Mit einem neuen Teilnehmerrekord startet Ende Juni die 5. Auflage des European Robotics Hackathon (EnRicH) bei Wien: 15 Teams aus Europa und Kanada treffen sich vom 30. Juni bis 4. Juli in dem nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerk (AKW) Zwentendorf, um ihre robotischen Systeme für den Ernstfall zu testen. Außergewöhnlich ist dabei nicht nur der Veranstaltungsort. Auch der Einsatz echter radioaktiver Quellen, die das österreichische Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) als Gastgeber und Mitorganisator zur Verfügung stellt, gehört zum Alleinstellungsmerkmal der Veranstaltung. Erstmals liegt in diesem Jahr zudem ein besonderer Fokus auf kombinierte Szenarien für Roboter und Drohnen.
Rund 700 Meter Glasfaserkabel, mindestens ebenso so viele Meter Netzwerkkabel, 40 Kameras, knapp zwei Dutzend Switches und Access-Points, dazu Bänke, Tische, Zelte und vieles mehr: In den kommenden Wochen gibt es für das Organisations-Team vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE einiges zu packen. Per 20-Fuß-Seecontainer gelangt die Ausrüstung nach Zwentendorf, wird vor Ort aufgebaut, installiert und verkabelt. „Zwar hat sich bei uns mittlerweile eine gewisse Routine eingestellt“, sagt EnRicH-Organisator Dr. Frank E. Schneider, stellvertre-tender Leiter der FKIE-Abteilung „Kognitive Mobile Systeme“. „Die Vorbereitungen sind dennoch aufwendig und ziehen sich für das gesamte Team über mehrere Monate hin.“
2017 hat Schneider die Großveranstaltung, die seitdem alle zwei Jahre stattfindet, gemeinsam mit dem ARWT initiiert. Die Idee: Unter realistischen Bedingungen die Einsatz- und Leistungsfähigkeit robotischer Systeme bei einem inszenierten Störfall auf den Prüfstand stellen, Defizite aufzeigen und so die Entwicklung von Lösungen fördern.
Spezielle Robotersysteme für radiologische und nukleare Szenarien
Für den FKIE-Wissenschaftler eine Aufgabe, die aktueller kaum sein könnte. „Bei Störfällen, aber auch der Stilllegung oder dem Rückbau alter kerntechnischer Anlagen sind viele Einsätze für den Menschen aufgrund der möglichen hohen Strahlenlast riskant“, sagt er. Für diese radiologischen und nuklearen Szenarien müssten spezielle Robotersysteme entwickelt werden. „Doch obwohl es einen großen Bedarf gibt – man denke nur an die aktuelle Lage in Saporischschja oder auch Tschernobyl – ist nicht absehbar, dass in naher Zukunft marktreife Systeme in Stückzahlen verfügbar sind.“
Das nach einer Volksbefragung 1978 nie in Betrieb gegangene AKW Zwentendorf – fast baugleich mit dem 2011 zerstörten Kernkraftwerk in Fukushima – bietet für die Zielsetzung der EnRicH-Organisatoren ideale Voraussetzungen: Meterdicke Betonmauern, schmale Gänge, steile Treppen, selbstschließende Türen, kaum Licht, dazu keine oder nur eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten gehören zur Ausgangslage für alle Teams, die ihre Unmanned Ground Vehicles (UGVs) und Unmanned Aerial Vehicles (UAVs) an den Start bringen und ihre Leistungen von einer international besetzten Experten-Jury bewerten lassen.
