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20.02.2025 20:00

Aus dem 3D-Drucker: Kühlende thermoelektrische Materialien sind leistungsstark und nachhaltig

Andreas Rothe Communications, Events and Science Education
Institute of Science and Technology Austria

    Schnelles, lokales Wärmemanagement ist für elektronische Geräte unerlässlich und könnte auch für Anwendungen von tragbaren Materialien bis hin zur Behandlung bei Verbrennungen eingesetzt werden. Sogenannte thermoelektrische Materialien wandeln zwar Temperaturunterschiede in elektrische Spannung um und umgekehrt, doch ihre Effizienz ist oft begrenzt und ihre Herstellung ist kostspielig und ‚verschwendet‘ Material. In einem neuen, in Science veröffentlichten Artikel zeigen Forscher:innen des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) wie man eine 3D-Drucktechnik verwendet, um leistungsstarke thermoelektrische Materialien herzustellen und die Produktionskosten erheblich zu senken.

    Thermoelektrische Wandler können eine lokale Kühlung bewirken, indem sie elektrischen Strom nutzen, um Wärme von einer Seite des Geräts auf die andere zu übertragen. Ihre lange Lebensdauer, Unempfindlichkeit gegenüber undichten Stellen, ihre anpassungsfähige Größe und Form, und die Abwesenheit beweglicher Teile wie zirkulierender Flüssigkeiten machen diese Geräte ideal für verschiedene Kühlanwendungen, z. B. in der Elektronik. Ihre Herstellung aus Barren, also Blöcken eines Materials, ist jedoch mit hohen Kosten verbunden und erzeugt viel Materialabfall. Außerdem hält sich die Leistung der Geräte in Grenzen.

    Nun entwickelte ein Team unter der Leitung von Maria Ibáñez, Verbund-Professorin für Energiewissenschaften und Leiterin des Werner Siemens Thermoelectric Laboratory am Institute of Science and Technology Austria (ISTA), zusammen mit dem Erstautor und ISTA-Postdoc Shengduo Xu, leistungsstarke thermoelektrische Materialien aus dem 3D-Drucker und baute daraus einen thermoelektrischen Kühler. „Unsere innovative Integration des 3D-Drucks in die Herstellung thermoelektrischer Kühler verbessert die Fertigungseffizienz erheblich und senkt die Kosten“, sagt Xu. Im Gegensatz zu früheren Versuchen, thermoelektrische Materialien im 3D-Druckverfahren herzustellen, liefert die vorliegende Methode zudem Materialien mit einer wesentlich höheren Leistung. ISTA-Professorin Ibáñez erklärt: „Mit einer Leistung auf kommerziell-kompetitivem Niveau hat unsere Arbeit das Potenzial, über die akademische Forschung hinauszugehen, praktische Relevanz zu erlangen und das Interesse von Branchen zu wecken, die Anwendungen in der realen Welt anstreben.“

    Die Grenzen der thermo-elektrischen Technologien erweitern

    Obwohl alle Materialien einen gewissen thermoelektrischen Effekt aufweisen, ist dieser oft zu gering, um nützlich zu sein. Materialien, die einen ausreichend hohen thermoelektrischen Effekt aufweisen, sind in der Regel sogenannte „degenerate semiconductors“, d. h. „dotierte“ Halbleiter, denen absichtlich Verunreinigungen zugeführt werden, damit sie sich wie Leiter verhalten. Die derzeit modernsten thermoelektrischen Kühler werden mithilfe von Blockfertigungstechniken hergestellt – also gewissermaßen aus einem Block ‚ausgeschnitten‘. Diese teuren und energieintensiven Verfahren, die nach der Produktion umfangreiche Bearbeitungsprozesse erfordern, verschwenden viel Material. „Mit unserer aktuellen Arbeit können wir thermoelektrische Materialien in 3D exakt in der benötigten Form drucken. Darüber hinaus weisen die daraus resultierenden Geräte einen Netto-Kühleffekt von 50 Grad in der Luft auf. Das bedeutet, dass unsere 3D-gedruckten Materialien ähnlich leistungsfähig sind wie solche, deren Herstellung deutlich teurer ist“, sagt Xu. Damit schlägt das Team von ISTA-Materialwissenschafter:innen eine skalierbare und kostengünstige Produktionsmethode für thermoelektrische Materialien vor, die energieintensive und zeitaufwändige Schritte umgeht.

