MHH-Pneumologe untersucht in ASPEN-Studie die Wirkung von Brensocatib bei Bronchiektasen-Erkrankung
Bronchiektasen sind Aussackungen der Bronchien in der Lunge. In ihnen sammelt sich zäher Bronchialschleim, der sich oftmals nur schwer abhusten lässt. Dieser Sekretstau geht mit einer chronischen Atemwegsentzündung einher und bietet den perfekten Nährboden für Bakterien und andere Erreger, die diese wiederum verstärken. Die Folge ist eine chronische, fortschreitende Lungenerkrankung. Die meisten Betroffenen leiden unter ständigem Husten und Auswurf, Atemnot, Müdigkeit, Gewichtsverlust und häufigen Infektionen, die einer Antibiotikatherapie bedürfen. Die Aussackungen sind unwiderruflich, die Erkrankung ist bislang nicht heilbar. Derzeit gibt es auch keinen einheitlichen Behandlungsstandard für Bronchiektasen. Die nationalen und internationalen Richtlinien empfehlen zwar physiotherapeutische Atemtherapie, schleimlösende Mittel und Antibiotika zur Behandlung der Infektionen, aber die Ansätze gehen nicht angemessen auf die chronische Entzündung und das drohende Fortschreiten der Krankheit ein. Ist die Lungenfunktion im Verlauf der Erkrankung irgendwann zu stark eingeschränkt, bleibt nur eine Lungentransplantation als letzte Therapiemöglichkeit.
Hoffnung machen jetzt die Ergebnisse der ASPEN-Studie, der bisher größten weltweiten klinischen Studie zur Bronchiektasen-Erkrankung, an der mehr als 1700 Patientinnen und Patienten teilgenommen haben. Dabei wurde die antientzündliche Wirkung des Prüfpräparats Brensocatib untersucht. Die ASPEN-Studie zeigte, dass Brensocatib als Tablette in den Dosierungen zu zehn und 25 Milligramm die Wahrscheinlichkeit für Verschlechterungen in Schüben, die antibiotisch behandelt werden mussten, um etwa 20 Prozent verringerte. Darüber hinaus verlangsamte die Therapie mit 25 Milligramm Brensocatib die Verschlechterung der Lungenfunktion deutlich und verbesserte so auch die Lebensqualität der Betroffenen. Die Ergebnisse der ASPEN-Studie sind im renommierten „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht worden. Als einziger Wissenschaftler aus Deutschland war Professor Dr. Felix Ringshausen, Oberarzt an der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und Leiter der Bronchiektasen-Ambulanz an der wissenschaftlichen Veröffentlichung der Studienergebnisse beteiligt. Sein Fazit: „Brensocatib ist der erste Wirkstoff, der die Erkrankung ursächlich behandelt, und wird voraussichtlich das erste Medikament, das zur Therapie der Bronchiektasen-Erkrankung gelassen wird.“ Im Sommer dieses Jahres soll das Medikament in den USA auf den Markt kommen werden. Eine Zulassung in Europa wird voraussichtlich Ende dieses oder zu Beginn des kommenden Jahres erfolgen.
Überschießende Bakterienabwehr
Bronchiektasen können durch angeborene Lungenerkrankungen wie Mukoviszidose oder Primäre Ciliäre Dyskinesie (PCD) entstehen. Viel häufiger entwickeln sie sich jedoch nach schweren Infektionskrankheiten wie einer Lungenentzündung oder Tuberkulose, eines unkontrollierten Asthmas oder aufgrund einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Meist schädigen entzündliche Prozesse die Wände der Bronchien und zerstören das elastische Bindegewebe der Lunge. In der Folge ist die Selbstreinigung der Lunge gestört, die sogenannte mukoziliäre Clearance.
Dieser Kreislauf aus Entzündung, beeinträchtigter mukoziliärer Clearance, struktureller Schädigung der Atemwege und wiederkehrenden Infektionen wird zusätzlich von sogenannten neutrophilen Granulozyten verstärkt. Sie gehören zu den weißen Blutkörperchen und bekämpfen als Teil des Immunsystems Infektionen mit Bakterien. Zu ihren Waffen zählen Enzyme namens Serinproteasen. Bei der Reifung der Granulozyten im Knochenmark werden diese Serinproteasen sozusagen scharf geschaltet. Diese Aufgabe übernimmt das Protein Dipeptidylpeptidase 1 (DDP-1). „Bei chronischen Atemwegsentzündungen wie der Bronchiektasen-Erkrankung schießt die sehr effektive Bakterienpolizei der neutrophilen Granulozyten allerdings über das Ziel hinaus und setzt zu viele Serinproteasen in den Atemweg frei“, erklärt Professor Ringshausen. Diese schädigen dann nicht nur die Krankheitserreger in den Atemwegen, sondern auch die Bronchialwände und das umliegende Lungengewebe. Dadurch funktioniert die körpereigene Lungenreinigung noch schlechter und es entsteht ein unaufhörlicher Teufelskreis aus Entzündung, Schädigung der Atemwege und wiederkehrenden Infektionen, der das Fortschreiten der Bronchiektasen-Erkrankung fördert.
Wenig Nebenwirkungen
Brensocatib unterbricht diesen Teufelskreis, indem es das Protein DDP-1 blockiert und das Scharfschalten der Serinproteasen abmildert. Der Vorteil: Der Wirkstoff ist ein reversibler Inhibitor, schaltet die Produktion also nicht unwiderruflich aus. „Wird Brensocatib abgesetzt, blockiert es DDP-1 nicht länger, welches dann die Enzyme wieder in vollem Umfang aktivieren und die Bakterienabwehr verstärken kann“, sagt Professor Ringshausen. In der ASPEN-Studie blieben die zusätzlich zur üblichen Therapie mit dem Wirkstoff behandelten Patientinnen und Patienten länger beschwerdefrei als die Kontrollgruppe, die nur ein Placebo, also ein wirkstofffreies Scheinpräparat erhielt. Und auch die Nebenwirkungen hielten sich in Grenzen. Trotz reduzierter Schlagkraft der neutrophilen Granulozyten litten die mit Bensocatib behandelten Patientinnen und Patienten nicht häufiger an bakteriellen Infektionen als die Kontrollgruppe. Lediglich die Fälle von trockener Haut nahmen ein wenig zu. Eine positive Bilanz, betont der Bronchiektasen-Experte: „Brensocatib reduzierte das Risiko für eine Verschlimmerung der Symptome, verlangsamte die Verschlechterung der Lungenfunktion und verbesserte damit überzeugend die Lebensqualität der Betroffenen.“
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Felix Ringshausen, ringshausen.felix@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-3595.
Die Originalarbeit „Phase 3 Trial of the DPP1 Inhibitor Brensocatib in Bronchiectasis“ finden Sie unter https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2411664
Professor Dr. Felix Ringhausen hat im Rahmen der internationalen ASPEN-Studie untersucht, wie der Wi ...
Karin Kaiser/MHH
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Professor Dr. Felix Ringhausen hat im Rahmen der internationalen ASPEN-Studie untersucht, wie der Wi ...
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