Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sind besonders gefährdet, an COVID-19 zu erkranken. Da ihr Immunsystem jedoch häufig nur unzureichend auf Impfungen anspricht, sind alternative Schutzmaßnahmen ergänzend zur Impfung besonders wichtig. Die soeben veröffentlichte Phase-III-Studie SUPERNOVA an immungeschwächten Personen zeigt, dass die passive Immunisierung mit dem lang wirksamen monoklonalen Antikörper Sipavibart diese Risikogruppen bis zu 6 Monate vor einer schweren Erkrankung an COVID-19 schützen kann (1).
Immunsupprimierte Menschen haben ein Risiko für schwerwiegende Verläufe
Immunsupprimierte Patienten haben oft eine nur schwache oder fehlende Immunantwort auf Impfstoffe. Dies betrifft insbesondere Menschen nach Nierentransplantationen, Patienten mit hämatologischen Erkrankungen oder unter anderer immunsuppressiver Therapie. „Für diese Gruppen ist COVID-19 weiterhin eine ernsthafte Bedrohung“, betont Professor Dr. med. Julia Weinmann-Menke, Direktorin der Klinik für Nephrologie, Rheumatologie und Nierentransplantation (NTX) der Universitätsmedizin Mainz und Pressesprecherin der DGfN. „Die passive Immunisierung kann deshalb ein entscheidender Schutzmechanismus sein.“
Bei der passiven Immunisierung werden Konzentrate von Antikörpern gespritzt, sodass schnell hohe Antikörperspiegel im Blut vorhanden sind. Diese Vorgehensweise gewährleistet jedoch keinen langfristigen Immunschutz, da die verabreichten Antikörper innerhalb weniger Wochen oder Monate abgebaut werden. Mittlerweile sind jedoch 2 Antikörperformulierungen für Immungeschwächte zum Schutz vor COVID zugelassen, Evusheld und Sipavibart. Dank einer neuartigen Technologie sind sie bis zu 6 Monate im Körper wirksam.
Evusheld, die Kombination Tixagevimab/Cilgavimab, zeigt jedoch gegen die aktuell zirkulierenden Virus-Varianten eine deutlich reduzierte Wirksamkeit. Der monoklonale Antikörper Sipavibart ist eine neue Option, Risikopatienten vor einer symptomatischen oder schweren COVID-19-Erkrankung zu schützen. Das Medikament wurde soeben von der European Medicines Agency (EMA) zugelassen und ist nun verfügbar.
Klinische Studie mit fast 3.500 immungeschwächten Teilnehmenden
Die aktuell im medizinischen Fachjournal The Lancet Infectious Diseases veröffentlichte SUPERNOVA-Studie untersuchte die Wirksamkeit von Sipavibart gegenüber der Kontrollgruppe (Tixagevimab/Cilgavimab oder Placebo) in einer doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie mit 3.335 immunsupprimierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Jahr 2023. Sipavibart reduzierte das Risiko, an jedweder SARS-CoV-2- Variante innerhalb von 6 Monaten zu erkranken, um 34,9 % (97,5 % CI15·0–50·1; p<0·001) und um 42,9 % (95 % CI 19·9–59·3; p=0·001) bei nicht-resistenten Varianten. In den ersten 90 Tagen lag die Risikoreduktion sogar bei 41,9 % (95 % CI 22·5–56·5) beziehungsweise 60,0 % (95 % CI 36·2–74·9).
Zudem erkrankten unter der Behandlung mit Sipavibart weniger Menschen an einer symptomatischen COVID-19- Erkrankung im Vergleich zur Kontrollgruppe (Tixagevimab/Cilgavimab oder Placebo).
Eine Antikörper-Dosis schützt 6 Monate
SUPERNOVA ist die einzige randomisierte Phase-III-Studie, die Wirksamkeitsdaten für die COVID-19-Präexpositionsprophylaxe ausschließlich bei immungeschwächten Patienten liefert. Während viele der bisher verfügbaren Antikörper aufgrund neuer Virusvarianten ihre Wirksamkeit verloren haben, neutralisiert Sipavibart noch immer ein breites Spektrum von SARS-CoV-2-Varianten – obwohl auch hier seit November 2024 resistente Varianten aufgetreten sind. „Zudem bietet eine einzelne Dosis Schutz für 6 Monate, was insbesondere für immungeschwächte Patienten von Vorteil ist, die nicht regelmäßig Impfungen oder andere prophylaktische Maßnahmen erhalten können“, so die Nephrologin.
Immunsupprimierte Patienten dennoch weiterhin gegen COVID-19 impfen
Die passive Immunisierung mit Sipavibart ersetzt jedoch nicht die COVID-19-Impfung. „Wir empfehlen, dass immungeschwächte Patienten weiterhin gemäß den aktuellen Leitlinien gegen COVID-19 geimpft werden sollten.“ Während die Impfung eine breitere Immunantwort ermögliche, biete die passive Immunisierung einen zusätzlichen Schutz für diejenigen, bei denen die Impfantwort unzureichend ist. „Eine Kombination beider Maßnahmen kann das Risiko für schwere Verläufe weiter senken.“
Herausforderungen durch neue Virusvarianten
Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Sipavibart wirkt nicht bei den zunehmend verbreiteten Omikron-Varianten mit sogenannten F456L-Mutationen. „Dabei handelt es sich um eine sogenannte Immun-Escape-Mutation. Dadurch können sich auch Personen mit COVID anstecken, die sich schon einmal mit SARS-CoV-2 einschließlich der Omikronvariante infiziert hatten („Durchbruchsinfektion“)“, erläutert die Nephrologin. „Das unterstreicht, wie wichtig es ist, die Entwicklung neuer monoklonaler Antikörper kontinuierlich voranzutreiben, um mit der Evolution des Virus Schritt zu halten“, erklärt die Expertin.
(1) Efficacy and safety of sipavibart for prevention of COVID-19 in individuals who are immunocompromised (SUPERNOVA): a randomised, controlled, double-blind, phase 3 trial; Haidar, Ghady et al. The Lancet Infectious Diseases, Published February 24, 2025, DOI: 10.1016/S1473-3099(24)00804-1
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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