Die Arktis zählt zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. Die Temperatur ist hier in den letzten Jahrzehnten etwa viermal so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt. Warum sich die Arktis so viel stärker erwärmt als die übrige Erdoberfläche und welche Auswirkungen dies hat, erforscht die vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Goethe-Universität Frankfurt koordinierte Messkampagne ASCCI. Mit Messflügen in die Region, die aktuell bis Anfang April stattfinden, wollen die Forschenden Ursachen und Auswirkungen des arktischen Klimawandel besser verstehen.
Die Messkampagne ASCCI (steht für: „Arctic Springtime Chemistry-Climate Investigations“) beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie Ozon und Wasserdampf in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre – also in Höhen zwischen etwa fünf und 15 Kilometern – den arktischen Klimawandel beeinflussen oder auch von ihm beeinflusst werden. Dazu untersucht die Kampagne speziell die Prozesse, die im Frühjahr stattfinden. Zu diesen gehört unter anderem der Abbau des stratosphärischen Ozons. Vor allem in Jahren mit kalter Stratosphäre laufen ähnliche Prozesse wie beim antarktischen Ozonloch ab und ein signifikanter Teil der arktischen Ozonschicht kann zerstört werden.
„Es gibt in der Stratosphäre wärmere und kältere Winter, das ist eine ganz normale Variabilität von Jahr zu Jahr. Darüber hinaus beobachten wir aber, dass durch die Zunahme von Treibhausgasen die Stratosphäre immer kälter wird, während die Temperaturen am Boden und in der Troposphäre immer weiter ansteigen“, sagt Professor Björn-Martin Sinnhuber vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT, der die Kampagne gemeinsam mit Professor Andreas Engel von der Universität Frankfurt koordiniert. „In diesem Winter waren die gemessenen Temperaturen in der arktischen Stratosphäre kälter als je zuvor. Und obwohl Fluorchlorkohlenwasserstoffe und andere ozonzerstörende Substanzen schon seit Jahrzehnten nicht mehr produziert werden, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis sie vollständig aus der Atmosphäre verschwunden sind.“ Die Chlorverbindungen werden bei Temperaturen unter minus 78 Grad Celsius chemisch so umgewandelt, dass sie die Ozonschicht angreifen und teilweise zerstören. „Unsere Messungen von der Universität Frankfurt quantifizieren, wie viel ozonschädigendes Chlor und Brom in der Stratosphäre vorhanden ist. Es reicht auf jeden Fall noch aus, um bei den kalten Bedingungen chemische Prozesse anzustoßen, die zu menschgemachtem Ozonabbau führen können“, erläutert Andreas Engel.
Gleichzeitig befindet sich durch den Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga-Tonga vor drei Jahren immer noch deutlich mehr Wasser in der Stratosphäre als normal. Wie sich das auf die Ozonschicht auswirkt, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenfalls während ASCCI untersuchen.
Luftschadstoffe und ihre Auswirkungen in der Arktis besser verstehen
Zudem werden im Frühjahr vor allem Luftschadstoffe in die Arktis transportiert, die dort als kurzlebige Treibhausgase wirken können. Ein weiteres Ziel der Kampagne ist es, diese Prozesse durch gezielte Messungen besser nachzuvollziehen. Die Messflüge finden mit dem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen Forschungsflugzeug HALO statt, das bis April im nordschwedischen Kiruna stationiert ist. Ein zentrales Messinstrument an Bord ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das Forschende des KIT gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich entwickelt haben. Es zählt zu den wenigen Instrumenten weltweit, das hochaufgelöste vertikale Verteilungen einer Vielzahl von Spurenstoffen in großen Höhen messen kann.
Neben den wissenschaftlichen Zielen der Kampagne dienen die Messungen auch der Vorbereitung der Satellitenmission CAIRT, die klären soll, wie die Erdatmosphäre auf den Klimawandel reagiert. Das vom KIT koordinierte Konzept wurde von der ESA als einer von zwei verbliebenen Kandidaten für eine Erdbeobachtungsmission, den Satelliten „Earth Explorer 11“, ausgewählt. Die endgültige Entscheidung fällt in der zweiten Jahreshälfte 2025.
An der ASCCI-Kampagne sind neben dem KIT und der Goethe-Universität Frankfurt auch das Forschungszentrum Jülich, das DLR sowie die Universität Heidelberg, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und die Bergische Universität Wuppertal beteiligt.
Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO (steht für: „High Altitude and Long Range Research Aircraft“) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des KIT, des Forschungszentrums Jülich und des DLR. Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs.
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Sandra Wiebe, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-41172, sandra.wiebe∂kit.edu
https://halo-research.de/sience/halo-missions/current-missions/ascci/
https://www.dlr.de/de/forschung-und-transfer/projekte-und-missionen/halo
https://www.kit.edu/kit/pi_2023_096_kit-plant-klimaforschung-im-weltraum.php
https://www.klima-umwelt.kit.edu/
Forschungsflug mit HALO am 04. März 2025 in die Arktis über Spitzbergen in rund 13 Kilometern Höhe. ...
Thomas Gulde, KIT
Das Forschungsflugzeug HALO bei der Ankunft im nordschwedischen Kiruna. An der Rumpfunterseite das v ...
Marina Schimpf, DLR
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Meer / Klima
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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