Weltweit wird nach effizienten Möglichkeiten gesucht, kleine wie große Lithium-Batterien zu recyceln. Um die wertvollen Rohstoffe aus den Stromspeichern zurückzugewinnen, setzt ein Forschungsteam der Hochschule Anhalt auf thermische Verfahren.
Wertvolles Material von Lithium bis Aluminium
Sie sind zu den verbauten Helden unseres Alltags geworden: Lithium-Batterien für Smartphones, Laptops, Haushaltsgeräte und immer mehr Autos, Fahrräder und Roller. Vor allem durch die E-Mobilität steigt der Bedarf an Rohstoffen für die Batterie-Produktion. Zu den wertvollsten Materialien gehören Lithium und Kobalt, aber auch Aluminium, Kupfer und Nickel sind stark nachgefragt. Bislang spielt ihre Rückgewinnung aus gebrauchten Geräten kaum eine Rolle. Gerade mal die Hälfte aller Lithium-Batterien landet laut Umweltbundesamt überhaupt im Recyclingkreislauf. Ein Grund: fehlende Verfahren, die effizient und wirtschaftlich sind. Hier setzen die Forschenden der Hochschule Anhalt mit ihrem Projekt "Thermisches Recycling von Lithiumbatterien" an.
Erwärmen statt Schreddern
Was uns im Alltag hilft, kann mitunter gefährlich werden: Lithium-Batterien entzünden sich leicht, wenn ihr ursprünglicher Bauplan zerstört wird. Doch das ist unabdingbar, um an die sogenannte "schwarze Masse" zu kommen, in der die wertvollen Materialien enthalten sind. Dazu werden Lithium-Batterien in herkömmlichen Verfahren zunächst entladen, so dass die Batterien nicht in Flammen aufgehen, und anschließend zerkleinert. Doch viele der gebrauchten Gerätebatterien lassen sich im Vorfeld nicht entladen. "Die spontane und unkontrollierte Freisetzung von Energie, auch bekannt als thermisches Durchgehen, stellt eine der größten Herausforderungen dar", erklärt Prof. Dr. Fabian Herz, Professor für Apparate- und Anlagentechnik an der Hochschule Anhalt. Deshalb erforscht er mit seinem Team, wie sich die mobilen Stromspeicher in einem Ofenreaktor in ihre Einzelteile thermisch trennen lassen.
Recycling im geschlossenen System
Es sind die ersten Versuche dieser Art, um Lithium-Batterien nicht mechanisch, sondern thermisch aufzuschließen. "Das geschlossene System eines Drehrohrofens ist dabei ein großer Vorteil", sagt Prof. Dr. Fabian Herz, der das dafür notwendige Labor am Campus Köthen aufgebaut hat. Zu seinem Technikum gehören etwa Drehrohröfen verschiedener Größen und eine Vielzahl an Messgeräten. Die großen Reaktoren mit bis zu sechs Metern Länge und einen Meter Durchmesser sowie Temperaturen von bis zu 1600 Grad Celsius sind Hauptschauplatz der Untersuchungen. In Kürze sollen die ersten Batterien darin mit Wärme beaufschlagt in Bewegung gesetzt und das Verhalten jeder einzelnen Komponente beobachtet werden. Inwieweit sich die Komponenten für die Weiterverarbeitung und Wiederverwendung eignen, wird anschließend gemeinsam mit Projektpartnern bewertet.
Schwarze Masse aus kleinen und großen Akkus
"Unser Ziel ist ein effizienter Prozess in einem Ofenreaktor, über den eine möglichst hohe Rückgewinnungsquote für die schwarze Masse erreicht wird", so Prof. Dr. Fabian Herz weiter. Dazu hat sein Team bereits verschiedene Batterien typisiert, denn das Verfahren soll auf die wichtigsten Baugruppen anwendbar sein, wie zum Beispiel Akkus für E-Zigaretten, Smartphones, Laptops. Sie enthalten nur geringe Mengen wertvoller Metalle, die sich mit herkömmlichen Verfahren nicht wirtschaftlich zurückgewinnen lassen.
Akku-Recycling und EU-Batterieverordnung
Das thermische Verfahren der Anhalter Ingenieure könnte das ändern. Der Anstoß dazu kam direkt aus der Industrie, mit der Prof. Dr. Fabian Herz bereits eine lange Forschungserfahrung verbindet. Zunächst über Projekte an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und seit 2016 an der Hochschule Anhalt. Das Interesse am breiten Recycling von Lithium-Batterien wächst aus unterschiedlichen Gründen: So wird sich die Anzahl der ausgedienten Akkus in den kommenden Jahren um ein Vielfaches erhöhen und zugleich der Bedarf an neuen steigen. Außerdem schreibt die aktuelle EU-Batterieverordnung weitaus höhere Recyclingquoten als in der Vergangenheit vor – auch um von Rohstoffimporten unabhängiger zu werden. "Deshalb sind wir nicht die einzigen, die an einem effizienten Verfahren forschen. Im thermischen Bereich sind wir jedoch Vorreiter", sagt Prof. Dr. Fabian Herz, der für die Anwendung verschiedenste Recyclingunternehmen im Blick hat.
Thermoprozesstechnik an der Hochschule Anhalt
Noch etwa zwei Jahre haben er und sein Team Zeit, ihre Idee bis zum Technikums-Maßstab zu entwickeln. Solange läuft die Finanzierung des Projekts durch die Europäische Union und das Land Sachsen-Anhalt (Beginn 1.2.2024). Danach ist das Upscaling mit Industriepartnern geplant. "Dabei ist uns durchaus bewusst, dass solche Prozesse selbst sehr energieaufwendig sind. Diese Bilanz solcher Thermoprozesse zu verbessern, ist wiederum Inhalt anderer Projekte unserer Arbeitsgruppe", sagt Prof. Dr. Fabian Herz abschließend.
Prof. Dr. Fabian Herz kann direkt kontaktiert werden per E-Mail: fabian.herz@hs-anhalt.de und Tel.: +49 (0) 3496 67 2583.
https://www.hs-anhalt.de/hochschule-anhalt/angewandte-biowissenschaften-und-proz... (Mehr zu diesen Forschungsprojekten, den Leistungen und Laboren der Thermoprozesstechnik an der Hochschule Anhalt)
Erwärmen statt Schreddern: Prof. Dr. Fabian Herz (rechts) und Dr. Fabian Weigler (links) untersuchen ...
Hochschule Anhalt
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Elektrotechnik
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