    Gedruckte Materialien mit optimierter Partikelbindung

    Über die Anwendung von 3D-Drucktechniken zur Herstellung thermoelektrischer Materialien hinaus hat das Team die Drucktinten so konzipiert, sodass beim Verdampfen des Trägerlösungsmittels effektive und robuste atomare Bindungen zwischen den Körnern entstehen. Dadurch wird ein atomar verbundenes Materialnetzwerk gebildet. Infolgedessen verbessern die chemischen Grenzflächenbindungen die Ladungsübertragung zwischen den Körnern. Dies erklärt, wie es dem Team gelungen ist, die thermoelektrische Leistung seiner 3D-gedruckten Materialien zu verbessern und gleichzeitig neue Erkenntnisse über die Transporteigenschaften poröser Materialien zu gewinnen. „Wir haben eine extrusions-basierte 3D-Drucktechnik eingesetzt und die Tintenformulierung so konzipiert, dass die Integrität der gedruckten Struktur gewährleistet ist und die Partikelbindung erhöht wird. So konnten wir die ersten thermoelektrischen Kühler aus gedruckten Materialien herstellen, die eine vergleichbare Leistung wie Geräte auf Barrenbasis aufweisen und gleichzeitig Material und Energie sparen“, sagt Ibáñez.

    Medizinische Anwendungen, Energiegewinnung und Nachhaltigkeit

    Neben der schnellen Wärmeableitung in Elektronik und tragbaren Geräten könnten thermoelektrische Kühler auch in der Medizin eingesetzt werden, beispielsweise bei der Behandlung von Verbrennungen und zur Linderung von Muskelverspannungen. Darüber hinaus kann die von den ISTA-Wissenschafter:innen entwickelte Methode zur Tintenformulierung auch auf andere Materialien angewendet werden, die in Hochtemperatur-Thermoelektrogeneratoren zum Einsatz kommen könnten – also Geräte, die aus einem Temperaturunterschied elektrische Spannung erzeugen können. Laut dem Team könnte ein solcher Ansatz die Anwendbarkeit von thermoelektrischen Generatoren in verschiedenen Systemen zur Energiegewinnung aus Abfällen erweitern.

    „Wir haben erfolgreich einen Ansatz mit vollständigem Zyklus umgesetzt, von der Optimierung der thermoelektrischen Leistung der Rohstoffe bis hin zur Herstellung eines stabilen, leistungsstarken Endprodukts“, sagt Ibáñez. Xu fügt hinzu: „Unsere Arbeit bietet eine transformative Lösung für die Produktion thermoelektrischer Geräte und läutet eine neue Ära effizienter und nachhaltiger thermoelektrischer Technologien ein.“

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    Projektförderung:
    Dieses Projekt wurde durch Mittel des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) und der Werner Siemens-Stiftung finanziert.


    Originalpublikation:

    Shengduo Xu, Sharona Horta, Abayomi Lawal, Krishnendu Maji, Magali Lorion & Maria Ibáñez. 2025. Interfacial bonding enhances thermoelectric cooling in 3D-printed materials. Science. DOI: https://doi.org/10.1126/science.ads0426


    Weitere Informationen:

    https://ista.ac.at/de/forschung/ibanez-gruppe/ Forschungsgruppe "Anorganische Materialien vom Nano- bis zum Makrobereich" am ISTA


    Bilder

    3D-Druck von Säulen für den thermoelektrischen Kühler. (Videostandbild).
    3D-Druck von Säulen für den thermoelektrischen Kühler. (Videostandbild).

    © Shengduo Xu | ISTA

    Die Autor:innen der Studie im Labor am ISTA. Professorin Maria Ibáñez, Abayomi Lawal, Erstautor Shengduo Xu und Sharona Horta.
    Die Autor:innen der Studie im Labor am ISTA. Professorin Maria Ibáñez, Abayomi Lawal, Erstautor Shen ...

    © ISTA


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie, Elektrotechnik, Energie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    3D-Druck von Säulen für den thermoelektrischen Kühler. (Videostandbild).


    Zum Download

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    Die Autor:innen der Studie im Labor am ISTA. Professorin Maria Ibáñez, Abayomi Lawal, Erstautor Shengduo Xu und Sharona Horta.


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