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06.02.2025 13:28

KIT und HTW Berlin testen erstmals das prognosebasierte Energiemanagement von sechs Heimspeichersystemen

Anja Schuster Kommunikation
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

    Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) zeigen anhand eines neu entwickelten Testverfahrens die Vorteile von prognosebasierten Ladestrategien auf. Fenecon, Kostal, Sonnen, RCT Power sowie zwei anonym teilnehmende Unternehmen stellten sich dem Energiemanagement-Test. Das Fazit der Messkampagne: An den meisten sonnigen Tagen können die getesteten Geräte die Batterieladung effektiv in die Mittags- und Nachmittagsstunden verschieben. Dies ist sowohl mit Blick auf das neue „Solarspitzen-Gesetz“ als auch für eine möglichst lange Batterielebensdauer entscheidend.

    Geringe Ertragsverluste bei Kappung der Solarstromspitze nur mit einem prognosebasierten Energiemanagement möglich

    Noch in diesem Jahrzehnt wird an Sommertagen die Solarstromerzeugung die Stromnachfrage in Deutschland regelmäßig überschreiten, was Herausforderungen für das Stromnetz mit sich bringt. Das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen soll dem entgegenwirken. Es zielt darauf ab, die Erzeugungsspitzen von Photovoltaikdachanlagen zur Mittagszeit zu reduzieren. Hierzu müssen neu errichtete Anlagen ihre Einspeiseleistung in das Stromnetz in den Mittagsstunden pauschal limitieren, sofern sich diese nicht durch den Netzbetreiber drosseln lassen. „Ohne ein intelligentes Energiemanagement gehen durch die neue Einspeisegrenze jedoch bis zu 8 Prozent des jährlichen Solarstromertrags verloren. Mit einem Batteriespeicher und einem prognosebasierten Energiemanagement lassen sich die Abregelungsverluste auf unter 2 Prozent reduzieren“, betont Dr.-Ing. Johannes Weniger, Initiator der Stromspeicher-Inspektion. Das Energiemanagement optimiert auf Basis von Prognosen der Solarstromerzeugung und des Stromverbrauchs die Batterieladung im Tagesverlauf. Das Ziel der Ladestrategie: Den Batteriespeicher dann zu laden, wenn mehr Solarstrom produziert wird, als eingespeist werden darf.

    Neuer Energiemanagement-Test bewertet die Qualität der PV-Spitzenkappung durch Batteriesysteme

    Zahlreiche Hersteller werben damit, dass sie ihre Solarstromspeicher prognosebasiert laden können. Bisher fehlte ein unabhängiger Vergleich, der die Qualität der verschiedenen Energiemanagementstrategien bewertet. Dem Batterietechnikum des KIT und der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der HTW Berlin ist es nun erstmals gelungen, mit einem neu entwickelten Testverfahren die Güte des prognosebasierten Energiemanagements von Photovoltaik-Batteriesystemen zu vergleichen. Der Clou der Messkampagne: Um die Qualität der Prognosealgorithmen überhaupt bewerten zu können, wurden die Heimspeichersysteme mit und ohne intelligentes Energiemanagement betrieben. Hierzu wurden die sechs Systeme unter identischen und realen Testbedingungen parallel auf den Prüfständen des KIT vermessen. „Die Herausforderung des Energiemanagement-Tests war es, auch Stromspeicher vermessen und bewerten zu können, die Online-Wetterprognosen in ihr Energiemanagement einbinden“, erläutert Robert Schreier, Wissenschaftler am KIT. „Dafür haben wir die Speichersysteme dem Erzeugungsprofil einer 8-Kilowatt-Photovoltaikanlage auf Basis von Echtzeitmesswerten ausgesetzt“, ergänzt Schreier.

    Ein Ergebnis des Tests: Das prognosebasierte Energiemanagement von Fenecon, Kostal, RCT Power und Sonnen steigert den Solarstromertrag um 4 bis 10 Prozentpunkte

    Die Heimspeicher des Allgäuer Unternehmens Sonnen erhalten einmal stündlich von einem zentralen Server einen aktualisierten Ladefahrplan, der auf externen Wetterprognosen beruht. Zwei weitere Unternehmen, die anonym bleiben möchten, nutzen ebenfalls Online-Solarprognosen. Im Gegensatz dazu kommt das Energiemanagement der Hersteller Fenecon, Kostal und RCT Power ohne eine Internetverbindung aus. Diese drei Unternehmen planen die Batterieladung bis zum Sonnenuntergang ausschließlich auf Basis der im Haus erfassten Leistungsmessdaten. Auch ohne externe Wetterprognosen einzubinden, reduzierten Fenecon, Kostal und RCT Power durch ihre prognosebasierten Batterieladestrategien während des Testzeitraums im Juni 2024 die Abregelungsverluste um 4 bis 7 Prozentpunkte. Bei den Systemen mit Online-Prognosen waren die Unterschiede mit 2 bis 10 Prozentpunkte deutlich größer. Die Einbindung von über das Internet bezogenen Wetter- oder Solarstromprognosen ist folglich kein Qualitätsgarant für ein sehr gutes Energiemanagement. Warum es wenig sinnvoll ist, die Qualität eines Energiemanagementsystems ausschließlich anhand der vermiedenen Abregelung zu bewerten, beantworten die Forscher des KIT und der HTW Berlin in der 89-seitigen Studie „Stromspeicher-Inspektion 2025“.

