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23.08.2004 15:17

Antidepressiva und Suizidalität

Anke Schlee Pressereferat
Kompetenznetz Depression

    Statement zur aktuellen Diskussion

    Die Wirksamkeit von Antidepressiva bei der Behandlung depressiver Patienten ist durch zahlreiche Studien gut belegt. Zu Verunsicherung der Patienten und auch mancher Ärzte hat jedoch geführt, dass in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen verstärkt diskutiert wurde, ob Antidepressiva Suizide und Suizidversuche auslösen können.

    Die gegenwärtige Diskussion wurde durch kritische Stellungnahmen von britischen und amerikanischen Arzneimittelbehörden zur Antidepressiva-Behandlung von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen in Gang gebracht. Diese kritischen Äußerungen basieren vor allem darauf, dass die Wirksamkeit von Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen wenig untersucht und belegt ist. Hinzu kam, dass unter der Behandlung mit einer speziellen Gruppe von Antidepressiva, den Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI), bei jungen Patienten suizidale Impulse auftraten. Auch wenn es dabei nicht zu Suiziden kam, so wurde diese Beobachtung vor dem Hintergrund der ungenügenden Wirksamkeitsbelege dieser Medikamente zum Anlass genommen, vor einem breiteren Einsatz von Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen zu warnen.

    In der sich entwickelnden Diskussion wurde das Thema dann auch auf die Gruppe der Erwachsenen ausgeweitet und kontrovers diskutiert. In dieser Diskussion wurde in der Öffentlichkeit, aber auch in einigen Fachmedien, vor allem die mögliche suizidinduzierende Wirkung von SSRI in den Vordergrund gerückt.

    Für die Einschätzung und richtige Gewichtung derartiger Berichte müssen die folgenden Überlegungen und Fakten berücksichtigt werden:

    Bei schweren Depressionen ist Suizidalität ein ständiger dunkler Begleiter. Gerade zu Beginn der Behandlung einer schweren depressiven Episode ist besondere Aufmerksamkeit nötig, da die gewünschte antidepressive Wirkung der Pharmako- oder Psychotherapie oft erst nach zwei bis vier Wochen eintritt, unerwünschte Nebenwirkungen unter Umständen aber sofort spürbar werden. Depressive Patienten neigen dazu, Veränderungen in ihrem Befinden und ihrer Umwelt äußerst negativ und als Ausdruck der Hoffnungslosigkeit der Situation zu interpretieren. Auch leichtere Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Übelkeit werden so von Patienten im Rahmen der depressiven Erkrankung als Zeichen einer dramatischen Verschlechterung missverstanden. Bei schwer Erkrankten genügen oft auch kleinste Anlässe als Anstoß zur Ausführung suizidaler Handlungen.

    Außerdem können mit Besserung des Antriebs und wachsender Energie, die der Patient verspürt, möglicherweise suizidale Impulse leichter umgesetzt werden. Dies gilt allerdings für alle Antidepressiva und auch für Psychotherapie. Spekulationen, dass SSRI in besonderem Maße die Gefahr der Suizidinduktion bergen, sind nicht nur nicht belegt, sondern können durch neuere Untersuchungen* weitgehend ausgeschlossen werden.

    In zahlreichen Studien* an Erwachsenen konnte gezeigt werden, dass es unter konsequenter Behandlung mit SSRI oder anderen Antidepressiva zum Abklingen von Suizidgedanken und -impulsen kommt. Antidepressiva können insbesondere auch das Risiko des Wiederauftretens einer depressiven Episode reduzieren. Dies ist bei Erwachsenen unbestritten. "Es wäre tragisch, wenn durch eine unausgewogene Diskussion in diesem Bereich Patienten verunsichert und eine oft lebensrettende Behandlung mit Antidepressiva unterbleiben würde" resümiert Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Psychiater an der Ludwig Maximilians-Universität München und Sprecher des Kompetenznetz Depression, Suizidalität.

    * Weitere Informationen, insbesondere das
    ausführliche Statement von Prof. Dr. Hegerl
    zur Diskussion um Antidepressiva und Suizidalität,
    erhalten Sie auf Wunsch beim:
    Kompetenznetz Depression, Suizidalität
    Anke Schlee
    Nußbaumstraße 7, 80336 München
    Telefon 089/ 5160-5553 Fax 089/ 5160-5557
    Anke.Schlee@med.uni-muenchen.de
    www.Kompetenznetz-Depression.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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