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25.03.2025 10:26

HoF-Publikation: Zwischen zwei Welten: Studienvorbereitung internationaler Studierender

Kerstin Martin Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Seit mehreren Jahren steigt kontinuierlich die Anzahl internationaler Studieninteressierter, die ihr Studium in Deutschland aufnehmen möchten. Gleichzeitig ist die geschätzte Studienabbruchquote in dieser Gruppe besonders hoch. Bei der Bewerbung für ein grundständiges Studium wird geprüft, ob eine direkte Zulassung zum Studium möglich oder zuvor eine Feststellungsprüfung (FSP) abzulegen ist. Dieser Prüfung geht in der Regel die Teilnahme an einem Studienvorbereitungskurs, traditionell an einem staatlichen Studienkolleg, voraus. Die Rolle der Studienvorbereitung und deren Kontextbedingungen sind nun untersucht worden.

    Geht man davon aus, dass die Zahl der internationalen Studierenden auf dem Niveau des Jahres 2022 konstant bei jährlich 113.300 bleibt, dann ist zu erwarten, dass von 2023 bis 2035 insgesamt fast 1,5 Millionen internationale Studierende in Deutschland studieren. Im Zuge des allgemeinen Anstiegs der Studierendenzahlen im Laufe der Jahre ist nicht nur die Anzahl der Absolvent.innen, sondern auch die der Studienabbrecher.innen gestiegen. Für die Gruppe der internationalen Studierenden liegen hierzu zwei Daten vor:

    • Zum einen wird die Studienabbruchquote bei internationalen Studierenden im Erststudium auf durchschnittlich 43 Prozent geschätzt. Sie ist damit in dieser Gruppe am stärksten ausgeprägt.
    • Zum anderen zeigt die Studienverlaufsstatistik des Statistischen Bundesamtes (seit 2017), dass 17 Prozent der internationalen Studierenden mit einer Hochschulzugangsberechtigung (HZB) aus dem Ausland das Studium innerhalb der ersten drei Semester abbrechen.

    Dabei ist zu beachten, dass sich internationale Studieninteressierte anteilig häufiger als deutsche Studieninteressierte auf MINT-Studiengänge bewerben, also in Fächern mit besonderer Relevanz für die Sicherung des Fachkräftebedarfs. Zwei gruppenspezifische Faktoren, die das Abbruchrisiko erhöhen können, sind:

    • Hinsichtlich ihrer tatsächlichen Sprachkompetenz unterscheiden sich internationale Studierende untereinander trotz vergleichbarer Sprachnachweise zumindest in der Anfangsphase des Studiums.
    • Die Diskrepanz zwischen Studienerwartungen und -wirklichkeit, Diskriminierungserfahrungen, Isolation, finanzielle Probleme sowie mangelnde, nicht passende oder kaum wahrgenommene Beratungsangebote können zu Studienabbruch führen.

    Staatliche Studienkollegs zur Vorbereitung auf die Feststellungsprüfung existieren seit den 1960er Jahren. In den letzten 20 Jahren sind zahlreiche Kollegs (vor allem in NRW) geschlossen worden sowie neue Formen von Studienvorbereitungsmaßnahmen entstanden. Anfang der 2000er Jahre existierten bundesweit 34 staatliche Studienkollegs, 2024 noch 22. Die aktuelle Landschaft der Studienvorbereitung setzt sich vor allem aus folgenden Einrichtungen und Maßnahmen zusammen:

    • 22 staatliche Studienkollegs
    • zwei kirchliche Studienkollegs
    • drei bundeslandspezifische Studienvorbereitungsmaßnahmen
    • etwa 40 private Studienvorbereitungsmaßnahmen, insbesondere private Kollegs
    • Studienvorbereitungsmaßnahmen, die digital und/oder im Ausland durchgeführt werden.

    Die Studienvorbereitungsangebote unterscheiden sich hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen, Fristen, Bewerbungsmodalitäten, Kursdauer und Gebühren. Aus Sicht der Bewerber.innen kann die Landschaft der Studienvorbereitung und -zulassung überfordernd und zugleich flexibel wirken.

    Die Existenz der alternativen Einrichtungen und Maßnahmen hat nicht zu einem Rückgang der Nachfrage nach staatlichen Studienkollegs geführt. Der historisch höchste Einschreibungsstand wurde dort mit 9.546 im WiSe 2001/02 erreicht. Im WiSe 2018/19 gab es bedingt durch Studienkollegschließungen 5.691 und damit ca. 40 Prozent Studienkollegteilnehmende weniger. Ein Jahr später waren nur noch 4.800 Kollegiat.innen zu verzeichnen. Während jährlich etwa 9.200 Plätze benötigt werden, können derzeit etwa 5.000 Studierende an staatlichen Studienkollegs aufgenommen werden. Damit besteht eine Lücke von etwa 4.200 Plätzen.

    Der Prozess der Studienvorbereitung für internationale Studienbewerber.innen ist mehrteilig, vielschichtig und umfasst eine Vielzahl von Akteuren und Einrichtungen. Vorbereitungsmaßnahmen wie Sprachkurse und Orientierungsprogramme stehen dabei im Mittelpunkt. Neben der Sprachkompetenz spielen auch individuelle Faktoren wie Schulzeugnisse, Alter, Reife und Entscheidungsprozesse eine Rolle. Herkömmliche Englisch-Tests wie der IELTS und TOEFL erfassen nicht immer alle akademischen Anforderungen ausreichend. Ebenso sind soziale Netzwerke, Akkulturationsstress, soziale Unterstützung und interkulturelle Anpassung wichtige Faktoren, die sowohl das Wohlbefinden als auch den akademischen Erfolg beeinflussen.

    Das Angebot vieler staatlichen Studienkollegs ist an den meisten Standorten über die Studienvorbereitung in den Schwerpunktkursen hinausgewachsen. Die Vielfalt reicht von Tutorien über studienbegleitende Deutschkurse bis hin zu Sozialberatung und Unterstützung der Wohnungssuche. Der Erfolg von Studienkollegs zeigt sich etwa darin, dass etwa die Hälfte der Absolvent.innen eines Studienkollegs ihr Studium innerhalb von neun Semestern mit guten bis sehr guten Ergebnissen abschließt.

    Insgesamt lässt sich festhalten, dass für internationale Studierende, die nicht direkt zugelassen werden können, die Teilnahme am Studienkolleg eine wesentliche Voraussetzung für das Studium bleibt. Der Studienerfolg liegt jedoch nicht allein in der Verantwortung der Studienkollegs oder anderen Studienvorbereitungsmaßnahmen. Denn deren eigentliche Aufgabe ist es, die Studienbewerber.innen auf die FSP vorzubereiten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Rocio Ramirez, Email: rocio.ramirez@hof.uni-halle.de


    Originalpublikation:

    Rocio Ramirez / Olivia Laska: Zwischen zwei Welten. Die Studienvorbereitung internationaler Studierender in Deutschland, BWV – Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2025, 239 S. ISBN 978-3-8305-5644-2


    Weitere Informationen:

    https://www.hof.uni-halle.de/web/dateien/pdf/stukol_Inhalt_u_ZE.pdf (Inhalt und zentrale Ergebnisse)
    https://www.hof.uni-halle.de/projekte/stukol/


    Bilder

    Ramirez/Laska: Zwischen zwei Welten
    Ramirez/Laska: Zwischen zwei Welten


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Mathematik, Pädagogik / Bildung, Politik, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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