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26.08.2004 13:12

Jüngster Patient weltweit erhielt beidseitig Cochlear-Implantate

Dr. Arnd Schweitzer Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    Die Hightech-Hörhilfen ermöglichen normalen Spracherwerb

    Nur vier Monate (126 Tage) alt war der kleine Kevin aus Köln, als er am 18. August 2004 in der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) beidseitig mit Hightech-Hörhilfen, so genannten Cochlear-Implantaten (CI), versorgt wurde. Das OP-Team um HNO-Oberarzt Dr. Burkard Schwab, die OP-Pflegekräfte und die Anästhesisten um Dr. Michael Przemeck pflanzten Kevin beidseits die CI ein. Der Eingriff dauerte insgesamt vier Stunden. "Unseres Wissens ist er weltweit der jüngste Patient, der beidseitig die elektronischen Hörprothesen erhielt", sagt Professor Dr. Thomas Lenarz, Direktor der HNO-Klinik der MHH.

    Kevin litt an einer plötzlichen Taubheit, die durch eine Hirnhautentzündung (Meningitis) entstanden war. Das Problem: Wird die Taubheit nicht sofort behandelt, entsteht ein Narbengewebe, das zu einer Verknöcherung des Innenohres, der Cochlea, führt. "Wenn das Kind nichts hört, lernt es nicht oder nur sehr schlecht sprechen. Eine frühzeitige Operation ist deshalb notwendig, um dem Kind die Möglichkeit einer nahezu normalen Entwicklung zu geben", sagt Professor Lenarz.

    Was ist ein Cochlear-Implantat?

    Ein Cochlear-Implantat (CI) ist eine elektronische Hörhilfe. Es kann verlorene Hörfähigkeit ersetzen und ermöglicht Taubgeborenen ein erstmaliges Hören. Das CI besteht aus einem Mikrofon, einem Sprachprozessor in der Größe einer Zigarettenschachtel, einer Sendespule und dem eigentlichen Implantat mit Elektrodenträgern. Das Implantat wird unter der Haut in den Knochen hinter dem Ohr eingesetzt und der Elektrodenträger wird in die Hörschnecke (Cochlea) des Innenohrs eingeführt. Das Mikrofon, das hinter dem Ohr oder an der Sendespule getragen werden kann, nimmt den Schall auf und leitet ihn zum Sprachprozessor, einer Art Computer. Hier wird er mit Hilfe spezieller Programme in elektrische Impulse umgewandelt und zur Sendespule geleitet. Diese überträgt die Signale an die Elektroden, die dann direkt den benachbarten Hörnerv reizen. Die erzeugten Reizmuster werden zum Gehirn geleitet und lösen einen Höreindruck aus. Das Implantat hilft allerdings nur dann, wenn der Hörnerv noch intakt ist. Seit mehr als 20 Jahren steht das Cochlea Implantat schwerhörigen Menschen zur Verfügung.

    Cochlear-Implantate in der MHH

    1984 setzte Professor Dr. Dr. Ernst Lehnhardt, damaliger Direktor der Abteilung Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der MHH, europaweit das erste Cochlear-Implantat ein. Vier Jahre später folgte der erste CI-Einsatz bei einem Kind. Mittlerweile versorgen die Ärzte der MHH pro Jahr etwa 220 Patienten mit Cochlear-Implantaten, davon sind 60 Prozent Kinder.

    In den vergangenen Jahren konnten Kinder immer früher operiert werden, da die Hörschäden durch das Neugeborenen-Hörscreening immer früher auffielen. Seit dem ersten Eingriff 1984 wurden bereits mehr als 2.500 Patienten in der MHH mit einem CI versorgt.

    Wem helfen Cochlear-Implantate?

    Für eine Implantation kommen alle Patienten in Frage, die an einer beidseitigen Innenohrtaubheit leiden und denen ein Hörgerät kein ausreichendes Hörvermögen ermöglicht. Wenn bei Neugeborenen die Taubheit bereits während der ersten Lebenstage entdeckt wird, sollte die Implantation zwischen dem sechsten und zwölften Lebensmonat erfolgen. Bei Patienten, die durch eine Hirnhautentzündung (Meningitis) ertauben, ist eine Implantation unmittelbar nach dem Ausheilen notwendig - dies gilt insbesondere für Kinder. Nur dann haben sie beste Chancen, ein praktisch normales Hör- und Sprachvermögen zu entwickeln. Auch bei Erwachsenen sollte die Operation möglichst schnell nach dem Ertauben durchgeführt werden.

    Zukünftige Entwicklungen/ Projekte der MHH

    Künftig sollen die Implantate noch besser werden - bis hin zu einem nahezu natürlichen Höreindruck. Die Elektrodensysteme benötigen mehr Kontaktstellen (beispielsweise 200 statt der jetzt üblichen 22) oder einen direkten Kontakt mit den Hörnerven. Hier setzt der Sonderforschungsbereich 599 der MHH zur Biomedizintechnik an, der sich auch mit alternativen Verfahren wir Hirnstamm-Implantaten beschäftigt.

    Weitere Informationen gibt gern Professor Dr. Thomas Lenarz, Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der MHH, Telefon: (0511) 532-6565, E-Mail: lenarz@hno.mh-hannover.de.

    Im Internet: www.hoerzentrum-hannover.de oder www.cic-hannover.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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