Biophysiker entschlüsseln, wie Bakterien trotz wechselnder Umweltbedingungen und schwankender Proteinkonzentrationen robuste Muster bilden.
Biologische Muster sind für viele Lebensvorgänge essenziell: Während der Zellteilung etwa legt die Verteilung bestimmter Proteine in der Zelle fest, an welcher Stelle die Mutterzelle durchtrennt wird. Ein wichtiges Modell für die biologische Musterbildung ist das Bakterium E. coli, bei dem spezifische Min-Proteine rhythmisch zwischen den Zellpolen hin- und her oszillieren. Eine ungeklärte Frage war bisher, wie Bakterien es schaffen, die Musterbildung stabil zu halten, obwohl die Proteinzusammensetzung in der Zelle aufgrund wechselnder Umweltbedingungen schwanken kann. Ein Team um den LMU-Biophysiker Professor Erwin Frey und Suckjoon Jun, Professor an der University of California at San Diego, hat nun die Lösung gefunden: Eines der beteiligten Min-Proteine wechselt zwischen aktiven und inaktiven Formen und bildet einen Pool, der Änderungen der Proteinkonzentration abpuffert.
Um die Robustheit der Musterbildung zu untersuchen, modifizierten die Forschenden E. coli genetisch, um die Genexpression und damit die zellulären Konzentrationen der Proteine MinD und MinE unabhängig voneinander steuern zu können. Anschließend untersuchten sie die Musterbildung bei verschiedenen Proteinkonzentrationen und nutzten Methoden aus der statistischen Physik, um die Daten zu analysieren.
Puffer durch Konformationsänderungen
„Dabei haben wir gefunden, dass die Oszillationen auch bei Konzentrationsänderungen von mehr als einer Größenordnung beeindruckend robust sind“, sagt Henrik Weyer, einer der Erstautoren der Arbeit. „Und auch die Wellenlänge der Schwingungen blieb bemerkenswert konstant.“ Trotzdem scheint das Bakterium mit seinen Ressourcen sparsam umzugehen und immer nur so viel von jedem Protein zu produzieren, wie zur Auslösung und Aufrechterhaltung der Oszillationen erforderlich ist.
Aufgrund dieser Ergebnisse entwickelten die Forschenden ein theoretisches Modell auf der Grundlage biochemischer Reaktionen, das alle experimentellen Beobachtungen erklären kann. Der entscheidende Punkt dabei: Das Modell bezieht Konformationsänderungen des Proteins MinE mit ein. „Die inaktive Form bildet ein Reservoir, das je nach Bedarf in den aktiven Zustand und zurück wechselt und die Musterbildung stabil aufrechterhält“, sagt Frey. Diese Erkenntnisse waren nur möglich durch die Kombination von biophysikalischen Modellierungen und zellphysiologischen Methoden, betont der Biophysiker, der auch Mitglied des Exzellenzclusters ORIGINS ist. „Unsere Ergebnisse liefern wichtige Einblicke in die Prinzipien der dynamischen Musterbildung und könnten auch bei anderen biologischen Fragen zu spannenden neuen Erkenntnissen führen.“
Prof. Dr. Erwin Frey
Statistische und Biologische Physik
Fakultät für Physik der LMU
E-Mail: frey@lmu.de
Tel.: +49 (0) 89 / 2180-4538
https://www.theorie.physik.uni-muenchen.de/lsfrey/members/group_leaders/erwin_fr...
https://www.theorie.physik.uni-muenchen.de/lsfrey/group_frey/index.html
Ziyuan Ren, Henrik Weyer, Laeschkir Würthner, Dongyang Li, Cindy Sou, Daniel Villarreal, Erwin Frey, Suckjoon Jun: Robust and resource-optimal dynamic pattern formation of Min proteins in vivo. Nature Physics 2025.
https://doi.org/10.1038/s41567-025-02878-w
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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