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24.04.2025 16:24

Gründungsdirektor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, Prof. Reinhold R. Hofmann, verstorben

Jan Zwilling Wissenschaftskommunikation
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.

    Am 30. März 2025 verstarb nach Auskunft seiner Familie der Tiermediziner Prof. Dr. Reinhold R. Hofmann im Alter von 92 Jahren. Hofmann wirkte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen (JLU), in Kenia, den USA und schließlich wieder an der JLU. 1992 wurde Hofmann als Gründungsdirektor des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und zum ersten Professor in Deutschland für Interdisziplinäre Zoo- und Wildtierkunde an der Freien Universität Berlin berufen. Er führte das Leibniz-IZW bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am Ende des Jahres 1999.

    Reinhold Hofmann wurde am 24. April 1932 in Ilmenau (Thüringen) geboren und studierte nach seiner Flucht aus der sowjetischen Besatzungszone Tiermedizin an der Justus-Liebig-Universität in Gießen (JLU), wo er anschließend als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Veterinäranatomie arbeitete und im Jahr 1962 promovierte. Im gleichen Jahr wurde Hofmann als Dozent an das Royal College of Nairobi in Kenia berufen, wo er als Mitglied eines internationalen Forschungsteams die neue kenianische Veterinärfakultät gründete und aufbaute. Nach seiner Habilitation im Jahr 1966 wurde er 1967 zum Professor und zum Leiter des Instituts für Veterinäranatomie an dieser Fakultät ernannt. Im Anschluss an seine prägende Zeit in Kenia hatte er 1969 bis 1971 mit einem Stipendium der Rockefeller-Stiftung eine Gastprofessur an der Harvard University in den USA inne. Schwerpunkt seiner dortigen wissenschaftlichen Arbeiten war die Aufklärung der Ultrastrukturen des Verdauungstraktes unterschiedlicher afrikanischer Pflanzenfresser. Hofmann nutzte für seine Forschung das neuentwickelte Elektronenmikroskop, welches erstmals für solche Fragestellungen zum Einsatz kam. Anschließend kehrte er, einem Ruf folgend, als Professor an das Institut für Veterinäranatomie, Histologie und Embryologie der Veterinärfakultät der JLU nach Gießen zurück, an der er viele Jahre als Dekan wirkte.

    Zum 1. Januar 1992 wurde Hofmann als Gründungsdirektor des Leibniz-IZW berufen. Er führte das Institut durch den Gründungsprozess, ehe er am 17. November 1992 sein Amt als Direktor des neuen Instituts antrat, das er bis zum Eintritt in den Ruhestand am 31. Dezember 1999 leitete. Als Gründungsdirektor gab er dem neuen Institut seinen Namen und etablierte das heute weltweit bekannte Kürzel „IZW“. Hofmann meisterte die Herausforderung, die Mitarbeitenden des Vorgängerinstituts des Leibniz-IZW mit neuen Kolleginnen und Kollegen zusammenzubringen und die Herausbildung einer gemeinsamen Vision für das neue Institut einzuleiten. Er entwickelte gemeinsam mit den damaligen Mitarbeitenden einen neuen holistischen Forschungsansatz für das junge Gebiet der Wildtierforschung und setzte damit entscheidende internationale Impulse für dieses immer wichtiger werdende Forschungsgebiet. Eine bedeutsame Etappe für das Institut war die erste Evaluierung nach der Neugründung durch den Wissenschaftsrat im Jahr 1998, in der dem Institut bestätigt wurde, dass der Hofmannsche Ansatz einer „holistischen Perspektive“ für die Wildtierforschung richtig sei, weil darin sowohl die Perspektiven von Veterinärmedizin als auch Biologie vertreten seien und sinnvoll kombiniert würden.

    Reinhold Hofmann, im Freundes- und Kollegenkreis „Reino“ genannt, bleibt als aktiver und leidenschaftlicher Wissenschaftler nachhaltig in Erinnerung. Seit seiner Dissertation hatte Hofmann eine besondere Beziehung zu Afrika – zur Tierwelt und den Menschen. Im Rahmen seiner Promotion und Habilitation beschäftigte er sich besonders intensiv mit ostafrikanischen Wiederkäuern wie Afrikanischem Büffel, Impala oder Gerenuk, aber ebenso mit heimischen Arten wie Reh, Rothirsch oder Elch. Er erarbeitete sich mit zahllosen Publikationen den Ruf einer Koryphäe für anatomische, morphologisch-funktionelle und schließlich auch physiologisch-ökologische Fragestellungen. Auf Hofmann geht die heute weltweit akzeptierte, wissenschaftliche Einteilung der Pflanzenfresser-Typen „Raufutter-Äser“, „Intermediärtyp“ und „Konzentratselektierer“ zurück.

    Hofmann hielt Vorlesungen in mehr als 30 Ländern, betreute fast 60 Doktoranden in Nairobi, Gießen und Berlin – darunter die erste weibliche Doktorandin der Veterinär-Anatomie in Nairobi und spätere Friedensnobelpreisträgerin Prof. Wangari Maathai – und blieb auch während seines Ruhestandes mit mehreren Gastprofessuren in Thailand und China ein aktiver Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Hofmann lag besonders die akademische Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Herzen und ermöglichte ihnen durch großzügige Förderprogramme Aufhalte in wichtigen Zentren der Wildtierforschung wie den USA, dem Vereinigten Königreich und Südafrika. Im Jahr 2019 verlieh die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Hofmann den hochrangigen Martin-Lerche-Wissenschaftspreis für sein wissenschaftliches Lebenswerk und sein herausragendes Engagement auf dem Gebiet der Topographie und Morphologie des Magens von Haus- und Wildwiederkäuerarten. Mit diesen Forschungsarbeiten legte er die Grundlagen für das bessere Verständnis der evolutionären Anpassungsvorgänge des Verdauungstraktes der Wiederkäuer unter Beachtung der ökophysiologischen Verhältnisse. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit war Reinhold Hofmann ein talentierter Zeichner und Fotograf und veröffentlichte unter anderem das eindrucksvolle Buch „Wildtiere in Bildern zur vergleichenden Anatomie“.

    Das Leibniz-IZW spricht den Hinterbliebenen Reinhold Hofmanns sein großes Mitgefühl aus. Wir werden „Reino“ als Menschen und sein Wirken als Gründungsdirektor des Instituts in ehrenvollem Andenken halten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Jörns Fickel
    Direktor und Leiter der Abteilung für Evolutionsgenetik
    Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
    Alfred-Kowalke-Straße 17, 10315 Berlin
    Telefon: +49(0)30 5168100
    Email: fickel@izw-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Politik, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

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