Mit einer Feier zur Amtsübergabe in Halle (Saale) hat die Wirtschaftswissenschaftlerin Bettina Rockenbach heute das Amt der Präsidentin der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina übernommen. Ihr Vorgänger Gerald Haug gibt die Präsidentschaft nach fünfjähriger Amtszeit ab. Der Bundesminister für Bildung und Forschung Cem Özdemir würdigte in seiner Festansprache Haugs Verdienste in herausfordernden Zeiten. Özdemir sprach vom hohen Gut der Unabhängigkeit der Wissenschaft und wünschte Bettina Rockenbach einen erfolgreichen Einstieg. Der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt Thomas Wünsch sprach ein Grußwort.
„Die Leopoldina ist eine Akademie, die sich dem Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere mittels der Beratung von Politik und Gesellschaft verschrieben hat“, sagte Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug in seiner Abschiedsrede. „Unsere vorausschauende und kurzfristige Beratung befindet sich in einem Prozess der stetigen Überprüfung auf Wirksamkeit und Effizienz, so dass ich gespannt bin, wie sie sich weiterentwickeln wird. Eine wesentliche Herausforderung wird es bleiben, die Unabhängigkeit der Leopoldina mit dem Wunsch nach politischer Wirksamkeit immer wieder neu in Einklang zu bringen. Nur wenn wir unsere Unabhängigkeit selbstbewusst vertreten, können wir unsere wissenschaftsbasierte Beratung verantwortungsvoll durchführen.“
In ihrer Rede zum Amtsantritt sagte Prof. Dr. Bettina Rockenbach: „Meinem Vorgänger Gerald Haug bin ich gemeinsam mit allen Mitgliedern der Akademie zu großem Dank verpflichtet. Er hat die Leopoldina als Beraterin von Politik und Gesellschaft noch sichtbarer gemacht. Den zukunftsweisenden Wandel hin zur antizipativen wissenschaftsbasierten Beratung von Gesellschaft und Politik werde ich entschlossen fortsetzen. Die Wissenschaft ist unerlässlich bei der frühzeitigen Identifikation von drohenden Krisen, um die Möglichkeiten der Krisenabwehr und -vorsorge zu verbessern. Diesen Fokus unserer Beratungsaktivitäten auf der Basis des disziplinübergreifenden wissenschaftlichen Engagements unserer Mitglieder werde ich weiter stärken.“
Bundesforschungsminister Cem Özdemir betonte: „Die Unabhängigkeit der Wissenschaft ist ein sehr hohes Gut. Freie Gesellschaften brauchen eine freie Wissenschaft. Sie ist Grundpfeiler eines liberalen Wertesystems und treibende Kraft für Fortschritt, Wachstum und Wohlstand. Deshalb besorgen mich die aktuellen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten sehr.“ Der Minister unterstrich dabei die Bedeutung der Leopoldina und dankte Herrn Professor Haug für sein Engagement: „Die Leopoldina trägt als Nationale Akademie der Wissenschaften zu einer wissenschaftlich aufgeklärten Gesellschaft und einer verantwortungsvollen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse bei. Mit seinem hervorragenden Engagement hat Herr Professor Haug die Akademie in den vergangenen Jahren wegweisend geprägt und erfolgreich durch schwierige Zeiten gelenkt. Ich bin mir sehr sicher, dass die Akademie auch mit ihrer neuen Präsidentin, Frau Professorin Rockenbach, eine herausragende Stimme der Wissenschaft sein wird. Zur Amtsübernahme wünsche ich ihr von Herzen alles Gute und außerordentlichen Erfolg.“
Bettina Rockenbach wurde 2013 als Mitglied in die Sektion Ökonomik und Empirische Sozialwissenschaften der Leopoldina aufgenommen. Seit 2019 ist sie stellvertretende Senatorin dieser Fachsektion. Die Wirtschaftswissenschaftlerin ist seit 2011 Professorin für Verhaltensökonomie an der Universität zu Köln und seit 2018 Direktorin des Reinhard Selten Institute der Universitäten Bonn und Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Design von Mechanismen zur Beförderung von Kooperation in sozialen Dilemma-Situationen und von Rahmenbedingungen für sozial verantwortliches wirtschaftliches Handeln. Zur Bewältigung der drängenden Konflikte des menschlichen