idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.08.2004 09:05

Elektroschocks als Strafe - und als Belohnung

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Wie schön, wenn der Schmerz nachlässt! Diese Erfahrung machen nicht nur Menschen, sondern auch Fruchtfliegen. Wenn man die kleinen Insekten bestraft und sie gleich danach einen bestimmten Duft riechen lässt, dann stufen sie genau diesen Geruch später als positiv ein. Das berichten Forscher von der Uni Würzburg in der neuen Ausgabe der Zeitschrift "Nature".

    Hiromu Tanimoto, Martin Heisenberg und Bertram Gerber vom Würzburger Biozentrum sind bei ihren Experimenten mit der Fruchtfliege Drosophila einen ungewöhnlichen Weg gegangen. "Fast immer werden Lernversuche so gemacht, dass den Tieren erst ein Reiz vorgesetzt wird, dem dann sofort beispielsweise eine Bestrafung folgt", erklären die Forscher. Dadurch bewerten die Tiere den Reiz im folgenden als negativ. Das konnten die Würzburger bei ihren Experimenten jetzt bestätigen - aber sie drehten den Versuch auch um.

    Einige der Insekten wurden erst mit einem Duft konfrontiert und dann mit einem leichten Elektroschock bestraft. Hatten sie diese Prozedur mehrmals durchlaufen, gingen sie dem Schmerz verheißenden Geruch zielstrebig aus dem Weg. Die Wissenschaftler untersuchten nun die andere Seite der Medaille: Eine weitere Gruppe von Fliegen wurde zuerst bestraft und durfte den Duft erst danach schnuppern. Jetzt verbanden die Tiere den Geruch mit etwas Positivem - dem Nachlassen des Schmerzes. Der Beweis: Bekamen sie anschließend verschiedene Düfte zu riechen, so hielten sie sich am liebsten im Dunstkreis desjenigen Duftes auf, den sie nach dem Schockereignis wahrgenommen hatten.

    Ein einziger Duft, eine einzige Bestrafungsmethode - aber entgegengesetzte Lernergebnisse. "Womöglich erzeugt jedes Schockereignis immer zwei entgegengesetzte Gedächtnisse", sagen die Würzburger Forscher: Die vor dem Schmerz registrierten Sinneseindrücke bleiben als unangenehm in Erinnerung, als Zeichen für Gefahr. Hört der Schock dann auf, werden die direkt folgenden Eindrücke im Gehirn in der Schublade für Positives, Rettendes abgelegt.

    Auf das Verhalten der Fruchtfliegen wirkt sich das Wegnehmen des Schocks also ähnlich aus wie eine Belohnung. Hier stellt sich den Neurobiologen nun eine spannende Frage. Sie wissen bereits, das verschiedene Nervenzellen die Fliegen beim Lernen dazu bringen, eine Belohnung "gut" und eine Bestrafung "schlecht" zu finden. Jetzt wollen die Forscher herausfinden: Was passiert auf der Ebene der Nervenzellen, wenn die Fliege durch das Wegfallen einer Bestrafung "belohnt" wird? Hiervon versprechen sich die Würzburger weitere Einblicke in die Auswirkungen, die schmerzhafte Erfahrungen auf Gehirn und Verhalten haben.

    Hinweis für Redaktionen/Journalisten: Eine pdf-Datei mit der Originalarbeit können Sie bei der Pressestelle der Uni Würzburg anfordern, T (0931) 31-2401
    emmerich@zv.uni-wuerzburg.de

    Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Bertram Gerber, T (0931) 888-4483, Fax (0931) 888-4452
    bertram.gerber@biozentrum.uni-wuerzburg.de

    Hiromu Tanimoto, Martin Heisenberg, Bertram Gerber: "Event timing turns punishment to reward", Nature 430, 26. August 2004, Seite 983

    Kurzfassung:
    Elektroschocks als Strafe - und als Belohnung

    Wie schön, wenn der Schmerz nachlässt! Diese Erfahrung machen nicht nur Menschen, sondern auch Fruchtfliegen. Das fanden Hiromu Tanimoto, Martin Heisenberg, und Bertram Gerber vom Würzburger Biozentrum heraus. Sie konfrontierten die Insekten mit einem Duft und bestraften sie dann mit einem leichten Elektroschock. Hatten die Fliegen diese Prozedur mehrmals durchlaufen, gingen sie dem Schmerz verheißenden Geruch zielstrebig aus dem Weg. Die Würzburger Forscher untersuchten dann die andere Seite der Medaille: Eine weitere Gruppe von Fliegen wurde zuerst bestraft und durfte den Duft erst danach schnuppern. Jetzt verbanden die Tiere den Geruch mit etwas Positivem - dem Nachlassen des Schmerzes. Beweis: Hatten sie anschließend die Wahl zwischen mehreren Gerüchen, so hielten sie sich am liebsten bei dem Duft auf, den sie nach dem Schockereignis wahrgenommen hatten. Auf das Verhalten der Fruchtfliegen wirkt sich das Wegnehmen des Schocks also genau so aus wie eine Belohnung.


    Bilder

    Zwei Seiten einer Medaille: Ein Schock bringt bei Fruchtfliegen zwei Gedächtnisse hervor. Das Bild zeigt den Kopf einer Fliege mit den großen Facettenaugen. Darunter sind die Mundwerkzeuge, daneben die Antennen zu sehen. Bild: Pavel Masek
    Zwei Seiten einer Medaille: Ein Schock bringt bei Fruchtfliegen zwei Gedächtnisse hervor. Das Bild z ...

    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Zwei Seiten einer Medaille: Ein Schock bringt bei Fruchtfliegen zwei Gedächtnisse hervor. Das Bild zeigt den Kopf einer Fliege mit den großen Facettenaugen. Darunter sind die Mundwerkzeuge, daneben die Antennen zu sehen. Bild: Pavel Masek


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).