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05.02.2025 14:44

Nachhaltige IT-Lösungen mittels energieeffizienter Speicherinnovation

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Speichertechnik SOT-MRAM könnte in Zukunft Cache-Speicher in der Computerarchitektur ersetzen

    Ein Foto, klick, und ab in die sozialen Medien und die Welt. Hochgeladene Medien landen in riesigen Cloud-Speichern und Rechenzentren, welche wiederum kontinuierlich mit Strom versorgt werden müssen. Auf Rechenzentren entfällt derzeit etwa ein Prozent des weltweiten Gesamtenergieverbrauchs, was 200 Terawattstunden Strom pro Jahr entspricht. Dieser immense Energiebedarf hat Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu veranlasst, innovative Wege zur Senkung des Energieverbrauchs zu erforschen.

    Neuer Ansatz für Smartphones und Supercomputer gleichermaßen geeignet

    Als Antwort darauf hat ein Team an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in enger Zusammenarbeit mit Antaios, einem Unternehmen für magnetische Arbeitsspeicher in Frankreich, einen bahnbrechenden Fortschritt in der Speichertechnologie erzielt. Ihre Innovation basiert auf dem sogenannten Spin-Orbit-Torque (SOT) Magnetic Random-Access Memory (MRAM) und bietet eine hocheffiziente und leistungsstarke Lösung für die Datenverarbeitung und -speicherung – ein Durchbruch für Technologien von Smartphones bis zu Supercomputern. „Dieser Prototyp ist einzigartig und könnte die Datenspeicherung und -verarbeitung revolutionieren. Er entspricht nicht nur den globalen Zielen zur Senkung des Energieverbrauchs, sondern ebnet auch den Weg für schnellere und effizientere Speicherlösungen“, sagt Dr. Rahul Gupta, ehemaliger Postdoktorand am Institut für Physik der JGU, wo er die Arbeiten betreut hat, und Erstautor der Studie.

    Die Speichertechnik SOT-MRAM zeichnet sich im Vergleich zu statischem Random-Access Memory (RAM) durch seine überlegene Energieeffizienz, Nichtflüchtigkeit und Leistung aus und ist damit ein guter Kandidat, um beispielsweise Cache-Speicher in der Computerarchitektur zu ersetzen. Die Spitzentechnologie SOT-MRAM nutzt elektrische Ströme, um magnetische Zustände umzuschalten, was eine zuverlässige Datenspeicherung ermöglicht. Eine der größten Herausforderungen besteht jedoch darin, den hohen Eingangsstrom, der während des Schreibvorgangs erforderlich ist, zu reduzieren und gleichzeitig die industrielle Kompatibilität zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Aufrechterhaltung einer ausreichenden thermischen Stabilität, um die Daten mehr als zehn Jahre lang zu speichern, und die Minimierung des Energiebedarfs zur Durchführung der Speicheraufgabe.

    Unter Ausnutzung der bisher vernachlässigten Orbitalströme haben Forschende der JGU und von Antaios ein einzigartiges magnetisches Material entwickelt, das Elemente wie Ruthenium als SOT-Kanal enthält, ein grundlegender Baustein von SOT-MRAM, um die Leistung erheblich zu steigern. Ihre Innovation umfasst:
    – Senkung des Gesamtenergieverbrauchs um über 50 Prozent im Vergleich zu bestehenden Speichertechnologien im industriellen Maßstab,
    – Steigerung der Effizienz um 30 Prozent, was eine schnellere und zuverlässigere Datenspeicherung ermöglicht,
    – Verringerung des Eingangsstroms, der für die magnetische Umschaltung zur Datenspeicherung erforderlich ist, um 20 Prozent,
    – Erreichen eines thermischen Stabilitätsfaktors, der eine Lebensdauer der Datenspeicherung von mehr als zehn Jahren gewährleistet.

