Die etwas andere Buchvorstellung in der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg mit Dr. Vera Trnka und Dr. Stephan Heinrich Nolte
Am 28. April lud die Hochschule gemeinsam mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma zu einer besonderen Buchvorstellung ein: „In den Grauzonen der Geschichte: Der Prager Kinderarzt Berthold Epstein (1890–1962)“. Über 60 Gäste folgten gespannt den Ausführungen von Vera Trnka und Stephan Heinrich Nolte, die von jahrelanger Forschung, bedeutenden Entdeckungen und persönlichen Verbindungen berichteten.
(Alles ist auch auf YouTube abrufbar: https://lnkd.in/dTxRj7UH)
Die Veranstaltung war nicht nur wegen der wissenschaftlichen Thematik und der bewegenden Biografie Epsteins außergewöhnlich, sondern auch, weil mehrere Zuhörende Epstein als Kinderarzt persönlich kannten. So wurde Geschichte auf eindrucksvolle Weise lebendig und greifbar.
Berthold Epstein wurde am 1. April 1890 in Pilsen geboren und war ein angesehener tschechoslowakischer Kinderarzt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er 1942 ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort holte ihn Josef Mengele als Häftlingsarzt in das sogenannte „Zigeunerlager“ – ein Begriff, den die Nationalsozialisten für den Lagerabschnitt B II e verwendeten. Dieser Abschnitt diente zur Inhaftierung von Sinti und Roma, die im Rahmen des Völkermords an ihnen, dem Porajmos, systematisch verfolgt und ermordet wurden. Das „Zigeunerlager“ war ein abgegrenzter Bereich mit etwa 40 Baracken, in dem Familien unter unmenschlichen Bedingungen zusammengepfercht wurden. Besonders unter den Kindern breitete sich die schwere Mangelerkrankung Noma aus. Epstein betreute die Kranken in gesonderten Baracken, untersuchte Ursachen und Behandlung der Krankheit und wurde von Mengele gezwungen, bei seinen grausamen Menschenversuchen mitzuarbeiten. Zudem ernannte Mengele Epstein zum Leiter seines Experimentallabors.
Nach der Befreiung blieb Epstein noch einige Wochen in Auschwitz tätig und kehrte im Mai 1945 mit der tschechoslowakischen Armee nach Prag zurück. Dort stieß er zunächst auf Ablehnung und konnte erst Ende 1949 wieder als Kinderarzt arbeiten. Trotz der schwierigen Umstände wurde er später für sein Engagement geehrt und verstarb 1962. Sein Leben spiegelt eindrucksvoll die wechselvolle Geschichte von der Donaumonarchie über die NS-Zeit bis in die Nachkriegszeit der Tschechoslowakei wider.
Die Autorin Vera Trnka, geboren 1946 in Prag, studierte Chemie und promovierte in Biochemie. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Bibliothek der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg und schreibt für jüdische Publikationen. Stephan Heinrich Nolte ist Kinder- und Jugendarzt sowie Psychotherapeut, Lehrbeauftragter und Fachjournalist. Gemeinsam haben sie mit ihrem Buch ein beeindruckendes Zeugnis deutsch-tschechisch-jüdischer Geschichte geschaffen.
Referent_innen
HfJS Heidelberg
HfJS Heidelberg
Dr. Vera Trnka
HfJS Heidelberg
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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