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31.03.2025 12:36

Präzise Messsysteme für die Fusionsforschung

Britta Widmann Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft

    Kernfusion ist ein großer Hoffnungsträger für künftige Energiesicherheit und wird weltweit in Forschungsreaktoren vorangetrieben. Deren Leistung präzise zu detektieren, erfordert Messsysteme, die auch unter extremen Bedingungen valide Daten liefern. Ihr Herzstück: die Bolometer des Fraunhofer-Instituts für Mikrotechnik und Mikrosysteme IMM. Die Fachleute präsentieren ihre ausgefeilten Sensoren auf der diesjährigen Hannover Messe vom 31. März bis zum 4. April am Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft Halle 2, Stand B24.

    Fusionstechnologie könnte die Lösung für den steigenden Energiebedarf der wachsenden Weltbevölkerung sein, ist aber technisch hoch anspruchsvoll. Die aktuelle Herausforderung lautet, in Fusionsexperimenten mehr Energie zu gewinnen als zu verbrauchen. Um die Fortschritte auf diesem Gebiet genauestens zu erfassen, benötigen Fachleute besonders sensible Messinstrumente, um die komplexen Prozesse innerhalb der Reaktoren zu analysieren und zu steuern. Maßgeblich hierbei ist die Bestimmung der aus dem Fusionsplasma abgestrahlten Leistung.

    Präzision unter extremen Bedingungen

    Entsprechende Detektoren, sogenannte Bolometer, müssen unter extremen Bedingungen stabil valide Daten liefern: »Wir sprechen hier von einer außerordentlich intensiven Umgebung: Wir haben hochenergetische Neutronen in einer sehr hohen Dichte, eine hohe Belastung durch besonders harte Röntgenstrahlen, extreme Temperaturen, Wechsellasten hinsichtlich Vakuum und Lüftung – alles Aspekte, die erhebliche Vorsicht in der Materialwahl erfordern«, erläutert Stefan Schmitt, Gruppenleiter Spezialsensorik am Fraunhofer IMM. Dem Wissenschaftler und seinem Team ist es gelungen, für diese Anforderungen und selbst unter den strengen Regularien des Forschungsbereichs einen geeigneten Sensor zu entwickeln.

    Die Lösung der Fachleute ist ein Siliziumchip in einer Größe von etwa 20 auf 23 Millimeter, auf dem sich vier Einzelsensoren befinden. Diese verfügen über je zwei Absorberflächen von 1.5 auf 4 Millimeter. Das längs einer engen Sichtlinie aus dem Plasma kommende Licht wird von je einem dieser Absorber eingefangen, wodurch sich dessen Temperatur erhöht. Diesen Anstieg messen Widerstandsmäander aus Platin auf der dem Absorber abgewandten Seite: Der Widerstand nimmt äquivalent zu. Auf diese Weise erfasst der Sensor direkt die im Plasma befindliche Strahlungsleistung von Infrarot bis in den harten Röntgenbereich.

    Diese Leistung können die Fachleute über die Messdaten der zahlreichen, im Reaktionsgefäß einander ergänzend ausgerichteten Sichtlinien räumlichen Punkten im Plasma zuordnen und somit ein Querschnittsprofil des Fusionsplasmas berechnen. Die am Fraunhofer IMM gefertigten Siliziumchips werden hierfür in Kameras verbaut, bestehend aus einem Kopf, in dem der Chip eingesetzt wird, und einem Blendensystem. Die Kameras ermöglichen es, über die verschiedenen Messsignale einerseits zu beurteilen, wie gut die Plasmaregelung im Reaktor läuft, und andererseits die Gesamtenergiebilanz zu bestimmen.

    Lösungen für spezifische Diagnostik

    Eine Herausforderung waren die hohen Energien, die in einem Fusionsreaktor herrschen. Sie bewirken, dass die meisten Materialien einfach durchgestrahlt werden.
    Schmitts Team gestaltete die Absorber aus Gold oder Platin daher vergleichsweise dick: Sie messen etwa 20 Mikrometer, das entspricht in etwa einem Drittel des Durchmessers eines menschlichen Haares.

    Der Leiter oder Widerstandsmäander besteht aus Platin, da sich das Material selbst bei hoher Strahlung nicht abändert. Durch die Verwendung von Gold-Absorbern und speziellen Kohlenstoffbeschichtungen, welche auf dem Absorber noch besser das sichtbare Licht aufnehmen, gelang es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, für jeden Einsatz mechanisch wie elektrisch hoch stabile Bolometer zu entwickeln.

    Fester Bestandteil der aktiven Fusionsforschung

    Diese finden bereits Anwendung in renommierten Fusionsforschungsanlagen weltweit, darunter ASDEX Upgrade in Garching, Wendelstein 7-X in Greifswald und EAST in China, und wurden für das weltweit größte Fusionsexperiment ITER am südfranzösischen Kernforschungszentrum Cadarache eigens modifiziert. Eine Leistung, die den Projektleiter mit Stolz erfüllt: »Unsere Bolometer sind der Beweis dafür, dass wir auf sehr spezifische Bedarfe unserer Partner ausgezeichnet reagieren können. Hierbei ist es gerade im Fall der Fusionsforschung sehr von Vorteil, dass wir die wissenschaftliche Sprache sprechen.«

    Auf der Hannover Messe 2025 präsentiert das Fraunhofer IMM seine innovative Messtechnik am Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft (Halle 2, Stand B24) und verdeutlicht anhand des Sensorchips, dass selbst hoch spezifische Anfragen bei diesem Team in den besten Händen sind.


    Weitere Informationen:

    https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2025/april-2025/praezise...


    Bilder

    Hoch stabile Bolometer-Chips wie dieser messen präzise die Leistung in Fusionsreaktoren.
    Hoch stabile Bolometer-Chips wie dieser messen präzise die Leistung in Fusionsreaktoren.

    © Fraunhofer IMM


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Meer / Klima, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hoch stabile Bolometer-Chips wie dieser messen präzise die Leistung in Fusionsreaktoren.


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