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15.01.2025 12:55

Einzeller mit Superkräften: Kleinstlebewesen puffern Düngereintrag in die Weltmeere ab

Christina Krätzig Abteilung 2
Universität Hamburg

    Sogenannte Foraminiferen kommen in allen Weltmeeren vor. Nun hat eine internationale Studie unter Führung der Universität Hamburg gezeigt: Die meist gehäusetragenden Kleinstlebewesen nehmen in bisher ungeahntem Ausmaß Phosphat aus dem Wasser auf, das die Meere belastet. Die Arbeit ist im Wissenschaftsjournal Nature erschienen.

    Phosphat gehört zu den Hauptbestandteilen vieler Düngemittel. Es regt das Wachstum vieler Nutzpflanzen an – wirkt jedoch nicht nur auf dem Acker, sondern auch im Meer. Über die Flüsse gelangt es dorthin und kann dazu beitragen, dass große Gebiete umkippen. Sichtbar wird der Düngereintrag im Meer beispielsweise durch übermäßiges, manchmal sogar giftiges Algenwachstum, das ganze Ökosysteme zerstört.
    Dass Foraminiferen große Mengen Phosphat aufnehmen, hat Dr. Nicolaas Glock 2020 fast nebenbei und als Erster entdeckt. Nun hat der wissenschaftliche Mitarbeiter im Fachbereich Erdsystemwissenschaften der Universität Hamburg untersucht, wie verbreitet diese Eigenschaft unter den Einzellern ist. Dafür hat er gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Japan, Kanada und vom Kieler Helmholtz-Zentrum GEOMAR am Meeresboden lebende Foraminiferen untersucht. Sie stammen aus dem deutschen Wattenmeer, peruanischen und japanischen Küstengewässern, dem kanadischen Bedford Basin und aus 2000 Metern Tiefe vom mittelatlantischen Rücken.
    Im Labor hat das Forschungsteam sie schockgefrostet, durchgebrochen und mit Röntgenstrahlen abgerastert. Das Ergebnis: Fast alle untersuchten Arten hatten Phosphat gespeichert. „Und da diese Einzeller so verbreitet sind und in riesigen Mengen vorkommen, ist die Phosphatmenge, die sie aufnehmen, insgesamt sehr, sehr groß“, fasst Studienleiter Glock das Ergebnis zusammen.
    Für das deutsche Wattenmeer und eine einzelne Foraminiferen-Art hat Glocks Team dies genau berechnet: Allein Ammonia confertistesta speichert circa fünf Prozent des gesamten Phosphats, das in Deutschland jährlich als Dünger auf die Äcker gelangt. Damit sind Foraminiferen eine bedeutende Senke für diesen Stoff: Ohne die Einzeller wären die Ozeane noch deutlich stärker phosphatbelastet. Um einen Monat verzögern sie den menschlichen Phosphateintrag ins Meer – das hat Glocks Team für die Beispiele südliche Nordsee und Peru berechnet. Es vermutet darüber hinaus: Dass die Ostsee stärker überdüngt ist als andere Meere, könnte mit daran liegen, dass dort deutlich weniger Foraminiferen leben – Ostseewasser ist ihnen einfach zu süß.
    „Abbauen können die Einzeller Phosphat aber leider nicht“, erklärt der Biogeochemiker. „Sie speichern es als Energiereserve und setzen es im Bedarfsfall wieder frei.“ Nur wenn die Foraminiferen absterben und neue Sedimente bilden, entfernen sie das aufgenommene Phosphat zumindest zum Teil dauerhaft aus dem Meerwasser.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Nicolaas Glock
    Universität Hamburg
    Institut für Geologie
    Tel.: +49 40 42838 4915
    E-Mail: nicolaas.glock@uni-hamburg.de


    Originalpublikation:

    Widespread occurrence and relevance of phosphate storage in foraminifera.
    https://www.nature.com/articles/s41586-024-08431-8


    Weitere Informationen:

    https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2025/pm2.html


    Bilder

    Weltweit gibt es mehrere Tausend Arten Foraminiferen. Zehn bis 20 leben im deutschen Wattenmeer, darunter Ammonia confertistesta. Ihr grünlich-gelbes Zellplasma wurde für die Untersuchung rosa eingefärbt und mit dem Mikroskop 300-fach vergrößert.
    Weltweit gibt es mehrere Tausend Arten Foraminiferen. Zehn bis 20 leben im deutschen Wattenmeer, dar ...
    UHH/N. Glock
    UHH/N. Glock


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Weltweit gibt es mehrere Tausend Arten Foraminiferen. Zehn bis 20 leben im deutschen Wattenmeer, darunter Ammonia confertistesta. Ihr grünlich-gelbes Zellplasma wurde für die Untersuchung rosa eingefärbt und mit dem Mikroskop 300-fach vergrößert.


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