Seit der Saison 2023/24 erfolgt eine nationale, vereins- und ligenübergreifende Datenerhebung zu Verletzungen und Erkrankungen im deutschen Frauenfußball. Diese Studie ging nach deutschlandweiter Ausschreibung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) an das Universitätsklinikum Regensburg (UKR). Durch dieses Studienprojekt werden die fehlenden epidemiologischen Daten zu Verletzungen und Erkrankungen im Deutschen Frauenfußball erstmalig flächendeckend erhoben, um geschlechtsspezifische Präventionskonzepte und Therapieregime zu erstellen.
Bei dem neuen Forschungsprojekt handelt es sich schwerpunktmäßig um den Start einer neuartigen Datenbank, in der alle Verletzungen und Erkrankungen von Fußballerinnen der beiden höchsten Spielklassen im Deutschen Fußball systematisch erfasst werden, die zu einer Ausfallszeit im Training und im Spielbetrieb führen. Die VBG hat für die Durchführung dieses weltweit erstmalig im Frauenfußball durchgeführten Projekts die Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. biol. hom. Volker Alt und Dr. med. Lorenz Huber für die Durchführung ausgewählt. Das Universitätsklinikum führt unter höchsten Datenschutz- und Ethikstandards diese longitudinale Datenerhebung durch.
Die VBG ist Initaitorin des Studienprojekts. Lange Zeit fiel der Frauenfußball nur in Ausnahmefällen unter den Kreis des bezahlten Sports und damit in den Schutzbereich der VBG. Während der Männerfußball seit vielen Jahren durch umfassende epidemiologische Studien begleitet wurde, fehlten für den Frauenfußball belastbare Daten zum Verletzungsgeschehen. Mit der fortschreitenden Professionalisierung der Frauen-Bundesliga und der 2. Bundesliga zählen nun auch immer mehr Spielerinnen zum versicherten Personenkreis der VBG. Damit trägt die VBG nicht nur die Verantwortung für ihre gesundheitliche Absicherung, sondern auch für eine gezielte Prävention, um Verletzungen bestmöglich zu vermeiden.
Diese Studie liefert erstmals detaillierte Erkenntnisse über Verletzungsmuster und Risikofaktoren im Frauenfußball. Besonders alarmierend ist das vierfach erhöhte Risiko für Rupturen des vorderen Kreuzbandes im Vergleich zu männlichen Profis. Solche schweren Knieverletzungen bedeuten nicht nur lange Ausfallzeiten für die betroffenen Spielerinnen, sondern verursachen auch hohe Kosten für das Gesundheitssystem und die gesetzliche Unfallversicherung. Deshalb stellt Herr Dr. Micha Pietzonka, Referent Sport der VBG-Bezirksverwaltung München fest: „Mit der zunehmenden Professionalisierung des Frauenfußballs wächst auch unsere Verantwortung als gesetzliche Unfallversicherung, diesen Bereich mit in den Fokus der Präventionsarbeit zu nehmen.“ Ziel der VBG ist es daher, auf Basis dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse gezielte Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und so einen nachhaltigen Schutz für die Spielerinnen zu gewährleisten. „Durch gezielte Präventionsstrategien können wir das Risiko reduzieren und gleichzeitig dazu beitragen, dass die Spielerinnen ihre Karriere möglichst verletzungsfrei fortsetzen können“, so Pietzonka.
Nach der ersten abgeschlossenen Studiensaison können bereits detaillierte Analysen entnommen werden. Insgesamt wurden über 500 Verletzungen und Erkrankungen in die Datenbank eingepflegt, die zu einem Ausfall der Spielerinnen im Trainings- bzw. Spielbetrieb führten. Verletzungen sind dabei zu 75 Prozent für die Spielausfälle verantwortlich, allerdings sind auch Erkrankungen, wie z.B. Atemwegs- oder Magen-Darmerkrankungen, immerhin in einem Viertel der Fälle hierfür ursächlich. Eine detaillierte Analyse der Verletzungen zeigt, dass im Frauenfußball vor allem Kniegelenksverletzungen besonders häufig auftreten und diese insgesamt die längsten Ausfallzeiten verursachen. Im Vergleich zum Männerfußball zeigt sich zudem ein vierfach erhöhtes Risiko für Rupturen des vorderen Kreuzbandes und dass Frauen nach einer Kreuzbandruptur deutlich später in den Spielbetrieb zurückkehren als die Männer. Diese Erkenntnisse sind für die Ausarbeitung von Präventionsmaßnahmen und Therapiekonzepten im Profifußball der Frauen von enormer Bedeutung, da hier ein eigener Ansatz gefunden werden sollte. Bei Kopfverletzungen, insbesondere bei Gehirnerschütterungen, konnten die ersten Analysen zeigen, dass sofortige Trainings- und Wettkampfpausen sowie der danach obligate stufenweise Wiedereinstieg nach Kopfverletzungen bei den Teams und medizinischen Betreuer*innen im Frauen-Profifußball sehr gut respektiert und umgesetzt wird.
