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01.04.2025 09:03

Einzigartiges Holztafelbild vor dem Zerfall durch Trockenstress bewahrt

Klaus Jongebloed Pressestelle
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

    DBU fördert Projekt im Freisinger Dom – Klimakrisenfolge

    Osnabrück/Freising. Das Holztafelbild im Freisinger Dom gilt als einzigartiges spätgotisches Kunstwerk seiner Zeit. Mehr als ein halbes Jahrtausend trotzte es allen Wirrnissen – bis plötzlich in den vergangenen Jahrzehnten Trockenstress infolge der Klimakrise den Altaraufsatz aus dem Jahr 1495 zunehmend zersetzte. Nun die große Erleichterung: Fachleuten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) ist es in den vergangenen zwei Jahren gelungen, dieses Kulturgut zu retten. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat das Vorhaben gefördert. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Die Restaurierung liefert wertvolle Erkenntnisse, wie ähnliche vom Klimawandel betroffene Kulturgüter und Kunstdenkmäler vor der Vernichtung gerettet werden können.“

    Klimawandelfolgen bedrohen wertvolle Kulturschätze

    Denn was dem Freisinger Holztafelbild wegen der Klimakrise widerfahren ist, könnte auch archäologischen Stätten, Baudenkmälern sowie Landschaften, Schlössern, Gärten, Skulpturen oder Gemälden drohen. „Die Klimawandelfolgen für das Kulturerbe sind bislang viel zu stiefmütterlich behandelt worden. Auf dieses Kulturerbe müssen wir aber Acht geben: Es kann für jede Gesellschaft Identität und Anker sein“, so Bonde. Für viele sei es „eine Quelle der Inspiration“. Doch diese Quelle ist in Gefahr. Dürre, Hitze, Stürme, Starkregen: Der Weltklimarat IPCC hat in seinen Berichten dargelegt, dass solches Extremwetter als Folge der Klimakrise zunimmt – wodurch auch Kulturgüter und Denkmäler immer stärker in Mitleidenschaft gezogen werden. Die DBU fördert eine Reihe von modellhaften Projekten im Kontext der Klimawandel-Auswirkungen auf das Kulturerbe – national und international.

    Pionierarbeit im Freisinger Dom: erfolgreiche Rettung eines Kunstwerks dieses Alters

    Beim großformatigen Holztafelbild mit biblischen Szenen aus der Heilsgeschichte in der Sakristei des Doms St. Maria und St. Korbinian waren die Schäden aufgrund mangelnder Luftfeuchtigkeit immer größer geworden: Das Holz trocknete aus, zog sich zusammen und schrumpfte – mit verheerenden Auswirkungen auf die Ölfarbe: Es bildeten sich Risse, und die Farbschicht löste sich ab. Das spätgotische Kunstwerk mit hoher kulturhistorischer Bedeutung zerbröselte. „Wie sich die Klimakrise auf unsere Kulturgüter auswirkt, beschäftigt das Landesamt schon lange“, sagt Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil. „In Pionierarbeit haben wir nun ein wichtiges und wegweisendes Projekt erfolgreich durchgeführt. Das gewonnene Wissen ist wertvoll für den Erhalt unserer Kunstschätze und lässt sich national und international übertragen.“

    Zweijährige Intensivbehandlung erfolgreich abgeschlossen

    Gleich zu Beginn des DBU-geförderten Vorhabens 2022 wurde das Tafelbild vom zu trockenen Raumklima der Sakristei isoliert. Zum Einsatz kamen Kameras, Klimafühler und Lasertechnik: In einer eigens entworfenen Klimakammer war das Kunstwerk einer Luftfeuchtigkeit von rund 60 Prozent ausgesetzt – statt wie zuvor rund 35 Prozent. Ein eigens konzipiertes Mess- und Monitoringsystem ermöglichte es einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Bewegungen und Veränderungen am Holz und an der Malschicht aufzuzeichnen. Die Expertinnen und Experten führten Analysen von Material und Maltechnik sowie hygrothermische Simulationen durch. Dadurch ergab sich ein besseres Verständnis für die Interaktion von Feuchtigkeit und Temperatur. Schließlich entwickelte das Projektteam eine Befeuchtungsmethode für das Tafelbild: Durch eine systematische Klimatisierung wurde der geschrumpfte Holzträger befeuchtet, so dass er sich langsam wieder ausdehnen konnte. Zwei Jahre wurde daran gearbeitet, den Intensivpatienten zu behandeln – mit Erfolg. Der Zustand des vom Künstler Hans Mair von Landshut im Jahr 1495 geschaffene Holztafelbilds sei nun stabil, so das BLfD. Und: Im Zuge der Kunstwerk-Rettung entstand ein Handlungsleitfaden für ähnlich gelagerte Fälle – abrufbar über die BLfD-Homepage.

    Neuartige Maßnahmen und Methoden mittels Digitalisierung

    Die Übertragbarkeit der Ergebnisse, das Modellhafte eines Projekts, gehört zu den zentralen Kriterien einer DBU-Förderung. „Das Vorhaben hat eindrucksvoll dazu beigetragen, langfristige Strategien für den Umgang mit Klimaschwankungen zu entwickeln und historische Objekte besser vor den Folgen von Austrocknung, Spannungen und Schäden zu schützen“, sagt DBU-Expertin Constanze Fuhrmann. Um die Konsequenzen der Klimakrise für das Kulturerbe zu verringern oder zu verhindern, fördere die Stiftung neuartige Maßnahmen und Methoden. Fuhrmann: „Die Digitalisierung hat daran großen Anteil.“ Beispiele aus der DBU-Förderung sind neben dem Freisinger Holztafelbild ein Forschungsprojekt am Halberstädter Dom, wo die durch Umwelteinflüsse schwarz gewordenen Steine per Laser gereinigt werden, und Maßnahmen im Kloster Eberbach, um etwa Mauerwerkschaden durch Schlagregen aufgrund zunehmender Extremwetterlagen zu vermeiden. Im und am Kloster werden unter anderem Wärmebrückenberechnungen, Infrarot-Thermografie, Messungen von Feuchtigkeit, Luftströmungen und die effiziente Nutzung der Sonneneinstrahlung angewendet.


    Weitere Informationen:

    https://www.dbu.de/news/einzigartiges-holztafelbild-vor-dem-zerfall-durch-trocke... Online-Pressemitteilung


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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