HZI-Forscher Christian Sieben koordiniert Projekt zur gezielten Entwicklung antiviraler Therapien für neu auftretende Viren
Da sich Viruserkrankungen voraussichtlich immer schneller und weiter ausbreiten werden, ist die Vorbereitung auf mögliche zukünftige Pandemien von entscheidender Bedeutung. Eine solide Pandemievorsorge rettet nicht nur Leben bei Ausbrüchen, sondern schützt auch die Wirtschaft, erhält das soziale Gefüge aufrecht und stärkt die Widerstandsfähigkeit globaler Systeme. Das neue EU-Projekt COMBINE („Comparative Signature of Marburg Virus Cell Activation as a Blueprint for the Identification of Antiviral Targets against Newly Emerging Viruses“) geht davon aus, dass es für die Bekämpfung neu auftretender Infektionskrankheiten von entscheidender Bedeutung ist, zu verstehen, wie Viren ihre Wirtszellen infizieren. Das Projekt soll das Verständnis dafür verbessern, wie Viren in Zellen eindringen, und dabei das Marburg-Virus (MARV) als Modell verwenden. Außerdem soll eine Blaupause für die Identifizierung neuer Ziele für antivirale Strategien erstellt werden – ein entscheidender Eckpfeiler der Pandemievorsorge. COMBINE wird vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig koordiniert und bringt sieben Partner aus fünf europäischen Ländern zusammen. Das Projekt wird in den nächsten fünf Jahren über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizon Europe“ der Europäischen Union mit insgesamt 7,2 Millionen Euro gefördert.
Der COMBINE-Ansatz: Identifizierung, Charakterisierung und Hemmung des Virus-Zell-Bindungsschritts
Jede Virusinfektion beginnt mit der Anheftung des Virus an die Wirtszellen und der anschließenden Aktivierung zellulärer Rezeptoren. Daher konzentriert sich COMBINE auf den entscheidenden Virus-Zell-Bindungsschritt und zielt darauf ab, die beteiligten Faktoren und potenzielle therapeutische Ziele zu identifizieren, die in frühe Stadien von Virusinfektionen involviert sind. „Wir werden eine Kombination aus innovativen Ansätzen anwenden, um die Signatur der Virus-Zell-Aktivierung zu identifizieren, die Mechanismen der Virusbindung und des Viruseintritts zu charakterisieren und neuartige Inhibitoren und Impfstoffkandidaten zu entwickeln. Unter Verwendung des Marburg-Virus als hochpathogenes BSL-4-Modellvirus bietet dieser neuartige Ansatz einen umfassenden Einblick in den Viruseintrittsprozess, wobei zwischen der anfänglichen Anheftung und der anschließenden zellulären Aktivierung und Internalisierung unterschieden wird“, sagt Projektkoordinator Prof. Christian Sieben, Leiter der Forschungsgruppe „Nanoinfektionsbiologie“ am HZI. Neben Sieben sind auch die HZI-Forschungsgruppen „Compound Profiling und Screening“ von Prof. Ursula Bilitewski und „Zelluläre Proteomforschung“ von Prof. Lothar Jänsch an COMBINE beteiligt.
Das Marburg-Virus ist wie das Ebola-Virus, das zur Familie der Filoviren gehört, ein hochansteckender und tödlicher Erreger mit erheblichem epidemischem Potenzial. Das Virus kommt in Flughunden vor, die in Afrika weit verbreitet sind, und kann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Darüber hinaus ermöglicht die Inkubationszeit des Virus, die zwischen zwei und 21 Tagen liegt, eine potenzielle stille Übertragung durch Personen, die noch keine Symptome aufweisen, was die Bemühungen zur Eindämmung von Ausbrüchen weiter erschwert. Aufgrund der jüngsten wiederkehrenden Ausbrüche des Marburg-Virus, auch in zuvor nicht betroffenen Ländern, in Verbindung mit dem Fehlen eines zugelassenen Impfstoffs oder einer spezifischen antiviralen Behandlung und der hohen Letalität des Virus besteht weiterhin ein erhebliches klinisches und gesellschaftliches Interesse an der Entwicklung geeigneter antiviraler Medikamente.
Mit dem COMBINE-Ansatz will das Team die fundamentale präklinische Grundlage für die weitere Entwicklung spezifischer Anti-MARV-Medikamente und optimierter MARV-Impfstoffe schaffen. „Mit COMBINE wollen wir einen nachhaltigen Beitrag leisten, indem wir die vorzeitige Sterblichkeit und die Belastung des Gesundheitssystems durch das Marburg-Virus durch neuartige Behandlungen und optimierte Impfstoffe verringern. Unsere Arbeit wird jedoch nicht nur die globale virologische Gemeinschaft mit neuen Instrumenten und Erkenntnissen stärken, sondern auch die Pandemievorsorge verbessern, indem sie sich mit den Gesundheitsgefahren befasst, die vom Marburg-Virus und anderen neu auftretenden Viruserkrankungen ausgehen“, betont Sieben.