Teams messen sich in drei Kategorien
In diesem Jahr messen sich die Teilnehmer in den Kategorien „Mapping“, „Manipulation“ sowie „Search & Rescue“. Die komplexe Aufgabenstellung in den jeweiligen Szenarien haben Schneider und sein Team in enger Abstimmung mit dem ARWT entwickelt. „Von Beginn an stand bei EnRicH der Aspekt der möglichst realitätsnahen Erprobung im Vordergrund“, betont dessen Leiter Brigadier Michael Janisch. „Und wo ließe sich für radiologisches Spüren das auch besser realisieren als in einem Atomkraftwerk? Für uns ist das Üben mit Echtquellen eine wiederkehrende Aufgabe und stellt auch eine praxisnahe Übung der im amtseigenen Spürtrupp eingeteilten Mitarbeitenden dar. Die Verlegung der Amtsleitung und die logistische und sicherheitstechnische Durchführung eines solchen Events ist eine gute praktische Möglichkeit für die Einsatzvorbereitung.“
Im Mittelpunkt stehen für die Teams entsprechend die Suche nach radioaktivem Material, gegebenenfalls dessen Handhabung sowie die Kartierung schwieriger Umgebungen. Erstmals gibt es zudem ein kombiniertes Szenario für Roboter und Drohnen. Nicht ohne Grund, wie Schneider betont: „Sowohl aktuelle Einsatzlagen wie auch die vorherigen EnRicH-Veranstaltungen haben deutlich gezeigt, dass ein alleiniger Einsatz von UGV oder UAV nicht zielführend ist. Nur im Verbund lassen sich hier gute Ergebnisse erreichen.“
Erstmals treten beim Hackathon 15 Teams an
Aktualität und die komplexe Aufgabenstellung mögen auch Gründe dafür sein, dass das Teilnehmerfeld aus Industrie, Forschung und Lehre bei der 5. EnRicH so groß ist wie noch nie. Mit dabei sind Teilnehmer wie etwa Team Hector von der TU Darmstadt, das seit der EnRicH-Premiere 2017 bei keiner Ausgabe fehlte. Aber auch Neulinge wie Team AutonOhm von der TH Nürnberg, das im März mit Roboter „Schrödi“ die RoboCup German Open in der Kategorie „Rescue“ gewinnen konnte, gehen an den Start. Die Nürnberger treffen bei der EnRicH im Übrigen auf alte Bekannte: Team CJT-Robotics aus dem bayerischen Lauf an der Pregnitz – in Zwentendorf erstmals mit dabei – sicherte sich beim RoboCup in der gleichen Kategorie Platz drei.
Organisatoren und Gastgeber sind schon jetzt gespannt, wie gut sich die robotischen Systeme unter den schwierigen Bedingungen im AKW Zwentendorf behaupten können. „Technisch eint das FKIE und das Amt die unbedingte Forderung nach immer weiter steigender Autonomie robotischer Steuerungen“, so Brigadier Janisch. „Nur wenn wir erreichen, dass autonome Systeme Einsatzkräfte unterstützen, werden diese Systeme akzeptiert werden und tatsächlich der Portfolioerweiterung dieser Kräfte dienlich sein.“ Gefordert sei zudem neben einer steigenden Interaktion gleichartiger auch die intermodale Kooperation unterschiedlicher robotischer Systeme.
Das sieht auch Schneider so: „Als weltweit einzige Veranstaltung setzen wir für die Lösung der Aufgaben auf den kombinierten Einsatz von UGVs und UAVs. Damit legen wir einen soliden Grundstein für künftige Veranstaltungen.“
5. European Robotics Hackathon
EnRicH 2025
Kernkraftwerk Zwentendorf
30. Juni - 4. Juli 2025
Infos: https://enrich.european-robotics.eu
Weitere Informationen & Bilder:
https://www.fkie.fraunhofer.de/enrich
Dr. Frank E. Schneider, Abteilung »Kognitive Mobile Systeme«
Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE
frank.schneider@fkie.fraunhofer.de I Telefon: +49 228 9435481
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Unter realistischen Bedingungen müssen die Roboter und Drohnen ihre Einsatz- und Leistungsfähigkeit ...
Fabian Vogl
Fraunhofer FKIE
Das nie in Betrieb gegangene AKW Zwentendorf ist Veranstaltungsort für die 5. Auflage des European R ...
Fabian Vogl
Fraunhofer FKIE
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Informationstechnik
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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