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27.03.2025 11:59

Elektronische Haut mit Magnetsinn wird schlanker und schlauer

Simon Schmitt Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

    Per Kontaktlinse in der virtuellen Realität navigieren oder das Smartphone-Display unter Wasser bedienen: Das und mehr könnte dank innovativer E-skins bald Realität werden. Dafür hat ein Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) eine elektronische Haut entwickelt, die Magnetfelder mit einem einzigen, globalen Sensor erspüren und präzise verfolgen kann. Die künstliche Haut ist nicht nur leicht, transparent und durchlässig, sondern ahmt auch das Zusammenspiel von echter Haut und Hirn nach, wie das Team in der Fachzeitschrift Nature Communications (DOI: 10.1038/s41467-025-56805-x) berichtet.

    Ursprünglich für die Robotik entwickelt, imitieren E-skins die Eigenschaften echter Haut. Sie lassen Roboter fühlen oder ersetzen verlorene menschliche Sinne. Einige erkennen sogar chemische Substanzen oder Magnetfelder. Doch die Technologie hat ihre Grenzen. Hochfunktionale E-skins sind oft unpraktisch, da sie viel Elektronik und große Batterien benötigen. „Bisherige Technologien erfassen Magnetfelder mit vielen einzelnen Sensoren und Transistoren – ähnlich den Berührungssensoren in einem Smartphone-Display. Unsere Idee war, ein System zu entwickeln, das energieeffizienter ist und besser zum Menschen und zur weichen menschlichen Haut passt“, sagt Denys Makarov vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR.

    Leichter, flexibler und intelligenter

    Die Forschenden ersetzten daher die recht steifen und dicken Substrate, die üblicherweise die Elektronik beinhalten, durch eine wenige tausendstel Millimeter dünne, leichte und flexible Membran. Die gesamte Membran ist optisch transparent und perforiert, so dass die künstliche Haut luft- und feuchtigkeitsdurchlässig bleibt und die darunterliegende echte Haut atmen kann.

    Für die Aufnahme elektronischer Bauteile wäre diese hauchdünne Unterlage jedoch nur bedingt geeignet. Die neuen E-skins arbeiten stattdessen mit einer magnetosensitiven Funktionsschicht, die als globale Sensorfläche dient und den Ursprung magnetischer Signale präzise lokalisierbar macht. Das Prinzip: Magnetfelder verändern den elektrischen Widerstand des Materials. Eine zentrale Analyseeinheit berechnet aus diesen Änderungen den Signalort. Das kommt nicht nur dem Funktionsprinzip echter Haut näher, sondern spart auch Energie.

    Künstliche Haut, fast menschliche Wahrnehmung

    „Solch großflächige magnetosensitive Smart Skins gab es bisher nicht“, sagt Pavlo Makushko, Doktorand am HZDR und Erstautor der Studie. „Konzeptionell funktionieren E-Skins jetzt ähnlich wie der menschliche Körper. Bei echter Haut spielt es keine Rolle, wo ich sie berühre: Das Signal gelangt über die Nerven ins Gehirn, wird dort verarbeitet und das Gehirn erkennt den Berührungspunkt. Bei den neuen E-skins nutzen wir nun eine einzige globale Sensorfläche – wie unsere Haut. Und eine einzige zentrale Ausleseeinheit rekonstruiert das Signal – wie unser Gehirn“.

    Möglich macht das die Tomographie, ein Verfahren, das auch bei MRT- oder CT-Scans in der Medizin verwendet wird. Es rekonstruiert die Position eines Signals aus vielen Einzelaufnahmen. Für E-skins mit Magnetfeldsensoren ist diese Technologie neu – sie galt als zu wenig empfindlich für den niedrigen Signal-Kontrast konventioneller magnetosensitiver Materialien. Dass es uns gelungen ist, diese Methode experimentell zu bestätigen, ist ein bedeutender technischer Erfolg unserer Arbeit, betont Makushko.

    Unsere Umwelt durch die Magnetbrille erfahren

    Die neuen E-skins ermöglichen es, Signalwege lückenlos zu verfolgen. Dadurch werden Anwendungen möglich, die digitale Muster erkennen: sei es ein intelligenter magnetischer Stift, berührungslose Interaktionen in der virtuellen Realität oder das Bedienen eines Smartphone-Displays in extremen Umgebungen wie beim Tauchen. Oft trägt dabei nicht der Mensch, sondern die Maschine die künstliche Haut mit Magnetsinn.

    Gleichzeitig sind Magnetfeldsensoren weniger störanfällig als herkömmliche Elektronik. Robotersysteme könnten mit ihnen Bewegungen detektieren – selbst in komplexen Umgebungen, wo andere Methoden versagen. Im Winter könnten Menschen ein mit optisch transparenten Magnetsensoren ausgestattetes Smartphone mit einem Magnetpad am Finger eines Handschuhs bedienen, ohne Störungen durch fremde Elektronik fürchten zu müssen. Der Magnetsinn wird nicht zum Kompass, sondern zum einzigartigen Kommunikationskanal für Mensch und Maschine.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Denys Makarov | Leiter Intelligente Materialien und Funktionselemente
    Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR
    Tel.: +49 351 260 3273 | E-Mail: d.makarov[at]hzdr.de


    Originalpublikation:

    P. Makushko, J. Ge, G. S. Cañón Bermúdez, O. Volkov, Y. Zabila, S. Avdoshenko, R. Illing, L. Ionov, M. Kaltenbrunner, J. Fassbender, R. Xu, D. Makarov: Scalable magnetoreceptive e-skin for energy-efficient high-resolution interaction towards undisturbed extended reality, in Nature Communications, 2025 (https://doi.org/10.1038/s41467-025-56805-x)


    Bilder

    Die neuen E-skins verfügen über eine ultradünne, zur menschlichen Haut passende Membran und sind in der Lage, Magnetfelder mit einem einzigen, globalen Sensor präzise zu verfolgen.
    Die neuen E-skins verfügen über eine ultradünne, zur menschlichen Haut passende Membran und sind in ...
    P. Makushko / HZDR


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Informationstechnik, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Die neuen E-skins verfügen über eine ultradünne, zur menschlichen Haut passende Membran und sind in der Lage, Magnetfelder mit einem einzigen, globalen Sensor präzise zu verfolgen.


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