Neues Fachbuch stellt das offene Wachstum der Pflanzen und die Parallele Evolution von Merkmalen in den Mittepunkt einer aktualisierten und illustrierten Darstellung der organismischen Botanik.
Seit der „molekularen Revolution“ in den 1990-er Jahren hat sich die Lehr- und Forschungslandschaft der Biologie grundlegend verändert. Dabei laufen die traditionellen Disziplinen wie z. B. die Pflanzenmorphologie Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Diesem Trend stellt Prof. Dr. Regine Claßen-Bockhoff ihr Sachbuch „Die Pflanze. Morphologie, Entwicklung und Evolution von Vielfalt" entgegen. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der die universitäre Lehre kaum noch Grundlagen der organismischen Botanik vermittelt, besteht die Notwendigkeit, das pflanzenmorphologische Grundwissen zusammenzufassen, zu aktualisieren, zu illustrieren und in einen Bezug zur aktuellen biologischen Forschung zu setzen“ so die Autorin.
Offenes Wachstum
Die Pflanzenmorphologie ist eine der ältesten biologischen Disziplinen und bildet das konzeptionelle und terminologische Fundament der Pflanzenwissenschaften. Die Grundlagen, die im 20. Jahrhundert in umfangreichen Standardwerken zusammengestellt worden sind, erscheinen noch heute in fast unveränderter Form in den einschlägigen Lehrbüchern. Dabei hat sich das Verständnis der Pflanzenmorphologie als einer beschreibenden Hilfswissenschaft der Systematik in den letzten Jahrzehnten entscheidend verändert. Eine moderne Pflanzenmorphologie sucht die „Formbildung der Pflanzen als Ergebnis von phylogenetischem Erbe, Entwicklungsmöglichkeiten und Anpassungszwängen zu ergründen und steht in enger Beziehung zur Evolutionsbiologie, phylogenetischen Systematik, Ökologie und Entwicklungsgenetik“, erläutert Claßen-Bockhoff.
Der Leitgedanke des neu erschienenen Buches stellt erstmals die Entwicklungsdynamik der Pflanzen in den Vordergrund, die durch das offene Wachstum der Pflanze geprägt ist. Im Gegensatz zum Tier wächst die Pflanze zeitlebens fort, entwickelt Organe, wirft sie ab und bildet sie in veränderter Form wieder neu. Dabei entwickelt sie riesige Oberflächen, die ihre Mobilität einschränken und zu einer ortsgebundenen Lebensweise führen. Die Pflanze überlebt Hitze, Frost, Parasiten und Fressfeinde, indem sie Schutzstrukturen und „chemische Waffen“ entwickelt, und lockt im Falle der Blütenpflanzen Bestäubungsvermittler und Samenausbreiter durch Farben, Düfte und Lockstoffe an.
Parallele Evolution
Unter Einbeziehung paläobotanischer Fossilfunde und phylogenetisch begründeter Verwandtschaftsverhältnisse rekonstruiert Claßen-Bockhoff die Evolution der Landpflanzen vom Landgang der frühen Formen im Silur bis hin zur aktuellen Biodiversität. Dabei wird deutlich, „dass Evolution auf Kooperation beruht, dass Krisen immer auch Optionen enthalten und dass Vielfalt das Überleben sichert“, fasst Claßen-Bockhoff zusammen. Sie belegt an zahlreichen Beispielen, dass sich Vegetationskörper und Organe, Wuchsformen und Lebensweisen, Reproduktionssysteme, Bestäubungsmechanismen und Ausbreitungsprozesse in vielfältiger Weise und oftmals parallel entwickelt haben. „Diese Vielfalt lässt sich nicht an Modellorganismen zeigen, sondern nur anhand einer Fülle von Beispielen. Die reiche Illustration des Buches verschafft die notwendige Anschaulichkeit und erlaubt die schnelle Wiedererkennung von eigenen Beobachtungen“, so Claßen-Bockhoff.
Fachbuch fürs Studium und darüber hinaus
Das Buch beeindruckt nicht nur durch seinen Umfang, sondern vor allem durch die Fülle an Informationen, die mit Unterstützung zahlreicher Fachkollegen und Spezialistinnen auf den aktuellen Stand gebracht wurden. Es richtet sich an Bachelor- und Masterstudierende der Biologie, die es zur Vertiefung des in den Lehrveranstaltungen vermittelten Wissens nutzen können, an Lehrende, die schulische und universitäre Veranstaltungen durchführen, und an alle Interessierte, die neugierig auf Pflanzen sind. Bisweilen geht der Inhalt über das Grundwissen hinaus und weist auf aktuelle Forschungsschwerpunkte hin. Exkurse ergänzen den Text um wissenswerte Details oder laden zur kritischen Auseinandersetzung mit offenen Fragen ein.
Das Buch ist bei Springer Spektrum erschienen. Studierende und Angehörige der JGU können sich einzelne Kapitel oder das ganze e-book kostenfrei herunterladen und so in den Lehrveranstaltungen bequem nutzen. (https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-65443-9).
Regine Claßen-Bockhoff hat Biologie an der RWTH Aachen studiert und war von 1998 bis 2020 Professorin am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie (iomE) der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. In der Lehre vertrat sie die Diversität der Blütenpflanzen von der zellulären Anlage der Strukturen bis hin zu deren Funktion im Lebensraum. Ihre noch andauernden Forschungstätigkeit liegt im Bereich der Biologie von Blüten und Blütenständen.
Prof. i.R. Dr. Regine Claßen-Bockhoff
Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie
Fachbereich Biologie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-24103
E-Mail: classen@uni-mainz.de
https://plants2.iome.uni-mainz.de/prof-dr-regine-classen-bockhoff/
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-65443-9
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler
Biologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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