Das Abschmelzen der globalen Gletscher beschleunigt den Verlust regionaler Süsswasserressourcen. Und lässt den Meeresspiegel weltweit immer schneller ansteigen. Seit dem Jahr 2000 verlieren die Gletscher insgesamt jährlich 273 Milliarden Tonnen Eis, so die Schätzungen einer internationalen Forschergemeinschaft unter Leitung der Universität Zürich.
Im Jahr 2000 bedeckten die Gletscher weltweit eine Fläche von 705 221 km2 und enthielten 121 728 Milliarden Tonnen Eis. Die kontinentalen Eisschilde Grönlands und der Antarktis sind dabei nicht berücksichtigt. Seitdem haben die Gletscher weltweit durchschnittlich 5 % ihres Eises verloren – regional zwischen 2 % auf den antarktischen und subantarktischen Inseln und 39 % in Mitteleuropa. Die jährliche Gletscherschmelze betrug 273 Milliarden Tonnen Eis und hat sich von der ersten (2000–2011) zur zweiten Hälfte des Zeitraums (2012–2023) um 36 % erhöht. Der Massenverlust der globalen Gletscher ist etwa 18 % grösser als der des grönländischen und mehr als doppelt so gross wie der des antarktischen Eisschildes.
Weltweites Engagement der Forschungsgemeinschaft
Unter der Leitung des World Glacier Monitoring Service (WGMS), der an der Universität Zürich (UZH) angesiedelt ist, hat ein internationales Team die Studie «Glacier Mass Balance Intercomparison Exercise» (GlaMBIE) durchgeführt. Dafür sammelten, homogenisierten, kombinierten und analysierten die Forschenden Veränderungen der Gletschermassen aus verschiedenen Feld- und Satellitenbeobachtungsmethoden. Anschliessend verglichen und kombinierten sie die Ergebnisse der verschiedenen Methoden zu einer jährlichen Zeitreihe der Gletschermassenänderungen für alle Gletscherregionen der Welt von 2000 bis 2023.
Insgesamt wurden so 233 Schätzungen regionaler Gletschermassenänderungen von etwa 450 Datenquellen, die in 35 Forschungsteams organisiert sind, erstellt. «Indem wir die Vorteile der verschiedenen Beobachtungsmethoden kombinieren, liefert GlaMBIE nicht nur neue Erkenntnisse über regionale Trends und jährliche Schwankungen. Wir können auch Unterschiede zwischen den Methoden feststellen, was uns die Möglichkeit gibt, künftige Schätzungen besser zu verstehen und zu verbessern», sagt Studienleiter Michael Zemp, Professor am Geographischen Institut der UZH.
Sinkende Süsswasserressourcen regional und steigender Meeresspiegel global
Von 2000 bis 2023 betrug der globale Verlust an Gletschermasse insgesamt 6’542 Milliarden Tonnen. Mit jährlich 273 Milliarden Tonnen Eis trug dieser bereits 18 Millimeter zum globalen Meeresspiegelanstieg bei – etwa 0,75 Millimeter pro Jahr. Damit sind die Gletscher nach der Erwärmung der Ozeane der zweitgrösste Verursacher für den weltweit steigenden Meeresspiegel, noch vor den Beiträgen des Grönland-Eisschildes, den Veränderungen in der Wasserspeicherung an Land und den Beiträgen des antarktischen Eisschildes.
Die Gletscherschmelze führt ausserdem zum Verlust regionaler Süsswasserressourcen. «Zum Vergleich: Die 273 Milliarden Tonnen Eis, die in einem einzigen Jahr verloren gehen, entsprechen dem Wasserverbrauch der gesamten Weltbevölkerung während 30 Jahren, wenn man von drei Litern pro Person und Tag ausgeht», erklärt Zemp.
«Gletscher sind lebenswichtige Süsswasserressourcen, insbesondere für lokale Gemeinschaften in Zentralasien und den Zentralanden, wo Gletscher den Abfluss während der warmen und trockenen Jahreszeiten dominieren», ergänzt die UZH-Glaziologin Inés Dussaillant, die an den GlaMBIE-Analysen beteiligt war. «Geht es aber um den Anstieg des Meeresspiegels, sind die arktischen und antarktischen Regionen mit ihren viel grösseren Gletscherflächen die Hauptakteure. Fast ein Viertel des Beitrags der Gletscher zum Meeresspiegelanstieg stammt aus Alaska».
Negative Auswirkungen durch Klimaschutz begrenzen
Die vorliegende Studie ist ein wichtiger Meilenstein für das Internationale Jahr zum Schutz der Gletscher 2025 und das von den Vereinten Nationen ausgerufene Aktionsjahrzehnt für Kryosphärenwissenschaften (2025–2034). Dabei bietet GlaMBIE eine neue Beobachtungsgrundlage für künftige Studien, die bessere Vorhersagen über Süsswasserressourcen und Anstieg des Meeresspiegels ermöglichen.
«Unsere Beobachtungen und die jüngsten Modellstudien deuten darauf hin, dass sich der Massenverlust der Gletscher bis zum Ende dieses Jahrhunderts fortsetzen und möglicherweise beschleunigen wird», sagt Samuel Nussbaumer, Glaziologe an der UZH und Projektleiter von GlaMBIE. «Dies untermauert die Forderung des Weltklimarates nach dringenden und konkreten Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und der damit verbundenen Erwärmung. Nur so lassen sich die Auswirkungen des Gletscherschwundes auf lokale Georisiken, die regionale Verfügbarkeit von Süsswasser und den globalen Meeresspiegelanstieg begrenzen.»
Finanzierung
Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) finanzierte die Studie mit zusätzlicher Unterstützung durch die International Association for Cryospheric Sciences (IACS) sowie der Institutionen und Projekte der Autorinnen und Autoren. Durchgeführt wurde sie vom GlaMBIE-Team unter der Leitung des World Glacier Monitoring Service (WGMS), der an der Universität Zürich in der Schweiz angesiedelt ist, in Zusammenarbeit mit der Universität Edinburgh und Earthwave Ltd, Grossbritannien, sowie 35 Forschungsteams weltweit.
Prof. Dr. Michael Zemp
World Glacier Monitoring Service
Geographisches Institut
Universität Zürich
+41 44 635 51 39
michael.zemp@geo.uzh.ch
Michael Zemp et al. (GlaMBIE). Community estimate of global glacier mass changes from 2000 to 2023. Nature. 19 February 2025. DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-024-08545-z
https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2025/Glescherverlust.html
Gletscher in den Chugach Mountains in Alaska. Dieses vom Sentinel-2-Satelliten am 6. Oktober 2017 au ...
Copernicus Sentinel Daten 2017
Verschiedene Satelliten wurden eingesetzt, um Gletscher weltweit mit Hilfe von optischen, Radar-, La ...
ESA, NASA und Planetary Visions
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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