Ein Plan zur Identifizierung antiviraler Ziele gegen neu auftretende Viren
Das Projekt wird nicht nur entscheidende Erkenntnisse über den Zelleintritt von MARV liefern, sondern auch eine innovative experimentelle Pipeline zur Identifizierung und Bekämpfung von Proteinen entwickeln, die am Anheftungsprozess des Virus beteiligt sind, ein entscheidender Faktor bei der Bekämpfung von Virusausbrüchen. COMBINE strebt die Schaffung eines vielseitigen, anpassungsfähigen Bauplans an, der länderübergreifende Kooperationen zur Entwicklung neuartiger Medikamente und Impfstoffe gegen neu auftretende Viren erleichtert. Die im Rahmen des Projekts durchgeführten Forschungsarbeiten werden daher nicht nur das Wissen über den Zelleintritt des Marburg-Virus und die therapeutischen Möglichkeiten erweitern, sondern auch eine Technologie-Pipeline schaffen, die schnell auf andere neu auftretende Viren angewendet werden kann. Dadurch werden die globale Gesundheitssicherheit und die Vorbereitung auf künftige Pandemien gestärkt.
Neben COMBINE ist das HZI an einem weiteren Projekt des Förderprogramms Horizon Europe beteiligt, das sich ebenfalls der Suche nach neuen Angriffspunkten für antivirale Therapien widmet. Prof. Mark Brönstrup, Leiter der Abteilung „Chemische Biologie“, forscht im Projekt DEFENDER, das am Leibniz-Institut für Virologie (LIV) koordiniert wird, an Wirkstoff-Konzepten gegen virale Pathogene.
Projekt-Eckdaten:
Titel: Vergleichende Signatur der Zellaktivierung durch das Marburg-Virus als Blaupause für die Identifizierung antiviraler Ziele gegen neu auftretende Viren (COMBINE)
Start: 1. Januar 2025
Dauer: 60 Monate
Budget: 7,2 Mio €
Koordinator: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI)
Webseite: http://combine-MARV.eu
Social Media: http://www.linkedin.com/showcase/combine-marv-project/about/
Projektpartner:
Belgien
- Vlaams Instituut voor Biotechnologie (VIB)
Deutschland
- European Research and Project Office GmbH (EURICE)
- Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI)
- Universität Marburg (UMR)
Norwegen
- Universität Oslo (UiO)
Rumänien
- Institut für Biochemie der Rumänischen Akademie (IBRA)
Schweden
- Karolinska-Institut (KI)
Diese Pressemitteilung und ein Bild finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Link http://www.helmholtz-hzi.de/media-center/newsroom/news-detailseite/bessere-pandemievorsorge-start-des-neuen-eu-projekts-combine/.
Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Wissenschaftler:innen am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen in Braunschweig und an anderen Standorten in Deutschland bakterielle und virale Infektionen sowie die Abwehrmechanismen des Körpers. Sie verfügen über fundiertes Fachwissen in der Naturstoffforschung und deren Nutzung als wertvolle Quelle für neuartige Antiinfektiva. Als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) betreibt das HZI translationale Forschung, um die Grundlagen für die Entwicklung neuartiger Therapien und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten zu schaffen. http://www.helmholtz-hzi.de
Ihre Ansprechpersonen am HZI:
Susanne Thiele, Pressesprecherin
susanne.thiele@helmholtz-hzi.de
Dr. Charlotte Schwenner, Wissenschaftsredakteurin
charlotte.schwenner@helmholtz-hzi.de
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH
Presse und Kommunikation
Inhoffenstraße 7
D-38124 Braunschweig
Tel.: 0531 6181-1400; -1406
Projektkoordinator:
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH (HZI)
Prof. Christian Sieben
christian.sieben@helmholtz-hzi.de
Projektmanagement:
European Research and Project Office GmbH (EURICE)
Dr. Wannes De Man
W.DeMan@eurice.eu
Das Konsortium des Horizon Europe-Projekts COMBINE beim Kickoff-Meeting in Braunschweig im Januar 20 ...
COMBINE
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
Das Konsortium des Horizon Europe-Projekts COMBINE beim Kickoff-Meeting in Braunschweig im Januar 20 ...
COMBINE
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