19.02.2025/Kiel. Tierpopulationen aus urbanen Gebieten zeigen eine signifikant höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber stressreichen Umweltbedingungen. Das hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Elizabeta Briski vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel herausgefunden. Die untersuchten Muschel- und Krebstierarten konnten sich an gestörte Umgebungen anpassen und wurden dadurch widerstandsfähiger gegenüber Umweltveränderungen wie Klima- und Landnutzungswandel. Die Studie wird heute in der Fachzeitschrift Ecology Letters veröffentlicht.
Urbane Lebensräume unterscheiden sich stark von natürlichen Lebensräumen und stellen Tiere und Pflanzen vor neue Herausforderungen. Bislang war wenig darüber bekannt, wie sich Populationen derselben Art in vom Menschen stark beeinflussten und weniger beeinflussten Lebensräumen entwickeln.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Elizabeta Briski, Meeresbiologin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, hat nun untersucht, wie sich die Bedingungen in städtischen Gebieten auf die Populationen von drei aquatischen Arten (eine Muschel- und zwei Krebstierarten) auswirken. Ihre Studie zeigt, dass sich diese Populationen an eine gestörte Umgebung anpassen und dadurch widerstandsfähiger gegenüber Umweltveränderungen werden. Veröffentlicht werden die Ergebnisse heute in Ecology Letters.
Unterschiede zwischen städtischen und natürlichen Lebensräumen
Für ihre Studie verglichen die Forschenden Populationen von Miesmuscheln (Mytilus sp.) und Flohkrebsen (Gammarus locusta und Gammarus salinus) aus der stark vom Menschen geprägten Kieler Förde mit solchen aus dem Naturschutzgebiet Schleimünde, die weniger Umweltveränderungen ausgesetzt sind. „Unterschiede zwischen diesen Standorten betreffen zum Beispiel die Konzentration von Schwermetallen im Sediment oder auch die Wassertemperatur“, erklärt Briski. „Städte sind Wärmeinseln, in denen Tiere schon heute höheren Temperaturen ausgesetzt sind als in natürlichen, vom Menschen weitgehend unbeeinflussten Lebensräumen.“
Stresstest im Labor
Um die Anpassungsfähigkeit zu testen, setzten die Forschenden Tiere aus beiden Gewässern unter Laborbedingungen verschiedenen Stressfaktoren aus. Die Stressoren spiegeln aktuelle und prognostizierte Umweltbedingungen der Ostsee wider, wie steigende Temperaturen, veränderte Salzgehalte sowie eine Zunahme von Kohlendioxid im Wasser, die zur Versauerung führt. Über einen Zeitraum von 30 Tagen dokumentierte das Team das Überleben der Tiere.
Städtische Populationen sind widerstandsfähiger
Die Ergebnisse zeigen, dass Populationen aus urban beeinflussten Lebensräumen tendenziell robuster gegenüber diesen Umweltstressoren sind als ihre Artgenossen aus geschützten Habitaten und sich bereits an die veränderten Bedingungen angepasst haben.
„Diese könnten als potenzielle ‚Rettungspopulationen‘ für bedrohte Bestände dienen“, sagt Briski. Gleichzeitig warnt sie, dass ihre größere Toleranz gegenüber zukünftigen Umweltveränderungen es ihnen erleichtern könnte, neue Lebensräume zu erobern: „Es macht sie zu potenziellen invasiven Arten, die durch menschlichen Handel und Transport zwischen städtischen Zentren verbreitet werden.“
Wichtige Erkenntnisse für Naturschutz und Klimaanpassung
Die Ergebnisse der Studie stützen die Hypothese, dass städtische Lebensräume heute schon wichtige Hinweise geben können, wie Tiere sich an künftige Umweltveränderungen anpassen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass verschiedene Populationen gleicher Arten unterschiedlich anfällig für mit der Urbanisierung einhergehende Stressoren sind“, sagt Briski. Dies habe erhebliche Konsequenzen für den Naturschutz: „Urbane Populationen könnten Populationen natürlicherer Lebensräume unterstützen, da sie eine höhere Resilienz gegenüber Umweltveränderungen zeigen.“ Es bleibe allerdings offen, ob diese Anpassungen mit den durch den Menschen verursachten Umweltveränderungen Schritt halten können.
Zukünftige Forschung sollte untersuchen, wie andere Stressoren wie Schwermetalle oder Lichtverschmutzung die Anpassung beeinflussen und ob diese Anpassungen in neuen Lebensräumen Vorteile bieten.
Briski, E., Langrehr, L., Kotronaki, S.G., Sidow, A., Martinez Reyes, C.G., Geropoulos, A., Steffen, G., Theurich, N., Dickey, J.W.E., Hütt, J.C., Haubrock, P.J., Soto, I., Kouba, A. and Cuthbert, R.N. (2025), Urban Environments Promote Adaptation to Multiple Stressors. Ecology Letters, 28: e70074.
https://doi.org/10.1111/ele.70074
http://www.geomar.de/n9761 Bildmaterial zum Download
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).