20.02.2025
Neue Werte des IMK Inflationsmonitors
Inflation für 5 von 9 Haushaltstypen bei oder unter 2 Prozent, auch staatlich beeinflusste Preise verhinderten noch stärkeren Rückgang
Die Inflationsrate in Deutschland ist im Januar 2025 gegenüber Dezember 2024 von 2,6 auf 2,3 Prozent gesunken und liegt damit nahe beim Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent.
Ähnlich ist das Muster, wenn man auf die Inflationsraten verschiedener Haushaltstypen blickt, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden: Vier von neun Haushaltstypen hatten im Januar Inflationsraten etwas oberhalb des EZB-Ziels, während sie bei fünf Haushaltstypen unter oder bei zwei Prozent lagen, zeigt der neue Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.* Insgesamt reichte die Bandbreite der haushaltsspezifischen Inflationsraten im Januar von 1,7 bis 2,4 Prozent. Das ist ein relativ geringer Unterschied. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 waren es 3,1 Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im Januar 2025 wie in den Vormonaten unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Paaren mit Kindern sowie der von Alleinlebenden mit jeweils niedrigen Einkommen verteuerte sich um je 1,7 Prozent. Dabei wirkte sich aus, dass sowohl aktuelle Preisrückgänge bei Energie als auch der moderate Anstieg bei Nahrungsmitteln im Warenkorb dieser Haushalte ein relativ hohes Gewicht haben, weil beides Güter des Grundbedarfs sind.
Auch die Kernrate, also die Inflation ohne die schwankungsanfälligen Posten Nahrungsmittel (im weiten Sinne) und Energie, sank zwischen Dezember und Januar spürbar von 3,1 auf 2,8 Prozent. Im Jahresverlauf 2025 dürfte sich die Inflationsrate weiter normalisieren und bei gesamtwirtschaftlich zwei Prozent einpendeln, so die Prognose des IMK. Gleichzeitig schwächelt die Wirtschaft im Euroraum, in Deutschland stagniert sie sogar. Daher hält Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik und Autorin des Inflationsmonitors, weitere Zinsschritte für erforderlich. „Da die Leitzinsen trotz der fünf Zinssenkungen seit Juni 2024 noch auf einem Niveau sind, das die Wirtschaft dämpft, sollte die EZB die geldpolitischen Zügel zügig weiter lockern“, schreibt sie.
In der Pflicht sieht die Ökonomin aber auch die künftige Bundesregierung. Diese müsse für eine wirtschaftliche Belebung „die Investitionen ankurbeln und die Energiepreise senken“. Letzteres sei auch noch aus einem anderen Grund sehr sinnvoll, analysiert die Geldpolitik-Expertin. Denn vor allem staatlich beeinflusste Preise haben verhindert, dass die Inflation zum Jahresbeginn 2025 noch stärker zurückging – und sie waren mit verantwortlich dafür, dass der etwas anders berechnete europäische Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) sogar stabil blieb. Zu diesen „staatlich bedingten Preiserhöhungen“ gehörten laut Tober unter anderem die Preisanhebung beim Deutschlandticket, bei den Netzentgelten und beim CO2-Preis. Um „in der aktuell noch angespannten Phase der Desinflation keine staatlich induzierten Erhöhungen des Preisniveaus zu bewirken und die Verteilungswirkung zu Lasten einkommensschwacher Haushalte zu kompensieren“ sollten Erhöhungen „einer Lenkungssteuer wie der CO2-Preis“ an anderer Stelle von gezielten Entlastungen begleitet sein: „Hier bietet sich eine Verringerung des Strompreises an“, so Tober.
Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).
Die längerfristige Betrachtung illustriert, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen von der starken Teuerung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine besonders stark betroffen waren, weil Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Energie in ihrem Budget eine größere Rolle spielen als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Diese wirkten lange als die stärksten Preistreiber, zeigt ein längerfristiger Vergleich, den Tober in ihrem neuen Bericht ebenfalls anstellt: Insgesamt lagen die Verbraucherpreise im Januar 2025 um 20,5 Prozent höher als fünf Jahre zuvor. Damit war die Teuerung fast doppelt so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 10,4 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich sogar um 34,6 Prozent, Energie war trotz der Preisrückgänge in letzter Zeit um 37,1 Prozent teurer als im Januar 2020. Deutlich weniger stark, um 16,7 Prozent, haben sich Dienstleistungen verteuert. Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Oktober 2022 betrug die Teuerungsrate für Familien mit niedrigen Einkommen 11 Prozent, die für ärmere Alleinlebende 10,5 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen hatten damals mit 7,9 Prozent die mit Abstand niedrigste Inflationsrate. Erschwerend kommt hinzu, dass Haushalte mit niedrigeren Einkommen wenig finanzielle Polster besitzen und sich die Güter des Grundbedarfs, die sie vor allem nachfragen, kaum ersetzen oder einsparen lassen.
Im Januar 2025 verteuerten sich die spezifischen Warenkörbe von Haushalten mit niedrigen bis mittleren Einkommen hingegen etwas weniger stark als der Durchschnitt, weil zuletzt vor allem die Preise für Dienstleistungen anzogen, die mit steigendem Einkommen stärker nachgefragt werden. Daher folgten im Vergleich der neun Haushaltstypen auf die Familien und Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen (je 1,7 Prozent Inflation) die Inflationsraten von Alleinlebenden und Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen (je 1,9 Prozent) sowie die von Paarfamilien mit Kindern und mittleren Einkommen (2,0 Prozent). Am oberen Rand des Vergleichs lagen Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen (2,4 Prozent) und Familien mit hohen Einkommen (2,2 Prozent), bei denen sich beispielsweise höhere Preise für Gaststätten- und Hotelbesuche stärker auswirkten. Dazwischen liegen Alleinlebende mit höheren Einkommen und Paare ohne Kinder mit mittleren Einkommen (jeweils 2,1 Prozent, Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten).
-Informationen zum Inflationsmonitor-
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.
Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik
Tel.: 0211-7778-336
E-Mail: Silke-Tober@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
*Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Inflation zu Jahresbeginn 2025 trotz staatlich bedingter Preiserhöhungen bei 2,3 Prozent. IMK Policy Brief Nr. 187, Februar 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009072
Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_02_20.pdf
Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-inflationsmonitor-51365.htm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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