Das Studienprojekt des UKR umfasst ferner eine Vergleichsgruppe aus dem Amateurfußball der Frauen sowie eine detaillierte Videoanalyse der Verletzungen. Besonders die Videoanalyse konnte wichtige Neuerkenntnisse liefern, da neben geschlechtsspezifischen Verletzungsmustern am Kniegelenk erstmalig zwei für den Frauenfußball spezifische Verletzungsmuster am Sprunggelenk dargestellt werden konnten. Insbesondere die kontaktlosen Umknickverletzungen zeigen hier ein hohes Präventionspotential.
Die Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) führt zudem ein Partnerschaftsprojekt mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) durch, welches als „Bundesligaregister für ausfallrelevante Verletzungen und Erkrankungen“ im Deutschen Profifußball der Herren bereits seit der Saison 2022/23 sehr erfolgreich mit vergleichbarer Studienmethodik Gesundheitsdaten aus dem Herren-Profifußball zusammenführt. Mit der VBG werden am UKR bereits seit mehr als 10 Jahren gemeinsame Studien zu Themen der Verletzungsprävention durchgeführt und besonders das „Kreuzbandregister im Deutschen Sport“ erbringt hier regelmäßige Veröffentlichungen zu diesen Themen.
Fußballmedizin am UKR
Das UKR ist aufgrund der fußballmedizinischen Aktivitäten in Forschung, Lehre und Sportlerbetreuung gemeinsam mit seinen regionalen Partner-Institutionen, Ärzte und Physiotherapeuten aus und um Regensburg bereits vor 15 Jahren vom Fußballweltverband FIFA zum FIFA Medical Center of Excellence zertifiziert worden. Zusätzlich erfolgte vor 10 Jahren der Start einer erfolgreichen Kooperation mit dem Bayerischen Fußballverband (BFV), um die medizinische Versorgung im Amateur- und Juniorenfußball zu optimieren. Forschungsschwerpunkte in der Fußballmedizin liegen vor allem in der Registrierung von Fußballverletzungen und der Entwicklung von Präventionsprogrammen.
Über die VBG
Von A wie Architekturbüro bis Z wie Zeitarbeitsunternehmen – über 1,7 Millionen Unternehmen aus mehr als 100 Branchen sind Mitglied der gesetzlichen Unfallversicherung VBG. Die VBG ist eine der neun gewerblichen Berufsgenossenschaften in Deutschland, die nach Branchen orientiert sind. Die VBG ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Sie steht ihren Mitgliedern in zwei wesentlichen Bereichen zur Seite: bei der Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie bei der Unterstützung im Schadensfall. Im Jahr 2023 wurden 400.000 Unfälle und Berufskrankheiten registriert. Die VBG kümmert sich darum, dass Versicherte bestmöglich wieder zurück in den Beruf und ihr soziales Leben finden. Knapp 2.400 Beschäftigte an elf Standorten arbeiten an dieser Aufgabe mit. Darüber hinaus finden in den sechs Akademien die VBG-Seminare für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit statt. Neben Präsenz-Seminaren bietet die VBG auch verstärkt Online-Seminare für eine ortsunabhängige Weiterbildung an.
Weitere Informationen: www.vbg.de
Dr. Lorenz Huber und Prof. Dr. Dr. Volker Alt (re.) sind am UKR federführend für die Erstellung und ...
Johannes Beutler
UKR/Johannes Beutler
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Dr. Lorenz Huber und Prof. Dr. Dr. Volker Alt (re.) sind am UKR federführend für die Erstellung und ...
Johannes Beutler
UKR/Johannes Beutler
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