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21.01.2025 10:40

Einstein Stiftung bewilligt Forschungsprojekte in Höhe von 4,2 Millionen Euro

Marina Meurer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Einstein Stiftung Berlin

    Aus dem jüngsten Begutachtungs- und Bewilligungsprozess der Einstein Stiftung, der im Dezember abgeschlossen wurde, sind sechs Forschende in vier Programmen erfolgreich hervorgegangen, darunter zwei Forscherinnen im Programm Wissenschaftsfreiheit. Darüber hinaus wurden zwei Einstein-Zirkel bewilligt und die Förderung von zwei Einstein Visiting Fellows verlängert. Weitere vielversprechende Anträge konnten aufgrund des Ende 2024 vom Senat reduzierten Stiftungsbudgets nicht zur Förderung freigegeben werden. Die Fördersumme, die über die nächsten fünf Jahre bereitgestellt wird, beläuft sich auf insgesamt 4,2 Millionen Euro.

    Einstein Starting Researcher

    Mustafa Gündoğan forscht am Institut für Physik und dem Center for the Science of Materials der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) im Bereich Quantenoptik und Quantenkommunikation. Sein Projekt zielt darauf ab, die Leistungsfähigkeit eines auf atomaren Bose-Einstein-Kondensaten (BEC) basierenden Quantenspeichers zu verbessern. Die Herausforderung liegt hierbei im gegensätzlichen Einfluss der hohen Dichte der zum Einsatz kommenden Gase: Sie sind einerseits vorteilhaft für hohe Speichereffizienzen, andererseits limitieren sie lange Speicherzeiten. Theoretische Arbeiten von Gündoğan haben gezeigt, dass sich die Dichte von BECs derart verändern lässt, dass gleichermaßen hohe Effizienzen und lange Speicherzeiten von Lichtzuständen möglich sind. Dafür kommen sogenannte optische Linsen zum Einsatz, mit deren Hilfe sich Kollisionsraten von Atomen präzise kontrollieren lassen. Diese Technik wird nun in einem Labor getestet und soll in einem weiteren Schritt unter Bedingungen der Schwerelosigkeit eingesetzt werden. Die Ergebnisse könnten eine entscheidende Rolle für fundamentale Tests und Anwendungen auf Basis von atomaren Quantenspeichern im Weltraum spielen.

    Einstein Visiting Fellows

    Wie gut können liberale Ideen und Werte autoritärer Unterdrückung standhalten? Tomila Lankina, Professorin an der London School of Economics, wird diese Frage als Einstein Visiting Fellow am Exzellenzcluster SCRIPTS an der Freien Universität (FU) Berlin anhand von bestimmten Bevölkerungsgruppen in Russland und der Ukraine während der kommunistischen Herrschaft untersuchen. Im Zarenreich war das städtische Bürgertum oft besonders offen für liberale Werte und unterstützte eine Liberalisierung Russlands. Obwohl der Kommunismus laut allgemeiner Auffassung die Gesellschaft grundlegend umgestaltete, zeigen neue Forschungen, dass historische Gemeinschaften überraschend stabil blieben. Tomila Lankina will klären, ob diese Gemeinschaften ihre liberalen Werte trotz Unterdrückung beibehielten und ob sich dies langfristig auf ihr Protestverhalten auswirkte. Exilgemeinschaften in Berlin sollen die fehlende Feldforschung vor Ort ersetzen und zur Debatte über die Beständigkeit liberaler Werte beitragen.

    Nevan Krogan, Leiter des Instituts für Quantitative Biowissenschaften an der University of California, San Francisco (USA), wird als Einstein Visiting Fellow an der FU Berlin untersuchen, wie das Influenza-A-Virus das Proteom (also die Gesamtheit produzierter Proteine und ihrer Signalwege) infizierter Wirtszellen als Teil des Infektionsgeschehens umstrukturiert. Das Virus verändert viele molekulare Prozesse in der Zelle, um deren Mechanismen für seine Vermehrung zu nutzen. Die genauen molekularen Grundlagen dieses Prozesses sind jedoch noch unbekannt. In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Christian Freund, Sprecher des Transregio TRR186 wird Krogan analysieren, welche Modifikationen an den Wirtsproteinen nach der Infektion menschlicher Lungenzellen auftreten. Mit modernster Massenspektrometrie, Elektronenmikroskopie und molekularem Modellieren soll dann untersucht werden, wie sich Virus- und Wirtsproteine zu Komplexen zusammenfügen. Die gewonnenen Daten sollen dabei helfen, den Wirkmechanismus neuer antiviraler Arzneien zu verstehen, mögliche neue Ansatzpunkte für Medikamente zu identifizieren und so letztlich die Vorbereitung auf Pandemien zu verbessern.

    Das Projekt „(Re)Negotiating Social Cohesion – Religion and Community in Antiquity (800 v. Chr. - 400 n. Chr.)“ von Beate Diana Dignas, Oxford University (UK) und Einstein Visiting Fellow an der HU, untersucht die vielschichtige Rolle von Religion in der griechisch-römischen Antike im Hinblick auf gesellschaftlichen Zusammenhalt: Einerseits konnte Religion diesen fördern, indem sie gemeinsame Werte und Überzeugungen schuf, andererseits war sie oft verantwortlich für die Entstehung von Konflikten. In vergleichender Analyse wendet sich das Forschungsvorhaben verschiedenen antiken Epochen und Staatsformen zu, in denen politische Krisen und religiöse Vielfalt besondere Herausforderungen an die Integration des Einzelnen und sozialer Gruppen stellten. Teilprojekte analysieren Demokratieprozesse im klassischen Athen, die globale und lokale Welt des Hellenismus und religiöse Konflikte in spätantiken Städten. Historische, soziologische und theologische Ansätze erforschen Strukturen und Akteure, für die Religion zum Verhandlungsmedium der gesellschaftlichen Identitätsfindung und -bewahrung wurde. In dieser Rolle begegnet uns Religion auch heute – Erkenntnisse des Projektes sind damit relevant für aktuelle Diskussionen von sozialen Integrationsprozessen und leisten einen direkten Beitrag zum Verständnis heutiger Gesellschaften.

