Die Erderhitzung könnte in den nächsten tausend Jahren stärker ausfallen als bisher angenommen – das zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Demnach ist das Ziel des Pariser Abkommens, den Temperaturanstieg deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten, nur erreichbar in Szenarien mit sehr niedrigen Emissionen und bei einer geringeren Klimasensitivität als derzeit in der besten Schätzung angenommen. Die Studie ist die erste, die langfristige Klimaprojektionen über 1.000 Jahre erstellt und dabei alle derzeit bekannten wichtigen Rückkopplungen im Kohlenstoffkreislauf – einschließlich Methan – berücksichtigt.
“Selbst in Emissionsszenarien, die als ‘sicher’ gelten und in denen die Erwärmung unter 2 Grad Celsius bleiben soll, könnten Klima- und Kohlenstoffkreislauf-Rückkopplungen wie das Auftauen von Permafrost die Temperaturen deutlich über diesen Schwellenwert treiben“, sagt PIK-Wissenschaftlerin Christine Kaufhold, Hauptautorin der in Environmental Research Letters veröffentlichten Studie. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die maximale Erwärmung in niedrigen bis moderaten Emissionsszenarien viel stärker ausfallen könnte als bisher angenommen.“
Die Untersuchung betrachtet die langfristigen Folgen des menschengemachten Klimawandels und verdeutlicht, dass selbst kleine Veränderungen in den Emissionen eine viel stärkere Erderhitzung auslösen könnten als aktuell erwartet – was es noch schwieriger macht, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. „Das unterstreicht die Dringlichkeit, Emissionen schneller zu reduzieren und CO₂ aktiv aus der Atmosphäre zu entfernen“, so Kaufhold.
Die meisten bisherigen Studien erfassen den Zeitpunkt der maximalen Erwärmung nicht, da sie spätestens im Jahr 2100 oder 2300 enden. Durch längere Simulationen und die Einbeziehung aller wichtigen Rückkopplungen im Kohlenstoffkreislauf, einschließlich Methan, konnten die Forschenden abschätzen, wie stark diese Rückkopplungen zur Erderhitzung beitragen und wann der maximale Temperaturanstieg erreicht sein könnte.
Das Forschungsteam nutzte das neu entwickelte Erdsystemmodell CLIMBER-X des PIK, um künftige Klimaszenarien über die nächsten tausend Jahre zu simulieren – basierend auf drei niedrigen bis moderaten Emissionspfaden, die mit aktuellen Trends der Dekarbonisierung übereinstimmen. CLIMBER-X integriert zentrale physikalische, biologische und geochemische Prozesse, darunter den Zustand der Atmosphäre und der Ozeane. Zudem bildet es einen interaktiven Kohlenstoffkreislauf ab, einschließlich Methan, um zu simulieren, wie das Erdsystem auf unterschiedliche Klimaeinflüsse wie veränderte menschengemachte Treibhausgasemissionen reagiert.
+++ Klimasensitivität bestimmt die zukünftige Erderhitzung +++
Die Simulationen der Studie berücksichtigen eine sogenannte Spanne der Gleichgewichts-Klimasensitivität (equilibrium climate sensitivities, ECS) zwischen 2 und 5 Grad Celsius, die vom Weltklimarat IPCC als „sehr wahrscheinlich“ eingestuft wird. Die ECS gibt an, wie stark die globale Temperatur ansteigt, wenn sich die CO₂-Konzentration verdoppelt. Sie ist eine zentrale Größe zur Abschätzung, wie das Erdsystem auf höhere Treibhausgasemissionen reagiert.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Ziel des Pariser Abkommens nur in Szenarien mit sehr niedrigen Emissionen und bei einer Klimasensitivität unterhalb der aktuellen besten Schätzung von 3 Grad Celsius erreichbar ist“, sagt PIK-Wissenschaftler Matteo Willeit, der an der Arbeit beteiligt war. „Liegt die ECS über 3 Grad Celsius, muss die Reduktion von Emissionen noch schneller erfolgen als bisher angenommen, um das Pariser Ziel in Reichweite zu halten.“ Die Forschungsergebnisse unterstreichen die entscheidende Rolle der Klimasensitivität für die zukünftige Erwärmung und machen deutlich, welche Risiken die bestehenden Unsicherheiten mit sich bringen. Sie zeigen zudem die Notwendigkeit, den ECS-Wert präziser zu bestimmen.
“Unsere Forschung macht unmissverständlich klar: Was wir heute tun, wird das Leben auf diesem Planeten für Jahrhunderte prägen“, sagt PIK-Direktor Johan Rockström, Mitautor der Studie. „Das Zeitfenster, um die Erwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten, schließt sich schnell. Wir sehen bereits, dass das Erdsystem an Stabilität verliert – das könnte Rückkopplungen auslösen, welche die Klimasensitivität erhöhen und damit zu beschleunigter Erwärmung und Abweichungen von bisherigen Prognosen führen. Um einer lebenswerten Zukunft willen müssen wir unsere Anstrengungen zur Emissionsminderung unbedingt steigern. Das Pariser Abkommen ist nicht nur ein politisches Ziel, sondern eine physikalische Grenze.”
Artikel: Kaufhold, C., Willeit, M., Talento, S., Ganopolski, A., Rockström, J. (2025): Interplay between climate and carbon cycle feedbacks could substantially enhance future warming. Environmental Research Letters. [DOI: 10.1088/1748-9326/adb6be]
Weblink zum Artikel: https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/adb6be
Kaufhold, C., Willeit, M., Talento, S., Ganopolski, A., Rockström, J. (2025): Interplay between climate and carbon cycle feedbacks could substantially enhance future warming. Environmental Research Letters. [DOI: 10.1088/1748-9326/adb6be]
https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/staerkere-erderhitzung-durch...
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