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24.04.2025 09:42

KI erleichtert die Nachsorge nach Stent-OPs

Verena Schulz Kommunikation
Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)

    Ein Forschungsteam von Helmholtz Munich, der Technischen Universität München (TUM) und dem TUM Klinikum hat DeepNeo entwickelt – einen KI-basierten Algorithmus, der die Analyse von koronaren Stents nach der Implantation automatisiert. Das Tool erreicht die Präzision medizinischer Fachkräfte und verkürzt gleichzeitig die Auswertungszeit erheblich. Dank umfassender Validierung in Human- und Tiermodellen hat DeepNeo das Potenzial, die Nachsorge nach Stent-OPs zu standardisieren – und so die Behandlungsergebnisse bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachhaltig zu verbessern.

    Herausforderungen bei der Überwachung der Stents
    Jährlich werden weltweit mehr als drei Millionen Menschen mit Stents behandelt, um durch Herzkrankheiten verengte Blutgefäße zu öffnen. Die Überwachung des Heilungsprozesses nach der Implantation stellt jedoch nach wie vor eine Herausforderung dar. Entwickelt sich das Gewebe, das über den Stent wächst, unregelmäßig – sei es zu dick oder mit Ablagerungen –, kann dies zu Komplikationen wie einer erneuten Verengung oder Verstopfung des Blutgefäßes führen. Derzeit ist die Analyse dieser Heilungsmuster in intravaskulären optischen Kohärenztomographie (OCT)-Bildern zeitaufwendig und für die routinemäßige klinische Praxis schwer umsetzbar.

    Automatisierte Bewertung des Heilungsprozesses
    Ein Forschungsteam von Helmholtz Munich und dem TUM Klinikum hat mit DeepNeo einen KI-Algorithmus entwickelt, der die Heilung von Stents in OCT-Bildern automatisch beurteilen kann. DeepNeo erkennt verschiedene Heilungsmuster mit einer Genauigkeit, die der klinischer Expert:innen entspricht – jedoch in einem Bruchteil der Zeit. Darüber hinaus liefert das KI-Tool präzise Messdaten, etwa zur Gewebedicke und zur Abdeckung des Stents, und bietet so wertvolle Einblicke für das Patientenmanagement.
    „Mit DeepNeo erreichen wir eine automatisierte, standardisierte und äußerst präzise Analyse der Stent- und Gefäßheilung – etwas, das bislang nur durch aufwendige manuelle Auswertung möglich war“, sagt Valentin Koch, Erstautor der Studie, in der der Algorithmus vorgestellt wurde. „DeepNeo ist so gut wie eine Ärztin oder ein Arzt – nur viel schneller.“

    Validiert mit starker Leistungsfähigkeit
    Für das Training von DeepNeo nutzte das Forschungsteam 1.148 OCT-Bilder aus 92 Patientenscans, die manuell annotiert wurden, um verschiedene Formen des Gewebewachstums zu klassifizieren. Anschließend wurde der KI-Algorithmus in einem Tiermodell getestet – mit überzeugendem Ergebnis: DeepNeo identifizierte krankhaftes Gewebe in 87 Prozent der Fälle korrekt, verglichen mit der detaillierten Laboranalyse, dem aktuellen Goldstandard. Auch bei der Auswertung menschlicher Scans zeigte DeepNeo eine hohe Präzision und stimmte eng mit den Einschätzungen medizinischer Fachkräfte überein.

    „DeepNeo zeigt, wie maschinelles Lernen Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen kann, schneller und fundierter Therapieentscheidungen zu treffen. Der nächste Schritt besteht nun darin, KI-Algorithmen wie DeepNeo gezielt in die klinische Praxis zu integrieren“, erklärt Dr. Carsten Marr, Direktor des Institute of AI for Health bei Helmholtz Munich.

    Seine Kollegin Prof. Julia Schnabel, Leiterin des Instituts für Maschinelles Lernen in der Biomedizinischen Bildgebung und Professorin für Computational Imaging und Künstliche Intelligenz in der Medizin an der TUM, sieht in DeepNeo einen Baustein für ein KI-gestütztes Gesundheitssystem, das künftig klinische Entscheidungen mit bislang unerreichter Sicherheit unterstützen könnte.

    Auf dem Weg in die klinische Anwendung
    Das Projekt wurde mit einem Helmholtz Innovation Grant gefördert, eine Patentanmeldung ist bereits eingereicht. Ascenion, der Technologietransfer-Partner im Bereich Life Sciences, unterstützt das DeepNeo-Team bei der Suche nach potenziellen Industriepartnern.
    „DeepNeo erleichtert und standardisiert die Auswertung von OCT-Bildgebungen nach Stentimplantationen und trägt so zu fundierteren klinischen Entscheidungen bei“, sagen PD Dr. med. Philipp Nicol und Prof. Dr. med. Michael Joner, Kardiologen am TUM Klinikum, die das Projekt klinisch begleitet haben. „Das Verfahren hat das Potenzial, nicht nur die Gesundheitskosten zu senken, sondern auch den Weg für effektivere und personalisierte kardiovaskuläre Therapien zu ebnen.“

    Über die Forschenden
    Valentin Koch, bis Oktober 2024 Wissenschaftler bei Helmholtz Munich und der TUM, jetzt AI-Leiter beim Startup Floy.
    Prof. Julia Schnabel, Direktorin des Instituts für Maschinelles Lernen in der Biomedizinischen Bildgebung bei Helmholtz Munich und Professorin für Computational Imaging und Künstliche Intelligenz in der Medizin an der TUM.
    Prof. Dr. med. Michael Joner, stellvertretender Direktor der Klinik für Kardiologie am TUM Klinikum, Deutsches Herzzentrum.
    Dr. Carsten Marr, Direktor des Institute of AI for Health bei Helmholtz Munich.
    PD Dr. med. Philipp Nicol, Kardiologe am TUM Klinikum, Deutsches Herzzentrum.

    Über Helmholtz Munich
    Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Carsten Marr
    E-Mail: carsten.marr@helmholtz-munich.de


    Originalpublikation:

    Koch et al., year: 2025. Deep learning model DeepNeo predicts neointimal tissue characterization using optical coherence tomography. Nature Communications Medicine. DOI: 10.1038/s43856-025-00835-5
    https://www.nature.com/articles/s43856-025-00835-5


    Bilder

    Die untere Abbildung zeigt die Klassifizierung durch DeepNeo: Blau markiert nicht auswertbare Bereiche, Grün steht für homogene Neointima, Orange kennzeichnet heterogenes Gewebe, und Rot weist auf Neoatherosklerose hin.
    Die untere Abbildung zeigt die Klassifizierung durch DeepNeo: Blau markiert nicht auswertbare Bereic ...
    Valentin Koch
    Helmholtz Munich / Valentin Koch

    Philipp Nicol und Valentin Koch arbeiten mit DeepNeo.
    Philipp Nicol und Valentin Koch arbeiten mit DeepNeo.
    T. Vitadello
    T. Vitadello


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Die untere Abbildung zeigt die Klassifizierung durch DeepNeo: Blau markiert nicht auswertbare Bereiche, Grün steht für homogene Neointima, Orange kennzeichnet heterogenes Gewebe, und Rot weist auf Neoatherosklerose hin.


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    Philipp Nicol und Valentin Koch arbeiten mit DeepNeo.


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