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19.02.2025 15:50

"Ohne intakte Natur werden wir unseren Wohlstand nicht halten können..."

Susanne Hufe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

    Wirtschaftliche Aktivitäten sind hochgradig abhängig von einer vielfältigen Natur und intakten Ökosystemen. Hierin waren sich alle Expert:innen einig, die heute beim „Hauptstadt-Impuls“, einer von Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam durchgeführten Online-Veranstaltung, zu einer ambitionierten Biodiversitätspolitik in der kommenden Legislaturperiode aufriefen. Die Kernbotschaft: Ohne intakte Natur werden wir unseren Wohlstand nicht halten können, weil wir essenzielle Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen verlieren. Wir brauchen deshalb eine ambitionierte Biodiversitätspolitik in der nächsten Legislaturperiode.

    „Das Bewahren von Biodiversität und der Erhalt von Ökosystemen sind unverzichtbar für die Existenz der Menschen“, erinnerte Gastgeber Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in seinem Eingangsstatement. „Nachlassendes Engagement oder gar Rückschritte im Klima-, Natur- und Umweltschutz gefährden die Grundlagen unserer Gesundheit, unserer Wirtschaft und unseres Wohlstands.“

    „55 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes sind abhängig von Leistungen der Natur“, zitierte Dr. Stefanie Eichiner, Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsinitiative „Biodiversity in Good Company (BiGC)“ aus einer globalen Risikoanalyse der internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers. „Das entspricht einem Geldwert von nahezu 58.000 Milliarden US-Dollar.“

    Nicht immer sind diese Abhängigkeiten zwischen Wirtschaft, Biodiversität und Ökosystemleistungen sofort offensichtlich. Oft braucht es eine sorgfältige Bestandsaufnahme entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens, um zu erkennen, wie sehr die häufig komplex ineinandergreifenden Produktions- und Wirtschaftsprozesse auf vielfältige biologische Ressourcen und funktionierende Ökosysteme angewiesen sind.

    „Die Biodiversitätskrise ist deshalb nicht nur ein Problem für naturbezogene Branchen wie die Holz-Industrie“, bekräftigte Stefanie Eichiner, die in der internationalen Pfleiderer-Gruppe den Unternehmensbereich „Nachhaltigkeit“ leitet. „Ein weiter grassierender Klimawandel und die dramatischen Verluste an biologischer Vielfalt bedrohen den wirtschaftlichen Wohlstand unseres Landes insgesamt“, fasste die BiGC-Vorsitzende zusammen. Passend dazu listet das Weltwirtschaftsforum in seinem aktuellen „Global Risks Report 2025“ extreme Wettereignisse, den Verlust biologischer Vielfalt und die Zerstörung von Ökosystemen als die drei schwerwiegendsten Risiken für die Wirtschaft im nächsten Jahrzehnt.

    „Oft hört man in der öffentlichen Debatte, dass Naturschutz ein Luxus sei, den man sich in wirtschaftlich guten Zeiten leisten kann. Vordergründig mag das manchmal so wirken, aber auf lange Sicht ist das ein gefährlicher Trugschluss“, konterte Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) ein verbreitetes politisches Argument. „Als Wissenschaftlerin kann ich Ihnen sagen: Schutz und Wiederherstellung von Natur sind effektiv und verhindern größere Schäden und höhere Kosten bereits heute, aber erst recht in der Zukunft.“

    Die Wissenschaftliche Geschäftsführerin des UFZ machte in ihrem Statement noch einmal das Ausmaß der gegenwärtigen Biodiversitätskrise deutlich. Auf über 1.200 Seiten hat die Community der deutschen Biodiversitätsforschung mit dem „Faktencheck Artenvielfalt“ erst vor wenigen Monaten die bisher umfassendste Bestandsaufnahme zur biologischen Vielfalt in Deutschland vorgelegt. Demnach ist über die Hälfte der Lebensräume in Deutschland in einem ökologisch bedenklichen Zustand, ein Drittel der untersuchten Arten sind gefährdet, die biologische Vielfalt geht weiträumig zurück.

    „Die Biodiversitätskrise ist also kein Problem ‚der Anderen‘ und kein Problem, das Aufschub verträgt“, fasst Katrin Böhning-Gaese ihre Botschaft zusammen. „Dabei müssen wir uns immer vor Augen halten, dass wir es hier mit langfristigen Entwicklungen von großer Tragweite zu tun haben. Einmal angestoßen, lassen sie sich nicht auf Knopfdruck umdrehen. Die gute Nachricht ist: Wir können die Biodiversität retten und Ökosysteme wiederherstellen. Die Lösungen sind bekannt und gut erprobt - wir müssen sie jetzt nur noch in der Breite umsetzen.“

    Wie sehr auch die menschliche Gesundheit von einer vielfältigen Natur und einer intakten Umwelt abhängt, betonte Dr. Eckart von Hirschhausen. Der Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM)“ sagt: „Gesundheit beginnt nicht mit Tabletten, Operationen oder einem MRT. Gesundheit beginnt mit der Luft, die wir atmen, dem Wasser zum Trinken, Pflanzen zum Essen, erträglichen Temperaturen und einem friedlichen Miteinander. Alle diese fünf Lebensgrundlagen sind akut in Gefahr, und nichts davon wird von alleine besser.“ Von Hirschhausen betont: „Wir sind nicht die Krone der Schöpfung, sondern Teil von ihr. Wir sind getragen vom Netzwerk des Lebens. Wenn wir eins aus der Pandemie lernen können: Machen wir die Tiere um uns herum krank, machen sie uns krank. Gesunde Menschen gibt es nur zusammen mit gesunder Natur und einer gesunden Erde!“

    In der nächsten Legislaturperiode darf das politische Engagement für eine Trendumkehr des dramatisch fortschreitenden Verlusts an Natur und Biodiversität nicht nachlassen. Es muss sich im Gegenteil noch verstärken. In dieser Forderung waren sich die Veranstalter des Hauptstadt-Impulses einig. Ambitionierte Biodiversitätspolitik dürfe in einer künftigen Bundesregierung deshalb kein Nischenfeld für das Umweltressort sein – wie beim Klimaschutz müsse sie zur gemeinsamen Verantwortung aller Regierungsressorts werden.

    Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Der Mitschnitt wird von der DBU bis zum Ende der Woche bereitgestellt: https://www.dbu.de/termine/warum-wirtschaft-und-wissenschaft-eine-mutige-biodive...


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Pressestelle UFZ
    presse@ufz.de

    Pressestelle Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
    Kerstin Heemann / k.Heemann@dbu.de

    Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM)
    presse@stiftung-gegm.de

    Wirtschaftsinitiative „Biodiversity in Good Company” (BiGC)
    mats.wappmann@business-and-biodiversity.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Politik, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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