue-Team, sicher zum Transfer von NWR-Embryonen überzugehen – ein Meilenstein in der Mission, das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben zu bewahren. Das Team hofft, in absehbarer Zeit die erste Schwangerschaft durch einen erfolgreichen Transfer von NWR-Embryonen zu erreichen.
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Prof. Dr. Thomas Hildebrandt
BioRescue-Projektleiter und Leiter der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel: +49/305168440
Email: hildebrandt@izw-berlin.de
Dr. Frank Göritz
Leitender Tierarzt des Leibniz-IZW und Wissenschaftler in der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel: +49/305168444
Email: goeritz@izw-berlin.de
Dr. Susanne Holtze
Wissenschaftlerin in der Abteilung für Reproduktionsmanagement
Tel: +49/305168436
Email: holtze@izw-berlin.de
Hildebrandt TB*, Holtze S*, Colleoni S*, Hermes R, Stejskal J, Lekolool Isaac, Ndeereh D, Omondi P, Kariuki, L. Mijele, D, Mutisya, S, Ngulu S, Diecke S, Hayashi K, Lazzari G, de Mori B, Biasetti P, Quaggio A, Galli C*, Goeritz F* (2023): In vitro fertilization (IVF) program in white rhinoceros. Reproduction 166/6, 383–399. DOI: 10.1530/REP-23-0087
BioRescues 17. Eizellentnahme beim Nördlichen Breitmaulnashorn Fatu im Juni 2024
Rio the photographer
Leibniz-IZW/Rio the photographer
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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