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26.02.2025 09:35

Unterdrückung des pflanzlichen Immunsystems verschafft Bakterien einen Wettbewerbsvorteil

Dr. Mia von Scheven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung

    Forschende des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln konnten zeigen, dass viele Bakterien, die auf gesunden Pflanzenwurzeln leben, Immunreaktionen der Pflanzen unterdrücken können. Durch die Immunsuppression werden Bakteriengemeinschaften an Wurzeln, die sogenannte Wurzelmikrobiota, gegen den Einfluss durch das pflanzliche Immunsystem geschützt.

    Das Immunsystem von Pflanzen ist ein hochspezialisiertes und sensibles Abwehrsystem, das darauf ausgelegt ist, krankheitserregende Mikroben abzuwehren. Daher überprüfen Pflanzen ständig ihre Umgebung auf bakterielle Merkmale, die als Alarmsignale für die Anwesenheit potenzieller Eindringlinge dienen. Eines der am besten untersuchten Erkennungsmerkmale von Bakterien ist ein Teil von Flagellin, das Bakterien zur Fortbewegung dient. Sobald Flagellin von einem Pflanzenrezeptor namens FLS2 erkannt wird, werden Immunreaktionen aktiviert, und weniger Energie für pflanzliches Wachstum zur Verfügung gestellt. Flagellin kommt jedoch nicht nur bei gefährlichen Bakterien vor, sondern auch bei sogenannten kommensalen Bakterien, die kaum, oder positive Effekte auf die Pflanze haben. Wie also können kommensale Bakterien, die auf allen Pflanzen allgegenwärtig sind und auf gesunden Pflanzen pathogene Bakterien bei weitem übertreffen, die Pflanze besiedeln? Wissenschaftler:innen haben nun ein besseres Verständnis für diesen scheinbaren Widerspruch.

    Die Forschenden unter der Leitung von Ka-Wai Ma und Paul Schulze-Lefert wussten aus früheren Arbeiten, dass 40 % aller Bakterien, die auf gesunden Wurzeln zu finden sind, Immunreaktionen der Pflanze unterdrücken können. Zu diesen 40 % gehören auch Bakterien der Ordnung Xanthomonodales – die eine Kerngruppe der Pflanzenmikrobiota darstellen. Unterdrückung des pflanzlichen Immunsystems wurde dabei anhand der Wurzellänge bestimmt, sprich die Aufhebung von Flagellin-induzierter Hemmung des Wurzelwachstums.

    In einer gezielteren Analyse stellten die Erstautorin Jana Ordon und ihre Kolleg:innen fest, dass die Immunsuppression in der Tat in der Gruppe der Xanthomonadales weit verbreitet ist. Bei der Untersuchung eines dieser Xanthomonodales-Stämme, R179, konnten sie feststellen, dass R179 eine Kombination verschiedener Mechanismen zur Immunosuppression nutzt. Zum einen eliminiert R179 Flagellin und andere Moleküle, die die Immunantwort der Pflanze aktivieren. Die Wissenschaftler:innen identifizierten außerdem zwei R179-Transporterkomponenten, die möglicherweise immunsuppressive Moleküle in den Bereich zwischen dem Bakterium und der Pflanze transportieren. Kommensale Bakterien verfügen somit überraschenderweise, ähnlich wie auch krankheitserregende Bakterien, über ein Repertoire an Mechanismen, um die Immunantwort der Pflanze zu umgehen. Durch die detaillierte Analyse der Pflanzen-Reaktionen konnten die Forschenden den Einfluss der Immunsuppression für wurzelassoziierte Bakteriengemeinschaften untersuchen. R179, das selbst immunogene Moleküle enthält, blockiert nicht nur seine eigene Erkennung durch die Pflanze, sondern schließt andere Mitglieder der mikrobiellen Gemeinschaften in seine Tarnung mit ein. Obwohl R179 selbst kein Flagellin besitzt, verschafft ihm seine Fähigkeit, Flagellin-induzierte Immunantworten zu unterdrücken, einen Wettbewerbsvorteil in einer bakteriellen Gemeinschaft, der es ihm ermöglicht, sich besser als andere zu vermehren. Die Xanthomonadales sind Kernbestandteile der pflanzlichen Mikrobiota und scheinen darauf spezialisiert zu sein, Böden und Pflanzen zu besiedeln.

    Die Ergebnisse der Autoren zeigen, dass die weit verbreitete Fähigkeit, die Immunreaktionen von Pflanzen zu verändern, wahrscheinlich zu dieser Spezialisierung und ihrer zentralen Rolle in der Pflanzenmikrobiota beigetragen hat.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Paul Schulze-Lefert
    Max Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung
    mail: schlef@mpipz.mpg.de


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41477-025-01918-w


    Bilder

    Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) auf Nährmedium. Flagellin aktiviert Immunreaktionen, die Ressourcen auf Abwehr umlenken und das Wachstum reduzieren. Rhodanobacter gleicht dies durch ein Transportsystem und den Abbau von Flagellin aus.
    Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) auf Nährmedium. Flagellin aktiviert Immunreaktionen, die Ress ...
    Jana Ordon
    Jana Ordon


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) auf Nährmedium. Flagellin aktiviert Immunreaktionen, die Ressourcen auf Abwehr umlenken und das Wachstum reduzieren. Rhodanobacter gleicht dies durch ein Transportsystem und den Abbau von Flagellin aus.


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