Deutschland steht durch die Alterung der Babyboomer in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Wie eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeigt, werden Großstädte von den Auswirkungen deutlich weniger betroffen sein als dünner besiedelte Gebiete.
Regionale Unterschiede in der Bevölkerungsentwicklung werden in Deutschland stark durch Wanderungsbewegungen bestimmt. Die Geburten- und Sterberaten haben dagegen einen geringeren Einfluss. Das Forschungsprojekt untersuchte erstmals, wie sich internationale und interne Wanderungsbewegungen auf die künftige Entwicklung der Bevölkerungszahl und deren Altersstruktur in Stadt und Land auswirken könnten. Dazu wurden neun Szenarien entwickelt, die sich nach den Zuwanderungszahlen und den Mustern der Binnenwanderung unterscheiden. Der interessante Befund: Die Stadt-Land-Unterschiede bei der Alterung weichen in allen neun Szenarien kaum voneinander ab. „Dies hängt damit zusammen, dass ein erheblicher Teil der künftigen Entwicklungen schon durch die aktuellen Unterschiede in der Altersstruktur festgeschrieben ist, die von vergangenen Wanderungsbewegungen geprägt wurden“, erklärt Dr. Frank Swiaczny, Bevölkerungsforscher am BiB. „Künftige Wanderungen werden diese Trends der regionalen Alterung in naher Zukunft nicht mehr grundsätzlich verändern.“
Bereits heute besteht ein Land-Stadt-Gefälle bei der Alterung der Bevölkerung. In den kreisfreien Großstädten kommen aktuell 1,76 Personen im erwerbsfähigen Alter auf eine Person im sogenannten abhängigen jüngeren oder höheren Alter. In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen ist das Verhältnis dagegen bereits bei 1,46 zu 1. Dieses Verhältnis ist u. a. für die kommunalen Steuereinnahmen und Ausgaben von Bedeutung. In naher Zukunft wird der Wert in diesen Regionen voraussichtlich stark ansteigen. Für 2035 ergeben die Vorausberechnungen für die dünn besiedelten ländlichen Kreise drastische Werte um die 1,19 Personen im erwerbsfähigen Alter auf eine Person im abhängigen Alter. Auch die städtischen Kreise um die Großstädte werden einen starken Anstieg dieses Verhältnisses verzeichnen. In den Großstädten werden die Anstiege dagegen deutlich geringer ausfallen. Nach 2035 wird diese Entwicklung insgesamt abflachen, da dann deutschlandweit kleinere Jahrgänge ins Rentenalter vorrücken.
Auch für die Entwicklung der Bevölkerungszahl ergeben sich nach den neun im Forschungsprojekt betrachteten Szenarien große regionale Unterschiede: „Auf Basis unserer Berechnungen wird die Bevölkerung in ländlichen Kreisen bis 2070 bei fast allen Wanderungsszenarien teilweise erheblich zurückgehen“, erklärt Dr. Steffen Maretzke, Regionalforscher vom BBSR. „In Großstädten hingegen ist ein Rückgang der Bevölkerungszahl nur bei geringer Zuwanderung aus dem Ausland zu erwarten.“
Wie stark Großstädte, städtische Kreise oder ländliche Regionen von dieser Entwicklung betroffen sind, hängt in geringerem Umfang auch von der Richtung der Binnenwanderung ab. Traditionell sind es junge Menschen, die in die Städte ziehen und Menschen im mittleren Alter in der Familienphase, die suburbane oder ländliche Regionen bevorzugen. „Das Auseinanderklaffen zwischen Stadt und Land bei Bevölkerungsentwicklung und Alterung stellt auch eine Herausforderung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar“, sagt Swiaczny. „Stadt- und Landbevölkerung werden den Prozess unterschiedlich erleben, wobei die Dramatik der Entwicklung in den strukturschwachen ländlichen Regionen leicht unterschätzt werden kann.“
Zur Methode: Das erwerbsfähige Alter umfasst Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren, das abhängige Alter Personen unter 18 Jahren und Personen über 65 Jahre.
Dr. Frank Swiaczny Frank.Swiaczny@bib.bund.de
Dr. Sebastian Klüsener Sebastian.Kluesener@bib.bund.de
Dr. Jana Hoymann Jana.Hoymann@BBR.Bund.de
Dr. Steffen Maretzke Steffen.Maretzke@BBR.Bund.de
Cilek, Laura; Loichinger, Elke; Swiaczny, Frank; Schlömer, Claus; Hoymann, Jana; Maretzke, Steffen (2025): Future subnational population change in Germany: The role of internal and international migration. Population, Space and Place 31(1).
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/psp.2871
Regionale Alterung nach Kreistypen, 2021 und Spannweite der Szenarien für 2035
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geowissenschaften, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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