    Gemeinsam mit den im Forschungsprojekt „Perform“ beteiligten Unternehmen identifizierte das Forscherteam individuelle Stellschrauben zur Optimierung des Energiemanagements auf Basis der 200-Millisekunden-Messdaten. „Die Messkampagne bestätigt uns, dass wir nicht nur bei der Energieeffizienz, sondern auch mit unserem prognosebasierten Ladeverfahren sehr gut aufgestellt sind. Auf Grundlage der Testergebnisse werden wir unsere Software auch in diesem Bereich weiter optimieren. Durch die wertvollen Ergebnisse aus dem Projekt „Perform“ können wir das gezielt anpacken“, sagt Thomas Hauser, Geschäftsführer der RCT Power GmbH.

    Prognosebasierte Ladestrategien verlängern die Batterielebensdauer

    Welche Faktoren beschleunigen die Alterung von Lithium-Ionen-Batteriesystemen? Wie kann ein prognosebasiertes Energiemanagement die kalendarische Batteriealterung gezielt verringern? Diese und weitere Fragen zur Alterung von Batteriesystemen beantworten die Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der HTW Berlin und das Batterietechnikum des KIT in der Stromspeicher-Inspektion 2025. Der Großteil der über 1,7 Millionen in Deutschland installierten Batteriespeicher lädt frühmorgens, sobald Solarstromüberschüsse anfallen. Was dabei problematisch ist, erklärt Nina Munzke, Gruppenleiterin am KIT: „Lange Standzeiten bei hohen Ladezuständen verkürzen die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien“. Mit ihren prognosebasierten Energiemanagementstrategien konnten alle sechs Hersteller die Standzeit bei vollständig geladener Batterie verringern. Ein weiteres Testergebnis: An sonnigen Tagen lädt einer der getesteten Solarstromspeicher vorrangig in den späten Nachmittagsstunden. Dadurch kann das Energiemanagementsystem die Standzeit der Batterie im vollgeladenen Zustand um acht Stunden reduzieren. Während des Testzeitraums halbierte diese intelligente Ladestrategie so die Verweildauer des Batteriespeichers bei Ladezuständen oberhalb von 90 Prozent. Wie die Batteriealterung gezielt minimiert werden kann und um wie viele Jahre ein prognosebasiertes Energiemanagement die Batterielebensdauer verlängern kann, wird in der Studie ausführlich erläutert.

    21 Solarstromspeicher bewerteten die Berliner Forscher mit dem System Performance Index (SPI)

    In der Stromspeicher-Inspektion 2025 finden sich neben den Energiemanagement-Testergebnissen auch die Ergebnisse der Bewertung der Energieeffizienz von 21 Stromspeichersystemen. Darüber hinaus gibt die Studie Einblicke in den deutschen Heimspeichermarkt und zeigt Technologietrends auf. Die Stromspeicher-Inspektion 2025 entstand im Rahmen des Projektes „Perform“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird.

    Hintergrundwissen: Wie funktioniert ein prognosebasiertes Energiemanagement?

    Ein prognosebasiertes Energiemanagement für Photovoltaik-Batteriesysteme lässt sich durch verschiedene Prognoseansätze und Optimierungsalgorithmen realisieren. Prognosebasierte Ladestrategien zielen darauf ab, die Ladung zeitlich zu verzögern, ohne dabei die Eigenversorgung zu beeinträchtigen – also die Batterie vorrangig in Zeiten hoher Solarstromerzeugung zu laden und dennoch den maximal möglichen Ladezustand zu erreichen. Die Grundlage der Batterieladeplanung stellen Informationen zum aktuellen Ladezustand des Batteriespeichers sowie Prognosen des Stromverbrauchs und der Erzeugung der Photovoltaikanlage dar. Ohne ein prognosebasiertes Energiemanagement lädt der Batteriespeicher in der Regel frühmorgens, sobald mehr Solarstrom erzeugt, als im Haus verbraucht wird. In der Folge erreicht der Batteriespeicher an wolkenlosen Tagen im Laufe des Vormittags seinen vollgeladenen Zustand. Dies wirkt sich jedoch negativ auf die Batteriealterung aus. Zudem trägt der Batteriespeicher bei frühzeitiger Ladung nicht dazu bei, Erzeugungsspitzen der Photovoltaikanlage zur Mittagszeit zu dämpfen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    HTW Berlin | Dr. Johannes Weniger, Nico Orth


    Originalpublikation:

    https://solar.htw-berlin.de/inspektion


    Weitere Informationen:

    https://solar.htw-berlin.de/


    Bilder

    Energiemanagement-Prüfstand
    Energiemanagement-Prüfstand

    © KIT


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, jedermann
    Bauwesen / Architektur, Elektrotechnik, Energie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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