Historikerin Lisa Regazzoni im „Momentum“-Programm ausgewählt
Die Volkswagenstiftung unterstützt mit knapp einer Million Euro ein ungewöhnliches Forschungsprojekt an der Universität Bielefeld. Professorin Dr. Lisa Regazzoni von der Universität Bielefeld will Geschichte neu denken: Durch das explorative Erforschen von Materialität und Theorien zur Materie, insbesondere aus der Physik und der Chemie, will sie neue Perspektiven auf die Materie der Vergangenheit und die Materialien der Geschichtsforschung eröffnen. Dafür kooperiert die Historikerin mit Naturwissenschaftler*innen. Das Projekt startet voraussichtlich Anfang 2026.
Traditionell gilt die Vergangenheit in der Geschichtswissenschaft als Ansammlung abgeschlossener Dinge oder Ereignisse. Lisa Regazzoni möchte diese Sichtweise ändern – mit ihrem neuen Forschungsprojekt „Towards a Material-Oriented Theory of History“ (Auf dem Weg zu einer materialorientierten Geschichtstheorie). „Ich verstehe historische Phänomene nicht mehr als abgeschlossene Einheiten der Vergangenheit, sondern frage, wie sie im Zusammen-spiel von überlieferten Materialien, Untersuchungsmethoden und Beobachter*innen überhaupt erst hervortreten“, sagt sie.
Geschichtsforschung mit Naturwissenschaften verknüpfen
Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen „Theorie-Dinge“. Lisa Regazzoni erklärt: „Eine Eisen-schlacke vom Golf von Baratti, ein Kieselstein von der Adriaküste oder Flecken auf einer alten Taufhaube können mithilfe von Laboranalysen neue wissenschaftliche Fragestellungen auf-werfen, etwa: Wie lassen sich die Grenzen zwischen Natur- und Menschengeschichte neu verhandeln? Wann werden nicht absichtliche Spuren der Vergangenheit zu Geschichte?“
Ein Kernstück ihres neuen Projekts bildet das Theorieorientiertes Objektlabor („TOOL“). Darin untersuchen Historiker*innen gemeinsam mit Chemiker*innen und Materialwissenschaftler*innen historische Objekte. Dr. Boaz Paz von den Paz Laboratorien für Archäometrie in Bad Kreuznach setzt Spezialmikroskope und chemische Verfahren ein, um diese Gegenstände zu analysieren. Die Sammlung des TOOL umfasst jetzt 40 besondere Objekte, dort befindet sich auch die Figurensammlung des bekannten Bielefelder Historikers Reinhart Koselleck.
Auf dem Weg zu fächerübergreifendem Vokabular
Die neue Forschungsrichtung könnte auch andere Wissenschaften prägen. „Wir entwickeln eine gemeinsame Sprache an der Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und mit ihr eine neue Theorie der Geschichte. Davon können alle historischen Wissenschaften profitieren – von der Archäologie bis zur Geologie“, sagt Lisa Regazzoni, die für das Projekt ein vierköpfiges Team aufbauen wird.
Expertin für Geschichtstheorie
Lisa Regazzoni studierte Philosophie und Geschichte an den Universitäten Bologna und Heidelberg und promovierte 2006 in Philosophie an der Universität Potsdam. Mit internationalen Forschungserfahrungen, darunter Stationen in Paris, London und Princeton, habilitierte sie sich 2020 in Neuer Geschichte an der Goethe-Universität Frankfurt. Seit Juni 2020 forscht und lehrt sie als Professorin für Geschichtstheorie an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld.
Programm gibt Freiraum für Wissenschaft
Die Projektförderung in Höhe von 935.000 Euro stammt aus dem Momentum-Programm der Volkswagenstiftung. Es richtet sich an Professor*innen in den ersten drei bis fünf Jahren ihrer Lebenszeitprofessur – eine Phase mit hoher Belastung durch Lehre und Gremienarbeit. Das Programm schafft gezielt Freiräume für innovative Forschung und läuft bis zu sieben Jahre mit maximal einer Million Euro für Wissenschaftler*innen aller Fachrichtungen.
Weitere Informationen:
https://www.volkswagenstiftung.de/de/news/pressemitteilung/mehr-freiraum-fuer-kl... Pressemitteilung der Volkswagenstiftung
https://wwwhomes.uni-bielefeld.de/lregazzoni/ Website von Prof’in Dr. Lisa Regazzoni
https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/geschichtswissenschaft/forschung/TOOL/ Website zum Theorieorientierten Objektlabor („TOOL“)
Prof’in Dr. Lisa Regazzoni, Universität Bielefeld
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
Telefon: 0521 106-3224
E-Mail: lisa.regazzoni@uni-bielefeld.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
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