idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
12.01.1999 09:17

Gelenkknorpel aus dem Reagenzglas

Dr. Marion Schafft Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

    Forschungsprojekt in Hamburg erhält insgesamt 5 Millionen Mark

    Der Ersatz defekter Gelenkflächen mit gezüchtetem Knorpelgewebe ist das Ziel einer interdisziplinären Arbeitsgruppe im Universitäts-Krankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE). Privatdozent Dr. Norbert M. Meenen aus der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie und Privatdozent Dr. Peter Adamietz vom Institut für Physiologische Chemie erhalten für ihr vierjähriges Forschungsprojekt eine Förderung von einer Million Mark.

    Das Vorhaben bildet den Kern eines von der Arbeitsgruppe initiierten Verbundprojektes, das mit insgesamt 5 Millionen Mark je zur Hälfte vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) und der Firma Merck Biomaterial GmbH als Industriepartner finanziert wird. Als weitere universitäre Partner sind Privatdozent Dr. Ralf Pörtner von der TU Hamburg-Harburg, Professor Dr. Horst Kessler von der TU München sowie Professor Dr. Heinrich Planck aus dem Institut für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf mit je rund einer halben Million Mark an diesem Projekt beteiligt.

    Immer mehr Menschen leiden an Gelenkknorpelschäden. Schuld daran sind intensive sportliche Aktivitäten als auch eine veränderte Altersstruktur in der Bevölkerung. Im Gegensatz zur Behandlung von Knochendefekten existiert bisher noch kein überzeugendes Therapieverfahren für geschädigte Gelenkflächen. Häufig steht den Patienten ein langer Leidensweg mit Schmerzen sowie eine drastisch eingeschränkte Mobilität und Lebensqualität bevor. Definitiver Ausweg ist nur ein künstliches Gelenk. So werden allein in Deutschland circa 40 000 künstliche Kniegelenke pro Jahr eingesetzt. Ein Nachteil der Methode: aufgrund der begrenzten Haltbarkeit von höchstens 15 Jahren können künstliche Gelenke erst ab dem 60. Lebensalter eingesetzt werden.

    Neue Perspektiven hingegen eröffnet ein Verfahren, bei dem Knorpelgewebe aus körpereigenen Zellen gezüchtet wird, um sie den Patienten später wieder in den Knorpeldefekt einzusetzen. Für Nasen- und Ohrknorpelersatz mit geringen mechanischen Anforderungen laufen bereits Versuche, unter anderem in Boston, Wien und München. Dieses Tissue Engineering-Verfahren soll nun im UKE auch für Gelenkknorpel erprobt werden. Die Wissenschaftler erhoffen sich davon eine vollständige biologische Heilung der Knorpelschäden - unabhängig vom Alter.

    Das Verfahren ist wie folgt geplant: Zunächst entnehmen Unfallchirurgen den Patienten in einem minimal-invasiven Eingriff geeignete Zellen, um sie im Labor mit Hilfe von Wachstumshormonen zu vermehren. Durch die Verwendung patienteneigener Zellen reduziert sich das Infektionsrisiko und die Gefahr immunologischer Abstoßungsreaktionen auf ein Minimum.

    In einer zweiten Phase werden die Zellen auf ein Trägergerüst gegeben, auf dem unter Einsatz weiterer Hormone die typische Knorpel-Gewebestruktur gebildet wird. Diese Biohybride entstehen in einer geschlossenen Kulturkammer, dem sogenannten Bioreaktor, der eigens für diesen Zweck an der TU Hamburg-Harburg konstruiert wurde. Das gezüchtete Knorpelstück wird schließlich den Patienten während einer Operation in den Knorpeldefekt eingesetzt.

    Ein weiterer Teil des Projektes ist die Entwicklung des dreidimensionalen Trägers, der für die Patienten verträglich und ohne Nebenwirkungen sein soll. Er wird in Kooperation mit den Verbundpartnern von der Firma Merck Biomaterial GmbH hergestellt. In Zusammenarbeit mit der TU München soll eine spezielle Beschichtung entwickelt werden, die das Anheften der Knorpelzellen und deren natürliche Synthesefunktionen in spezifischer Weise unterstützt.

    Anders als bei herkömmlichen Prothesen erwarten die Forscher von den so konzipierten Tissue Engineering-Produkten mittelfristig eine komplette Integration in den Organismus. Als voll funktionsfähiger Bestandteil wird das gezüchtete Gewebe einen lebenslangen Erhalt des Gelenkes ermöglichen.

    Weitere Fragen beantworten gern Privatdozent Dr. Norbert M. Meenen, den Sie über die Pressestelle, (040) 47 17 - 47 47, erreichen können sowie Privatdozent Dr. Peter Adamietz unter (040) 47 17 - 28 27 und Privatdozent Dr. Ralf Pörtner von der TU Hamburg-Harburg unter (040) 77 18 - 28 86.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).