Zusammenlebens, wie Ressourcenverteilung, Klimaschutz oder Global Health, ist die Kooperation der Akteure unerlässlich. Die Divergenz von individuellen und gemeinschaftlichen Interessen – das soziale Dilemma – stellt die Zusammenarbeit vor enorme Herausforderungen. Mit Methoden der Spieltheorie und der empirischen Verhaltensökonomie untersucht Bettina Rockenbach die Voraussetzungen für erfolgreiche Kooperation. In ihren Arbeiten trägt sie sowohl zur Grundlagenforschung als auch zur Anwendung der wissenschaftlich gewonnenen Erkenntnisse auf aktuelle Probleme bei. Neben ihrer wissenschaftlichen Expertise bringt Bettina Rockenbach durch ihr Engagement in unterschiedlichen Wissenschaftsgremien und dem Hochschulmanagement umfangreiche Erfahrung im Wissenschaftsmanagement mit. So war sie acht Jahre lang Prorektorin für Forschung und Innovation an der Universität zu Köln. Zuvor war Bettina Rockenbach an der Universität Erfurt von 2006 bis 2008 Dekanin der Staatswissenschaftlichen Fakultät und von 2008 bis 2011 Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Von 2014 bis 2017 war sie Mitglied des DFG-Senats und seit 2020 ist sie Mitglied im ERC Advanced Grant Peer Review Panel (SH1).
Gerald Haug führte die Leopoldina in einer herausfordernden Zeit. Er trat sein Amt 2020 mit Beginn der Coronavirus-Pandemie an und etablierte neue Prozesse der wissenschaftsbasierten Beratung, um auf die große Nachfrage nach kurzfristiger zuverlässiger Information schnell und qualitätsgesichert zu reagieren. Die Bedeutung dieses beschleunigten Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Gesellschaft zeigte sich erneut 2022, als Russland völkerrechtswidrig die Ukraine überfiel und die Leopoldina sich zeitnah zur Sicherung der deutschen Energieversorgung äußerte. Haug war eine der treibenden Kräfte für die internationale Unterstützung der ukrainischen Wissenschaft und führte das Leopoldina-Stipendium für junge ukrainische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein. Im Oktober 2023 verschärfte der Angriff der Hamas auf Israel die geopolitische Lage weiter. Haug stärkte die traditionelle Verbundenheit der Leopoldina mit der israelischen Nationalakademie und kritisierte jedwede Form des Antisemitismus außer- wie innerhalb der Wissenschaft. Trotz der starken Inanspruchnahme durch tagesaktuelle Themen verschaffte die Leopoldina in Haugs Amtszeit Themen wie Umbau der Energieversorgung, Biodiversität, Folgen der Digitalisierung und Global Health öffentliche Aufmerksamkeit. Immer wieder arbeitete er auf globaler Ebene daran, der Klimaforschung und ihren Erkenntnissen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Die Leopoldina führte die internationale Zusammenarbeit in der Politikberatung der G7- und G20-Gipfel erfolgreich weiter, so 2022 als federführende Institution im Science7-Prozess. Wissenschaftspolitisch engagierte sich Haug – u. a. als Sprecher der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisation 2023 – für die Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit nicht nur wider ihre politischen Gegner, sondern auch gegen ihre bürokratische Einhegung.
Fotos von Bettina Rockenbach für journalistische Beiträge über die Amtseinführung können unter folgendem Link abgerufen werden: https://www.leopoldina.org/praesidentin-fotos
Die Abschiedsrede von Gerald Haug (als PDF) ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/Praesident/2025_Abschi...
Die Antrittsrede von Bettina Rockenbach (als PDF) ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/Praesident/2025_Antrit...
Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina:
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat rund 1.700 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.
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Medienkontakt:
Julia Klabuhn
Kommissarische Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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