Von der Beweisführung bis zur Strafverfolgung: Hamburgische Bürgerschaft beauftragt Untersuchungskommission aus vier Hochschulen mit wissenschaftlicher Aufarbeitung der NSU-Terrortat von 2001.
Berlin, 18. Februar 2025 – „Spezifische Organisationskulturen bei Polizei und Verfassungsschutz können zu stereotypen Vorstellungen von Tatverdächtigen führen“, sagt Professorin Dr. Daniela Hunold. Die Expertin für Polizeisoziologie von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) ist Mitglied eines Forschungsteams, das im Auftrag der Hamburgischen Bürgerschaft die Geschehnisse und Ermittlungen rund um den Mord an Süleyman Taşköprü am 27. Juni 2001 in Hamburg untersucht. Die Ergebnisse werden in einem unabhängigen, umfassenden Gutachten zusammengefasst.
Die Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zählen zu den erschreckendsten Terroranschlägen in der jüngeren deutschen Geschichte. Ihr Entstehungskontext konnte nie vollständig aufgeklärt werden. Auch nach bislang 15 politischen Untersuchungsausschüssen und dem Abschluss des „NSU-Strafverfahrens“ sind noch viele Fragen offen.
Systematische Ursachen und gesellschaftliche Wechselwirkung im Fokus
Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die Untersuchung der systemischen Aspekte, die zum Versagen bei der Aufklärung und Strafverfolgung des Mordes führten. Besonders im Blick sind dabei die Wechselwirkungen zwischen behördlichem Handeln und den spezifischen gesellschaftlichen, sicherheitspolitischen Bedingungen in Hamburg zur Tatzeit. „Staatliche Behörden agieren niemals im luftleeren Raum“, so Professorin Dr. Daniela Hunold. „Wir wollen untersuchen, wie das öffentliche Meinungsklima und sicherheitspolitische Programmatiken die Ermittlungsarbeit beeinflussten und zu Pfadabhängigkeiten führten.“ Die breite Unterstützung durch die Hamburger Bürgerschaft sowie den beteiligten Behörden und die besondere Interdisziplinarität des Projektteams seien hervorragende Voraussetzung für eine gelungene wissenschaftliche Aufarbeitung des NSU-Mordes in Hamburg, stellt die Berliner Polizeiforscherin heraus.
Interdisziplinarität als Erfolgsfaktor der Forschung
Die Professor*innen Dr. Daniela Hunold (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin), Dr. Constantin Goschler (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy (Universität Bielefeld) und Dr. Wolfgang Seibel (Universität Konstanz) werden im Rahmen einer interdisziplinären Untersuchung den komplexen Ursachen und Folgen des organisatorischen wie gesellschaftlichen Versagens bei der Aufklärung und Strafverfolgung des Hamburger NSU-Mords nachgehen. Im Fokus stehen vor allem die systemischen Aspekte, die zu den folgenreichen Terroranschlägen führten. Zugleich untersuchen die Wissenschaftler*innen Wechselwirkungen und Resonanzen der Ermittlungen mit der Hamburger Stadtgesellschaft. Sie nehmen dafür auch die Zeit vor dem eigentlichen Mordfall in den Blick, um die Entstehung von Wahrnehmungs- und Handlungsmustern im Umgang mit rechter Gewalt analysieren zu können. Das Spannungsfeld von Rassismus und systemischen Dynamiken wird in die Analyse eingeschlossen.
Die Forschenden erhalten vollumfängliche Akteneinsicht in die Unterlagen von Polizei, Staatsschutz und Justiz und werden im Rahmen von Interviews die Aussagen von Zeug*innen und professionellen Verfahrensbeteiligten in ihre wissenschaftliche Aufarbeitung einbeziehen.
