München/ Magdeburg, 14.04.2025. Forschungsteams der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Hochschule für Philosophie München legen gemeinsames Positionspapier zu Pandemiepolitik vor.
Evidenzbasierte Politik muss berücksichtigen, dass es plurale Formen der Evidenzgenerierung gibt. Werte spielen eine zentrale Rolle für Fragen der Politikberatung. Community-Wissen muss eine größere Rolle spielen in der politischen Antwort auf gesundheitliche Krisensituationen.
Diese Thesen sind soeben veröffentlichte Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts zwischen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Hochschule für Philosophie München (HFPH). Im Rahmen des dreieinhalbjährigen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 576.000€ geförderten Vorhabens "Politics in Search of Evidence" (PoSEvi) hat ein interdisziplinäres Team aus Public-Health-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern, Medizinerinnen und politischen Philosophinnen und Philosophen sieben Thesen formuliert, wie eine wissenschaftsbasierte Politikberatung in Pandemien künftig aussehen könnte. Die Thesen sollen eine Diskussion über konkrete Leitlinien für evidenzbasierte Politik anregen, um für kommende Gesundheitskrisen gewappnet zu sein.
„Ausgangspunkt war die COVID-19-Pandemie, die politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger weltweit vor die Herausforderung stellte, unter extremen Unsicherheiten zu agieren”, so Prof. Dr. Christian Apfelbacher vom Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der Otto-von-Guericke-Universität sowie Leiter des Public-Health-Teilprojekts. „Eine evidenzbasierte Politik wurde oft als Lösung vorgeschlagen, doch blieb umstritten, wie sie konkret ausgestaltet sein sollte”, ergänzt Prof. Dr. Michael Reder, Inhaber des Lehrstuhls für Praktische Philosophie mit dem Schwerpunkt Völkerverständigung an der Hochschule für Philosophie München, Vizepräsident der Hochschule sowie Leiter des philosophischen Teilprojekts und des Gesamtprojekts. Um diese Fragestellung zu klären, hat das Forschungsteam eine qualitative Studie zur Rolle von Public-Health-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern in der Politikberatung während der Pandemie erarbeitet.
Das Ziel der Studie bestand darin, eine Typologie vorzuschlagen, die verschiedene Selbstbilder von Forschenden an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik darstellt. Die verschiedenen Selbstbilder wurden aus Perspektive der politischen Philosophie normativ rekonstruiert, um die Bedeutung der darin enthaltenen Vorstellungen von Politikberatung für demokratische Politik zu reflektieren.
„Die Auswertung dieser Interviews zeige”, so der Public-Health-Wissenschaftler Apfelbacher weiter, „dass das Selbstverständnis und die Selbstbilder sowie die damit verbundenen Werte der einzelnen Forscherinnen und Forscher eine wesentliche Rolle dabei spielten, wie sie Politikberatung praktisch umsetzten.”
„Der Prototyp des ‘scientific study suppliers‘ versteht sich beispielsweise als neutraler und unabhängiger Experte”, so Prof. Apfelbacher. „Für sie oder ihn stehe die Spezialisierung und wissenschaftliche Integrität an oberster Stelle und es wird eine klare Grenze zur Sphäre der Politik und der Öffentlichkeit gezogen. Im Gegensatz dazu sei es dem ‘expert facing political issues‘ wichtig, mit der eigenen Forschung auf politische Anliegen zu antworten und mit Akteuren aus der Politik zu kooperieren”, so der Experte für Sozialmedizin weiter. Prof. Reder ergänzt: „Die Studienergebnisse zeigen: Im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit nehmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedliche Rollen ein. Mit diesen Rollen sind divergierende Vorstellungen darüber verbunden, was Politikberatung ist und wie eine wissenschaftsbasierte und demokratische Politik funktionieren soll. Dabei handelt es sich auch um Wertekonflikte, die transparent gemacht werden sollten.”
Die zentralen Ergebnisse des Projekts sind in einem Thesenpapier zusammengefasst, das die Prinzipien einer evidenzbasierten Politik für zukünftige Pandemien generalisiert. Das Dokument ist unter https://hfph.de/forschung/drittmittelprojekte/politics-in-search-of-evidence/akt... abrufbar.
Das Forschungsprojekt „Politics in Search of Evidence. The role of Political Philosophy and Public Health in the political responses to COVID-19” wurde von Prof. Dr. Christian Apfelbacher (Universität Magdeburg), Experte für Public Health-Wissenschaft und Prof. Dr. Michael Reder (HFPH), Experte für Praktische und Politische Philosophie geleitet.
Weitere Informationen unter www.hfph.de/posevi.
Prof. Dr. Michael Reder
Lehrstuhl für Praktische Philosophie mit dem Schwerpunkt Völkerverständigung
Hochschule für Philosophie München
Kaulbachstraße 31/33, 80539 München
Tel: +49-(0)89-2386-2357
michael.reder@hfph.de
Prof. Dr. Christian Apfelbacher (PhD)
Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung
Otto-von-Guericke-Universität, Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Magdeburg A.ö.R.
Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg
Tel.: +49-(0)391 67 24300
christian.apfelbacher@med.ovgu.de
Link zum Dokument mit den sieben Thesen: https://hfph.de/forschung/drittmittelprojekte/politics-in-search-of-evidence/akt...
whttps://hfph.de/forschung/drittmittelprojekte/politics-in-search-of-evidence/akt... (Link zum Dokument mit den sieben Thesen)
http://ww.hfph.de/posevi (weitere Infos zum Forschungsprojekt)
http://www.hfph.de/reder (Link zur Webseite von Prof. Reder)
https://ismg.med.ovgu.de/Unser+Institut/Team/Apfelbacher.html (Link zur Webseite von Prof. Apfelbacher)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Medizin, Philosophie / Ethik, Politik
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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