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25.03.2025 09:00

Waren grosse Natronseen die Wiege des Lebens?

Franziska Schmid Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Leben braucht genügend Phosphor. Das Element ist jedoch knapp, nicht nur heute, auch schon beim Ursprung des Lebens. Wo also gab es vor vier Milliarden Jahren genügend Phosphor, damit Leben entstehen konnte? Ein Team von Origin-of-Life-Forschenden hat eine Antwort.

    Neben Stickstoff und Kohlenstoff ist Phosphor ein essenzielles Element für das Leben auf der Erde. Es ist ein zentraler Bestandteil von Molekülen – zum Beispiel die DNA, die RNA, welche der Übertragung und Speicherung von genetischer Information dienen oder das ATP (Adenosintriphosphat), das Zellen zur Energiegewinnung benötigen.

    Auch in Bezug auf den Ursprung des Lebens dürfte Phosphor eine Schlüsselrolle gespielt haben. Damit biochemische Prozesse, die dem Leben vorausgehen, ins Laufen kommen können, braucht es bestimmte Bedingungen. Eine davon ist ausreichend Phosphor. Seine Verfügbarkeit reguliert das Wachstum und die Aktivitäten von Organismen. Anders als Stickstoff oder Kohlenstoff ist Phosphor auf der Erdoberfläche relativ selten – das galt in der Ära bevor es Leben gab genauso wie heute.

    Gerade weil Phosphor selten und so schwer verfügbar ist, aber von Lebewesen stark nachgefragt ist, wundern sich Wissenschaftler:innen seit langem, wie überhaupt Leben entstehen konnte.

    Um diese Frage zu beantworten, führten sie unter anderem im Labor Experimente durch. Diese zeigten, dass die präbiotische Chemie sehr hohe Phosphorkonzentrationen erfordert – etwa 10’000-mal mehr Phosphor als in Wasser natürlicherweise vorkommt. Dies wirft die Frage auf, wie und wo solche hohen Phosphorkonzentrationen im Wasser auf der Erde vor Milliarden Jahren vorkamen.

    Chemie braucht sehr hohe Phosphorkonzentrationen

    Der Erdwissenschaftler Craig Walton hat darauf eine neue Antwort: Grosse Natronseen ohne natürlichen Abfluss könnten die Phosphorkonzentrationen ausreichend lange hochhalten, selbst wenn irgendwann in ihnen Leben zu existieren beginnt (und laufend Phosphor verbraucht). Die Ergebnisse der Studie wurden soeben in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.

    Solche Seen geben nur durch Verdunstung Wasser ab. Dadurch bleibt der Phosphor im Wasser zurück, anstatt dass er durch Flüsse und Bäche abgeführt wird. So konnten sich in diesen Natronseen sehr hohe Phosphorkonzentrationen aufbauen.
    Schon 2020 hatten Forschende der University of Washington darauf hingewiesen, dass Natronseen die Wiege des Lebens sein könnten. Walton hat den Faden nun weitergesponnen. Der Forscher untersucht im Rahmen eines Nomis-Stipendiums am Center for Origin and Prevalence of Life der ETH Zürich Fragen zum Ursprung des Lebens aus geochemischer Perspektive.

    Nicht jeder Natronsee ist geeignet, kleinere schliesst er aus. «Sobald sich Leben in ihnen entwickelt, würde ihr Phosphorvorrat schneller zur Neige gehen, als er wieder aufgefüllt wird. Dies würde sowohl die chemischen Reaktionen als auch das sich daraus entwickelnde Leben im Keim ersticken», sagt Walton. Bei grossen Natronseen hingegen sind Phosphorkonzentrationen hoch genug, um sowohl die grundlegenden chemischen Reaktionen als auch das Leben langfristig zu versorgen. Solch hohe Phosphorkonzentrationen werden durch einen starken Zufluss von Flusswasser, das Phosphor enthält, erreicht. Andererseits haben solche Seen keinen Abfluss; das Wasser verlässt sie nur durch Verdunstung. Da Phosphor nicht so einfach mit verdunstet, bleibt er im Seewasser zurück und reichert sich an.

    Ein Beispiel für einen solchen grossen Natronsee ist der Mono Lake in Kalifornien. Er ist etwa doppelt so gross wie der Zürichsee. Im Mono Lake bleibt die Phosphorkonzentration konstant hoch, sodass dort eine Vielzahl von Lebewesen gedeihen kann. Das ist entscheidend, weil in kleinen Seen der Phosphor verbraucht wird, bevor neue Mengen nachkommen können. Der Phosphor des Mono Lake wird also in hohen Konzentrationen erhalten, das heisst, es fliesst regelmässig viel Phosphor nach, ohne dass der Phosphorgehalt zu schnell sinkt.

    Walton und sein Team halten deshalb grosse Natronseen mit konstant hohem Phosphorangebot in der Frühgeschichte der Erde für eine ideale Umgebung für die Entstehung des Lebens. Die Forschenden gehen davon aus, dass das Leben eher in solchen grossen Gewässern als in kleinen Tümpeln entstanden ist, wie es Charles Darwin vermutet hatte.

    Die Entstehung des Lebens könnte also eng mit der besonderen Umwelt von grossen Natronseen verbunden gewesen sein, die durch ihre geologische Umgebung und den Phosphorhaushalt ideale Bedingungen für die präbiotische Chemie boten. «Diese neue Theorie hilft dabei, ein weiteres Stück des Rätsels um den Ursprung des Lebens auf der Erde zu lösen», sagt Walton.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Craig Walton, ETH Zürich, craig.walton@eaps.ethz.ch


    Originalpublikation:

    https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adq0027


    Weitere Informationen:

    https://copl.ethz.ch/


    Bilder

    In abflusslosen Natronseen wie dem Mono Lake in Kalifornien reichert sich Phosphor genügend hoch an, um eine präbiotische Chemie in Gang zu setzen.
    In abflusslosen Natronseen wie dem Mono Lake in Kalifornien reichert sich Phosphor genügend hoch an, ...
    Rikk Flohr
    (Bild: Rikk Flohr / AdobeStock)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Chemie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    In abflusslosen Natronseen wie dem Mono Lake in Kalifornien reichert sich Phosphor genügend hoch an, um eine präbiotische Chemie in Gang zu setzen.


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