    Das Geheimnis des effizienten Speichers

    Der Durchbruch macht sich ein Phänomen zunutze, das als Orbitaler Hall-Effekt (OHE) bekannt ist, und ermöglicht eine höhere Energieeffizienz, ohne auf seltene oder teure Materialien angewiesen zu sein. Traditionell beruht SOT-MRAM auf der Spineigenschaft von Elektronen, wobei Ladungsstrom über den Spin-Hall-Effekt in Spinstrom umgewandelt wird. Dieser Prozess erfordert Elemente mit hoher Spin-Bahn-Kopplung, in der Regel seltene, teure, oft umweltschädliche Materialien mit hoher Ordnungszahl wie Platin und Wolfram. „Im Gegensatz dazu macht sich unser Ansatz ein neuartiges grundlegendes Phänomen zunutze, indem er Orbitalströme verwendet, die von Ladungsströmen durch den Orbital-Hall-Effekt abgeleitet sind, wodurch die Abhängigkeit von teuren und seltenen Materialien entfällt“, erklärt Rahul Gupta.

    Gupta erklärt weiter, dass das Team durch die Kombination dieses innovativen Ansatzes mit modernster Technik eine skalierbare und praktische Lösung entwickelt hat, die in die Alltagstechnologie integriert werden kann. Diese Forschung ist ein Beispiel dafür, wie Wissenschaft und Innovation einige der dringendsten Herausforderungen unserer Zeit angehen können. Angesichts des weltweit stetig steigenden Energieverbrauchs zeigen Durchbrüche wie dieser, wie Technologie zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen kann.

    Erfolgreiche Industriekooperation

    Prof. Dr. Mathias Kläui, der Projektkoordinator an der JGU, freut sich über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Team von Dr. Marc Drouard bei Antaios in Frankreich: „Ich freue mich, dass diese Zusammenarbeit zu diesem spannenden Gerätekonzept geführt hat, das nicht nur aus grundlagenwissenschaftlicher Sicht spannend ist, sondern auch in der Industrie Auswirkungen auf Green IT haben könnte.“ Er führt weiter aus: „Die Senkung des Stromverbrauchs durch die Entdeckung innovativer, neuartiger physikalischer Mechanismen, die die Entwicklung effizienterer Technologien ermöglichen, ist eines der Ziele unserer Aktivitäten.“

    Die Studie wurde kürzlich in Nature Communications veröffentlicht und wurde vom Industriepartner Antaios, dem EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 und Horizon Europe, dem Europäischen Forschungsrat, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Norwegischen Forschungsrat unterstützt.

    Weiterführende Links:
    https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de – Kläui-Lab am Institut für Physik der JGU
    https://rptu.de/trr173/ – Sonderforschungsbereich/Transregio 173 „Spin+X“
    https://topdyn.uni-mainz.de/ – JGU-Profilbereich „TopDyn – Dynamics and Topology”

    Lesen Sie mehr:
    https://presse.uni-mainz.de/eu-foerdert-neues-projekt-in-der-mikroelektronik-inn... - Pressemitteilung „EU fördert neues Projekt in der Mikroelektronik: Innovativ, souverän und umweltfreundlich“ (06.06.2024)
    https://presse.uni-mainz.de/spinforschung-in-kaiserslautern-und-mainz-erhaelt-gr... - Pressemitteilung „Spinforschung in Kaiserslautern und Mainz erhält grünes Licht für dritte Förderphase im SFB/Transregio 173“ (24.11.2023)
    https://presse.uni-mainz.de/energiesparende-server-datenspeicherung-2-0/ - Pressemitteilung „Energiesparende Server: Datenspeicherung 2.0“ (25.06.2020)


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Rahul Gupta
    Kläui Lab
    Institut für Physik
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    E-Mail: rahul.gupta.phy@outlook.com
    www.linkedin.com/in/rahul-gupta-b43218b8/

    Prof. Dr. Mathias Kläui
    Physik der Kondensierten Materie (KOMET)
    Institut für Physik
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-23633
    E-Mail: klaeui@uni-mainz.de
    https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de/homepage-prof-dr-mathias-klaeui/


    Originalpublikation:

    Rahul Gupta, Chloé Bouard, Fabian Kammerbauer et al.
    Harnessing orbital Hall effect in spin-orbit torque MRAM
    Nature Communications, 2. Januar 2025
    DOI : 10.1038/s41467-024-55437-x
    https://www.nature.com/articles/s41467-024-55437-x


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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