Eminem, Jay-Z, LL Cool J oder Nas – häufig sind es die Star-Rapper, die durch ihre Stimme und ihren Text die Hoheit über den Klang eines Tracks für sich beanspruchen. In der Fachliteratur finden sich bislang widersprüchliche Aussagen darüber, wer wirklich den Sound einer Musikproduktion bestimmt. Ein Team von Musikwissenschaftlern um Dr. Tim Ziemer von der Universität Hamburg konnte nun in einer im Journal of the Audio Engineering Society veröffentlichten Studie belegen, dass es eindeutig die Produzenten sind.
Um die Klangeigenschaften der Songs genauer zu bestimmen, wurden zum einen die in der Musikpraxis gängigen MFCCs (Mel-Frequenz-Cepstral-Koeffizienten) genutzt. MFCCs sind Merkmale, die die sogenannte spektrale Balance eines Songs beschreiben, also, wie bassig, brillant oder dumpf ein Lied klingt.
Zum anderen nutzten die Forscher das sogenannte Goniometer. Dabei handelt es sich um ein typisches Analysewerkzeug, das in Tonstudios eingesetzt wird, um die räumliche Dimension eines Mixes zu bestimmen. „Mit dem Goniometer können wir zum Beispiel herausfinden, ob die Instrumente dicht gedrängt klingen wie bei einem Kammerorchester oder weit verteilt wie bei Mahlers Sinfonie der Tausend“, erklärt Dr. Tim Ziemer vom Institut für Systematische Musikwissenschaft und Hauptautor der Studie.
Neuer Ansatz in der Musikanalyse – die „Sound-Landkarte“
Diese Daten wurden im nächsten Schritt in ein künstliches neuronales Netz eingespeist, welches beim Maschinellen Lernen eingesetzt wird, einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. Hiermit konnte aus den Ähnlichkeiten im Klangbild eine Sound-Landkarte erstellt werden: Ähnliche Klänge lagen nah beieinander, unterschiedliche weiter voneinander entfernt. Auf diese Weise ließ sich herausfinden, ob Dr. Dre, Rick Rubin und Timbaland individuell klingen oder ihren Stil von Song zu Song variieren. Das Ergebnis war eindeutig: „Jeder Produzent hat seinen eigenen, typischen Sound – sowohl in der spektralen als auch in der räumlichen Balance“, so Ziemer.
Auch im Zusammenspiel mit den Stimmen der Rapper bleibt das Soundprofil des Produzenten dominant. Lieder, die Nas mit Dr. Dre oder Timbaland produziert hat, klingen nicht „typisch Nas“, sondern tragen den Stil des jeweiligen Produzenten. Auch die markante Stimme eines Rappers scheint also das typische Soundprofil eines Produzenten nicht zu beeinflussen.
Wissenschaft und Entwickler könnten profitieren
Ziel des Forschungsteams um Dr. Tim Ziemer war es, die Musikanalyse durch ein KI-Tool objektiv, kausal und nachvollziehbar zu gestalten. Ihr innovatives Analyseinstrument ist in der Lage, klanglich dominante Elemente im Musikproduktionsprozess zu identifizieren. Ihr Werkzeug lässt weitere Untersuchungen zu, beispielsweise in anderen Genres, und könnte von Streaming-Plattformen zur Verbesserung ihrer Empfehlungsalgorithmen eingesetzt werden.
„Ich gehe davon aus, dass eine Empfehlung durch Streaming-Plattformen basierend auf ähnlichen Produzenten für Hörerinnen und Hörer interessant sein könnten und eventuell sogar relevanter als solche, die auf ähnlichen Interpreten basieren“, sagt Tim Ziemer, der das Tool gemeinsam mit dem Team öffentlich zugänglich gemacht hat.
Dr. Tim Ziemer
Universität Hamburg
Institut für Systematische Musikwissenschaft
Tel.: +49 40 42838-4857
E-Mail: tim.ziemer@uni-hamburg.de
https://aes2.org/publications/elibrary-page/?id=22793
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Informationstechnik, Musik / Theater
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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