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07.05.2025 11:06

Wie unser Gehirn Handlungspläne organisiert

Bettina Hennebach Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

    Wie werden die Beziehungen zwischen Handlungsplänen im Gehirn organisiert & strukturiert, um unser reiches Verhaltensrepertoire zu unterstützen? Irina Barnaveli, Christian Doeller, Simone Viganò & Daniel Reznik vom MPI CBS sowie Patrick Haggard vom University College London, zeigen in ihrer aktuellen Studie, dass das Gehirn Assoziationen zwischen Handlung und Ergebnis in einer kognitiven Kartenstruktur organisiert. Das Team beschreibt in Nature Communications, dass diese Karten im Hippocampus während der Handlungsbewertung mit dem motorischen System kommunizieren – was darauf hindeutet, dass die Fähigkeit zur zielgerichteten Handlungsplanung auf mehreren neuronalen Systemen beruht.

    Die menschliche Fähigkeit, ein vielfältiges und hochkomplexes Repertoire an Handlungsplänen zu entwickeln, ist wirklich bemerkenswert. Viele unserer Verhaltensweisen beruhen auf Assoziationen zwischen Handlungen und ihren Ergebnissen, die wir flexibel gestalten und nutzen können. So kann beispielsweise ein und derselbe Tastendruck zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nachdem, ob er auf einer Computertastatur, einem Radio oder in einem anderen Kontext ausgeführt wird. Wir haben oft mehrere Alternativen zur Auswahl, so dass die Auswahl einer Handlung einen Vergleich der verfügbaren Handlungsergebnisse erfordert, was ein nicht triviales und anstrengendes Problem darstellt.

    „Wie vergleichen wir die vielen im Gedächtnis gespeicherten Handlungspläne und wählen den am besten geeigneten aus? Wir schlagen vor, dass diese Assoziationen zwischen Handlung und Ergebnis in einer kognitiven Karte im Hippocampus organisiert werden, die eine effiziente Auswahl von Handlungen aus dem reichhaltigen menschlichen Verhaltensrepertoire unterstützen könnte“, erklärt Irina Barnaveli, Erstautorin der Studie. „Der Hippocampus ist ein Teil des Gehirns, der an der Bildung von Erinnerungen und der Navigation im Raum beteiligt ist. Die Navigation hängt stark von der Erstellung von Raumkarten ab. Unsere Studie deutet darauf hin, dass wir ähnliche Karten erstellen, um Handlungspläne zu organisieren und auszuwählen und so die Wahrnehmung mit der Handlung zu verknüpfen“.

    In der immersiven virtuellen Realität führten die Studienteilnehmenden eine motorische Interaktionsaufgabe durch, bei der sie lernten, das Fliegen und Fangen eines virtuellen Balls durch verschiedene Aktionen zu steuern. Später verglichen sie die erlernten Handlungen, während ihre Gehirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) überwacht wurde. Die Wissenschaftler*innen fanden Muster der Gehirnaktivität, die typischerweise als Signaturen des „kognitiven Mappings“ interpretiert werden, was darauf hindeutet, dass das Gehirn Handlungspläne abstrahiert und in einer kartenähnlichen Darstellung organisiert. Diese Karte lässt sich auch am Verhalten der Teilnehmenden ablesen: Je näher die Handlungen innerhalb der hypothetischen Karte lagen, desto ähnlicher wurden sie von den Studienteilnehmenden wahrgenommen. Erstaunlicherweise tauscht diese kognitive Karte im Hippocampus Informationen mit dem motorischen System aus, um mehrere Handlungspläne miteinander in Beziehung zu setzen.

    „Die kartenähnlichen Darstellungen könnten daher zeigen, wie Menschen mit ihrer Umwelt in einem sehr allgemeinen Sinne interagieren, weit über den spezifischen Fall der räumlichen Navigation hinaus. Indem sie die Handlungsauswahl unterstützen, könnten kognitive Karten dazu beitragen, den Erwerb und die Nutzung eines breiten Repertoires von Handlungsplänen zu optimieren. Diese Entdeckung stellt die klassische Unterscheidung in Frage zwischen deklarativem, also Wissensgedächtnis, und prozeduralem Gedächtnis, also dem Verhaltensgedächtnis, und deutet darauf hin, dass zielgerichtete Handlungen auf mehreren neuronalen Systemen beruhen, die Handlungsgenerierung, motorische Planung und Gedächtnis beinhalten“, fasst Christian Doeller, Letztautor der Studie, zusammen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Irina Barnaveli
    Doktorandin
    barnaveli@cbs.mpg.de
    Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig

    Prof. Christian Doeller
    Direktor Abteilung Psychologie
    doeller@cbs.mpg.de


    Originalpublikation:

    Irina Barnaveli, Simone Viganò,
    Daniel Reznik, Patrick Haggard,
    Christian F. Doeller
    „Hippocampal-entorhinal cognitive maps and cortical motor system represent action plans and their outcomes“
    https://www.nature.com/articles/s41467-025-59153-y


    Weitere Informationen:

    https://www.cbs.mpg.de/2355131/20250505-01?c=2470


    Bilder

    Im VR-Lab testeten die Forschenden, wie unser Gehirn Handlungspläne organisiert.
    Im VR-Lab testeten die Forschenden, wie unser Gehirn Handlungspläne organisiert.
    MPI CBS
    MPI CBS


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Im VR-Lab testeten die Forschenden, wie unser Gehirn Handlungspläne organisiert.


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