Professorin Dr. Daniela Hunold: Expertise in Polizeisoziologie
Die Expertin für Polizeisoziologie mit dem Schwerpunkt auf Empirische Polizeiforschung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin forscht seit vielen Jahren zu Problemen und Herausforderungen polizeilichen Handelns in der Einwanderungsgesellschaft. Daniela Hunold ist Stellvertretende Direktorin des Forschungsinstituts für öffentliche und private Sicherheit Berlin (FÖPS) der HWR Berlin. Sie ist Mitherausgeberin des wissenschaftlichen Grundlagenbandes „Rassismus in der Polizei“ und arbeitete zuletzt mit einem Forscherteam an einer Expertise für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu Diskriminierungsrisiken durch die Polizei.
https://www.hwr-berlin.de/hwr-berlin/ueber-uns/person/detail/2639-daniela-hunold
HWR Berlin: Kompetenzzentrum für Polizeiforschung und Sicherheit
Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin nimmt eine führende Position in der Ausbildung und Forschung im Bereich Polizei- und Sicherheitsmanagement ein. Als einzige Hochschule für angewandte Wissenschaften, die den Polizeinachwuchs für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausbildet, kombiniert sie akademische Exzellenz mit praxisorientierter Forschung. Ihr renommiertes Forschungsinstitut für öffentliche und private Sicherheit fördert den interdisziplinären Wissenstransfer und setzt wichtige Impulse für die Sicherheitsforschung. Die Hochschule bietet ein breites Spektrum an Studiengängen und richtet regelmäßig hochkarätige Fachveranstaltungen aus, darunter jährlich das Sicherheitsforum und das Breitscheidplatzsymposium. Diese Plattformen bringen Expert*innen aus Wissenschaft, Praxis und Politik zusammen, um aktuelle sicherheitsrelevante Themen zu diskutieren und Lösungsansätze zu entwickeln.
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) ist eine fachlich breit aufgestellte, international ausgerichtete Hochschule für angewandte Wissenschaften, einer der bundesweit größten staatlichen Anbieter für das duale Studium und im akademischen Weiterbildungsbereich. Sie sichert den Fachkräftebedarf in der Hauptstadtregion und darüber hinaus. Über 12 500 Studierende sind in über 60 Studiengängen der Wirtschafts-, Verwaltungs-, Rechts-, Ingenieur- und Polizei- und Sicherheitswissenschaften sowie in internationalen Master- und MBA-Studiengängen eingeschrieben. Die HWR Berlin ist die viertgrößte Hochschule für den öffentlichen Dienst in Deutschland und mehrfach prämierte Gründungshochschule. Über 700 Kooperationen mit Partnern in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst garantieren den ausgeprägten Praxisbezug in Lehre und Forschung. 195 aktive Partnerschaften mit Universitäten auf allen Kontinenten fördern einen regen Studierendenaustausch und die internationale Forschungszusammenarbeit. Die HWR Berlin ist Mitglied im Hochschulverbund „UAS7 – Alliance for Excellence“ und unterstützt die Initiative der Hochschulrektorenkonferenz „Weltoffene Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit“.
http://www.hwr-berlin.de
Prof. Dr. Daniela Hunold
Tel.: +49 30 30877-2827
E-Mail: daniela.hunold@hwr-berlin.de
NSU-Mord in Hamburg: Ein interdisziplinäres Forschungsteam untersucht Ermittlungsfehler und systemis ...
Michael Zapf
Hamburgische Bürgerschaft/Michael Zapf
Dr. Daniela Hunold ist Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Empirische Polizeiforschung an der ...
Michael Zapf
Hamburgische Bürgerschaft/Michael Zapf
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Politik, Psychologie, Recht
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Kooperationen
Deutsch
NSU-Mord in Hamburg: Ein interdisziplinäres Forschungsteam untersucht Ermittlungsfehler und systemis ...
Michael Zapf
Hamburgische Bürgerschaft/Michael Zapf
Dr. Daniela Hunold ist Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Empirische Polizeiforschung an der ...
Michael Zapf
Hamburgische Bürgerschaft/Michael Zapf
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).