    Für zwei Einstein Visiting Fellows wurden Verlängerungen der Förderung bewilligt: Alva Noë, Professor für Philosophie und Kognitionswissenschaften von der University of California, Berkeley (USA), setzt sein Projekt "Reorganizing Ourselves" an der FU Berlin fort. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten zwischen Kunst und Philosophie als Reflexionsformen untersuchen. Dafür begreift er beide als Praktiken des Um- und Neuordnens historisch-kultureller Zusammenhänge und untersucht sie als kreative Mittel, die dazu dienen, das Selbst zu ergründen und Möglichkeiten der Veränderung zu erkunden.

    Ebenfalls an der FU wird Gary Froyland, Professor für Mathematik von der University of New South Wales (AUS), seine Forschung zur Vorhersagbarkeit von komplexen dynamischen Phänomenen in den Ozeanen und der Atmosphäre sowie in der Gesellschaft weiterführen. Um zwischen diesen stark unterschiedlichen Anwendungsfeldern eine Brücke zu schlagen, erforscht Froyland gemeinsam mit Fachkolleg:innen von der FU mittels mathematischer Methoden sogenannte kohärente Strukturen, die in diesen dynamischen Prozessen verborgen liegen, um somit Vorhersagen über das Verhalten der Systeme treffen zu können. Die Wissenschaftler:innen untersuchen, wie sich atmosphärische Wirbel und Ozeanströme herausbilden und wieder verschwinden und gehen somit ungelösten Fragen der Strömungsdynamik nach. Ferner will Froyland prüfen, inwieweit man derartige Methoden auf das Entstehen oder den Zerfall sozialer Kohärenz übertragen könnte.

    Einstein Guest Researcher (Academic Freedom)

    Im Programm der Wissenschaftsfreiheit hat der Vorstand die Förderung für zwei Wissenschaftlerinnen aus der Ukraine bewilligt. Die Namen und Projekte der Einstein Guest Researchers werden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht bekannt gegeben.

    Einstein-Zirkel

    „Causal Inference from Observational Health Data“
    Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) sind der Goldstandard in der Medizin, um kausale Zusammenhänge in der Gesundheitsforschung zu untersuchen. Oft sind RCTs jedoch nur schwer durchführbar und wären für manche Fragestellungen sogar unethisch. Selbst wenn sie durchführbar sind, werden Teilnehmende stark selektiert, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse einschränkt. Dort wo RCTs an ihre Grenzen stoßen, können sorgfältig durchgeführte Analysen von Beobachtungsdaten wichtige Informationen über Kausalzusammenhänge liefern. Die Methodik der kausalen Inferenz hat sich in den letzten Jahren in vielen wissenschaftlichen Disziplinen deutlich weiterentwickelt, findet jedoch in der angewandten Gesundheitsforschung noch keine breite Anwendung. Der Einstein-Zirkel unter der Leitung von Jess Rohmann, Forscherin am Institut für Public Health, Charité – Universitätsmedizin, bringt 20 Expert:innen aus Epidemiologie, Statistik, Medizininformatik, Mathematik, Medizin und Bioethik zusammen, um dieses Problem anzugehen, indem Hindernisse identifiziert, kollaborative Projekte definiert und verantwortungsvolle Datennutzung gefördert werden sollen. Der Zirkel wird zudem Lehrmodule entwickeln und weitere Mitstreiter:innen aus anderen Berliner Institutionen identifizieren und einbeziehen.

    „Urban Mental Health Strategy“
    Der Einstein-Zirkel „Urban Mental Health Strategy (UMHS)“ unter der Leitung von Mazda Adli, Leiter des Forschungsbereichs „Affektive Erkrankungen“ an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, zielt darauf ab, eine Strategie zur Förderung der psychischen Gesundheit in Städten auf Basis aktueller Forschungsergebnisse der Berlin University Alliance-Forschungsplattform „Neurourbanistik“ zu entwickeln. Dabei werden Erkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen wie Medizin, Neurowissenschaften, Psychologie, Sozialwissenschaften, Geographie, Philosophie und Politikwissenschaft sowie regionale und internationale Expert:innen und Praktiker:innen einbezogen. Durch diese interdisziplinäre und sektorenübergreifende Zusammenarbeit sollen in regelmäßigen Treffen nachhaltige, lokal angepasste und global übertragbare Maßnahmen entstehen, die einem „Mental Health in All Policies-Ansatz“ folgen. Zentrale Themen sind dabei u. a. Migration, digitale Gesundheit und Stadtplanung.


    Die Einstein Stiftung Berlin ist eine gemeinnützige, unabhängige und wissenschaftsgeleitete Einrichtung, die 2009 als Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet wurde. Sie fördert Wissenschaft und Forschung fächer- und institutionenübergreifend in und für Berlin auf internationalem Spitzenniveau. Rund 240 Wissenschaftler:innen – unter ihnen drei Nobelpreisträger –, über 70 Projekte und acht Einstein-Zentren wurden bislang gefördert.

    Für die Wissenschaft. Für Berlin.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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