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27.03.2025 14:08

G-BA Beschluss zu dDMP: Chance für bessere Diabetesversorgung, aber Nachbesserung nötig

Michaela Richter Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) begrüßt den aktuellen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), digitale Module für die strukturierte Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 einzuführen. Rund 4,7 Millionen gesetzlich Versicherte sind bereits in klassische Disease Management Programme (DMP) eingeschrieben – Tendenz steigend. Das neue digitale Angebot (dDMP) soll diese Programme auf freiwilliger Basis ergänzen. Die DDG sieht darin eine große Chance, warnt aber zugleich in einer Stellungnahme: Bestehenden DMP müssen dringend reformiert werden und das dDMP einem Transformationsprozess zur digitalen Versorgungsstruktur gerecht werden.

    Strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen haben sich bewährt: „Seit der Einführung von DMP für Personen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 hat sich deren Versorgung deutlich verbessert. Studien zeigen Rückgänge bei Amputationen um 58 Prozent, bei Erblindungen um 64 Prozent und bei der Dialysepflicht um 36 Prozent“, bilanziert Dr. med. Tobias Wiesner, niedergelassener Diabetologe aus Leipzig, Vorstandsmitglied der DDG sowie des Bundesverbandes niedergelassener Diabetologen (BVND). Doch der bürokratische Aufwand in den Praxen sei nach wie vor hoch und die Honorierung vielfach nicht wirtschaftlich. Das gefährde die Zukunft der ambulanten Diabetologie, so Wiesner. Auch Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender der Kommission Digitalisierung der DDG betont: „Das digitale DMP kann ein echter Fortschritt werden – aber nur, wenn wir gleichzeitig die Strukturprobleme der bestehenden DMP lösen und damit ein stabiles Fundament für die Versorgung schaffen.“

    Mehr Flexibilität und Effizienz durch digitale Module

    Die vom G-BA beschlossenen neuen digitalen Module ergänzen die bestehenden DMP und ermöglichen mehr Flexibilität in der Versorgung: Ärztliche Konsultationen können per Video erfolgen, Informationen auch asynchron über sichere Messenger-Dienste ausgetauscht werden. Ein datengestütztes Glukosemanagement unterstützt dabei eine individuelle, eng abgestimmte Therapie zwischen Praxis und Patientin oder Patient. Behandelnde und Versicherte können darauf freiwillig zurückgreifen. „Das dDMP ermöglicht eine optimierte personalisierte Betreuung. Die Behandlung kann so noch stärker auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtet werden. Gleichzeitig wirkt es dem steigenden Fachkräftemangel entgegen“, erklärt Müller-Wieland. „Die Nutzung von Diabetes-Technologien, wie sie schon heute überwiegend eingesetzt werden und das Vorliegen breiter digitaler Datenstrukturen machen ein digitales DMP geradezu unumgänglich.“ Bezüglich der verfügbaren digitalen Daten arbeitet die DDG seit vielen Jahren an der eDA (elektronische Diabetesakte), die problemlos an die ePA angeschlossen werden könnte und mit dem dDMP mehr Schlagkraft erhalten würde.

    Damit Praxen digitale DMP-Module anbieten können, müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie benötigen ein digitales Terminmanagement, müssen Videosprechstunden anbieten und Dienste der Telematik-Infrastruktur nutzen​. Versicherte wiederum können nur teilnehmen, wenn sie die elektronischen Patientenakte (ePA) nutzen.

    Tiefgreifende Reform des bestehenden DMP-Systems notwendig

    Doch damit das neue dDMP sein volles Potenzial entfalten kann, fordert die DDG gemeinsam mit dem BVND in einer Stellungnahme grundlegende Reformen des bestehenden DMP-Systems. Zudem stellen sie explizit Anforderungen an das neue dDMP, um eine reibungslose und nachhaltige Nutzung sicherzustellen. Hierzu gehören​:

    1. Wirtschaftlichkeit sicherstellen: Rückwirkende Ausschreibungen mit Honorarrückforderungen müssen abgeschafft werden.

    2. Dokumentation vereinfachen: Die digitale Einschreibung ins DMP sollte verpflichtend werden, da so eine Doppeldokumentation (analog und digital) vermieden wird. Daten sollten automatisiert aus Praxisverwaltungssystemen (PVS) in die ePA überführt werden.

    3. Digitale Leistungen vergüten: Videosprechstunden, Beratung per Video und digitale Schulungen müssen verbindlicher Teil der DMP-Verträge werden – mit klarer Vergütung.

    4. Krankenhäuser einbinden/intersektionale Versorgung ermöglichen: Stationäre Einrichtungen müssen für die Mitbehandlung von Menschen mit Diabetes im DMP besser integriert und finanziell beteiligt/berücksichtigt werden.

    5. Einheitliche Verträge: Für die digitalen DMP sollten bundesweite, sektorenübergreifende Verträge gelten, um bürokratische Hürden zu senken.

    6. Digitale Schnittstellen schaffen und zusammenführen: Es muss die Telematik-Infrastruktur genutzt und ein strukturierter Zugang zu DMP-Daten für alle Behandelnden ermöglicht werden. Außerdem sollten digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) einbezogen werden, um Patientenschulungen in DMP zu integrieren.

    Die detaillierten Forderungen sind hier nachzulesen: https://www.ddg.info/politik/stellungnahmen/beschlussentwurf-ueber-die-xx-aender...

    Digitalisierung als Chance nutzen

    „Das dDMP kann ein Vorbild für eine moderne, sektorenübergreifende Versorgung chronisch kranker Menschen werden – aber nur, wenn wir für alle Beteiligten eine gute Grundlage dafür schaffen“, so Wiesner. Müller-Wieland ergänzt: „Digitale Tools sollen Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten das Leben erleichtern, nicht neue Hürden aufbauen beziehungsweise bestehende verstärken.“

    Bevor das dDMP starten kann, muss das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) noch per Rechtsverordnung Details zur technischen Umsetzung regeln. Eine Einführung ist daher frühestens ab 2026 zu erwarten​.

    Informationen:

    Beschlussentwurf über die XX. Änderung der DMP-Anforderungen-Richtlinie (DMP-A-RL): https://www.ddg.info/politik/stellungnahmen/beschlussentwurf-ueber-die-xx-aender...

    Weitere Informationen zur digitalen Strategie der DDG: https://www.ddg.info/politik/projekte/kodex-der-ddg-zur-digitalisierung

    DMP-Anforderungen-Richtlinie:
    Ergänzung § 8, Anlage 1a (digitales DMP Diabetes mellitus Typ 2) und Anlage 7a (digitales DMP Diabetes mellitus Typ 1): https://www.g-ba.de/beschluesse/7130/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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