Forschende vom Lehrstuhl für Biomaterialien an der Universität Bayreuth haben den Mechanismus entdeckt, mit dem sich das häufigste menschliche Protein Kollagen erfolgreich selbst zusammensetzt. Sie identifizierten elektrostatische Kräfte, die diese sogenannten Selbstorganisation von Kollagen unterstützen und zur Stabilität des Proteins beitragen. Darüber berichten sie in Nature Communications.
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What for?
Kollagene sind die häufigsten Proteine im menschlichen Körper, sie kommen in Haut, Knochen, Zähnen und Hornhaut vor. Fehlbildungen von Kollagenen gehören zu den Hauptursachen von Erbkrankheiten, darunter die Glasknochenkrankheit, bei der die Knochen vieler Erkrankter bereits unter geringer Krafteinwirkung brechen, während andere kaum Symptome haben. Die Mechanismen der Selbstorganisation von Kollagenen zu entschlüsseln kann also zum Verständnis der Entstehung von Krankheiten und der Bandbreite an Schweregraden beitragen.
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Auf molekularer Ebene bestehen Kollagene aus einer seilartigen Struktur aus drei ineinander verschlungenen Strängen, die sogenannte Tripelhelix. Die Selbstorganisation von Kollagenen beginnt an einem Ende dieser Struktur und läuft wie ein Reißverschluss zum anderen Ende fort. Die einzelnen Stränge sind jedoch häufig lang und biegsam, was das Fortlaufen stören kann. Forschende der Arbeitsgruppe „Kollagen – Struktur, Funktion und Biomaterialien“ um Dr. Abhishek Jalan am Lehrstuhl für Biomaterialien der Universität Bayreuth haben nun elektrostatische molekulare Kräfte identifiziert, die die bereits selbstorganisierten Bereiche der Tripelhelix festhalten. Dadurch kann die Selbstorganisation der verbleibenden Strangreste erfolgreich weiterlaufen.
Genauer haben die Forschenden entdeckt, dass bestimmte Aminosäuren innerhalb der Kollagene Brücken aus Salzen bilden, die die Stabilität der Proteine erhöhen. Untersuchungen zeigen, dass die insgesamt 28 bekannten Kollagentypen durchschnittlich 50 solcher Brücken aufweisen. Im Gegensatz dazu haben fehlgebildete Kollagene eine drastisch reduzierte Anzahl von Salzbrücken. „Die Brücken zwischen den Aminosäuren fungieren als elektrostatische Klammern, die die bereits miteinander verschlungenen Stränge der Tripelhelix fixieren und es den verbliebenen Regionen der Stränge ermöglichen, sich zu organisieren. Diese Brücken verhindern zudem ein lokales Auflösen bereits organisierter Kollagenstränge“, sagt Jalan.
Die Salzbrücken im Protein haben allerdings nicht nur Einfluss auf die Stabilität: Die Bayreuther Forschenden haben herausgefunden, dass Mutationen, die diese Brücken beeinträchtigen, mit schwereren oder sogar tödlichen Krankheiten verbunden sind. „Beispielsweise hat die Glasknochenkrankheit ein breites Spektrum an Schweregraden. Manche Formen zeigen keine klinischen Symptome, während andere zum Tod führen. Der Einfluss der Mutationen auf die Salzbrücken gibt nun erstmals einen Ansatzpunkt, dieses Spektrum zu verstehen und herauszufinden, weshalb manche Mutationen in Kollagenen zu schwereren Verläufen führen als andere“, so Jalan.
Die Studie ist das Ergebnis einer jahrelangen Zusammenarbeit zwischen der Universität Bayreuth, der University of Cambridge und dem Centre national de la recherche scientifique (CNRS) Lyon, die 2016 mit Dr. Abhishek Jalans Forschungsaufenthalt in Cambridge begann.
Dr. Abhishek Jalan
Gruppenleiter „Kollagen – Struktur, Funktion und Biomaterialien“
Lehrstuhl für Biomaterialien
Universität Bayreuth
Tel.: +49 (0)921 / 55-6728
E-Mail: abhishek-anan.jalan@uni-bayreuth.de
Originalpublikation: Deciphering the folding code of collagens. Jean-Daniel Malcor, Noelia Ferruz, Sergio Romero-Romero, Surbhi Dhingra, Vamika Sagar & Abhishek A. Jalan. Nature Communications (2025)
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-024-54046-y
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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