In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz zunehmend zum Alltag gehört, wird auch Auseinandersetzung in der Lehre mit diesem Thema bedeutender. Am Fachbereich Gesundheit der Hochschule Bielefeld hat sich Prof. Dr. Helen Strebel, Professorin für Therapiewissenschaften, zur Aufgabe gemacht, ihren Studierenden das Handwerkszeug an die Hand zu geben, um mit KI-Tools kritisch, souverän und verantwortungsbewusst umzugehen. Sie und Ole Bartelheimer, Student im Bachelor-Studiengang Gesundheit, sprechen darüber, warum KI im Studium kein Tabu sein darf und welche Einsatzmöglichkeiten die beiden Expert:innen im Gesundheitswesen sehen.
Bielefeld (hsbi). CREATE steht in großen Buchstaben auf der ersten Folie der Powerpoint-Präsenation. Ein Akronym für Clarity, Relevant Info, Examples, Avoid Ambiguity, Tinker und Evaluate. Gemeinsam ergeben die Begriffe eine Art kurzen Leitfaden für den perfekten Prompt an die KI: Er soll klar sein, alle relevanten Informationen und Beispiele für das gewünschte Ergebnis enthalten. Und – ganz wichtig – die Ergebnisse müssen so lange angepasst werden, bis die gewünschte Qualität erreicht ist. Die Folie bildet den Einstieg in eine Veranstaltung zum wissenschaftlichen Arbeiten, die Prof. Dr. Helen Strebel am Fachbereich Gesundheit für die Studierenden gibt. Der bewusste und kritische Einsatz von generativen KI-Tools wie ChatGPT oder Perplexity ist ihr ein zentrales Anliegen, denn sie ist fest davon überzeugt, dass das Thema nicht mehr aus unserer Gesellschaft wegzudenken
Das Ziel: Konstruktiv-kritische Haltung fördern
Strebel: „Als Lehrende an Hochschulen haben wir die Aufgabe, den Studierenden beizubringen, wie sie KI-Tools effektiv nutzen können. Das Ziel sollte eine konstruktiv-kritische Haltung im Umgang mit diesen Technologien sein.“ Trotz der Annahme, dass die „GenZ“ als „digital natives“ über umfassende Kenntnisse verfügt, zeigt sich für sie im Alltag mit den Studierenden ein anderes Bild: „In den Lehrveranstaltungen, in denen ich KI-Tools mittlerweile thematisiere, erlebe ich ganz unterschiedliche Vorkenntnisse. Einige Studierende haben noch nie mit diesen Tools gearbeitet und nutzen sie zum ersten Mal in meiner Veranstaltung. Andere hingegen verfügen bereits über ein gewisses Wissen, sind jedoch unsicher, wie sie diese Technologien, etwa in schriftlichen Hausarbeiten, angemessen einsetzen können. Diese unterschiedlichen Ausgangspositionen ermöglichen es uns, gemeinsam zu lernen und voneinander zu profitieren“, so die Professorin.
„KI darf in der Hochschulbildung kein Tabu sein!“
Und wie reagieren die Studierenden darauf? „Als ich sie im letzten Semester fragte, welche Tools sie nutzen, war die erste Reaktion oft Erstaunen“, so Helen Strebel. „Viele Studierende waren überrascht, dass dieses Thema überhaupt zur Sprache kommt, da sie zuvor das Gefühl hatten, KI sei ein Tabu. Nach einer offenen Diskussion änderte sich die Stimmung. In der dynamischen Lernumgebung profitieren alle voneinander – von den Neulingen bis zu den schon erfahrenen Nutzer:innen.“
Ole Bartelheimer ist einer der Studierenden, die KI-Tools schon vor dem Seminar auch privat genutzt haben. Für ihn liegen die Vorteile klar auf der Hand: „KI-Tools können bei der Recherche unterstützen, gezielte und personalisierte Lernpläne entwickeln oder fremdsprachige Quellen übersetzen. Je nach Anforderung oder Studieninhalt gibt es bestimmt noch viele weitere Möglichkeiten. KI bedeutet für mich, dass wir unsere Zeit im Studium viel effizienter nutzen können, wenn wir die Tools richtig und bewusst einsetzen.“
„KI nur so clever wie Nutzer:in“
Genau darum ist es für Helen Strebel wichtig, dass die Studierenden verschiedene KI-Tools kennenlernen, sodass sie ihre Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen verstehen. Als Beispiel nennt die Professorin für das Lehrgebiet Therapiewissenschaften den in Deutschland entwickelten Open Research Knowledge Graph (ORKG), der sich vor allem dafür eignet, auf Basis einer spezifischen Fragestellung einen ersten Überblick über relevante Literatur zu erhalten oder erste Antworten auf diese zu finden. „Es gibt viele weitere nützliche Tools, die zum Beispiel verschiedene Aspekte des Schreibprozesses bei einer Hausarbeit unterstützen“, so Strebel. „Wenn ich den Studierenden diese Tools vorstelle und ihnen zeige, wie sie damit arbeiten können, werden sie schnell erkennen, dass ChatGPT beispielsweise oftmals nur oberflächliche Ergebnisse liefert und für das wissenschaftliche Arbeiten nur sehr begrenzt nützlich ist.“
Als Alternative nennt Ole Bartelheimer Perplexity, eine Art „KI-Suchmaschine“, die wie ChatGTP Textvorschläge macht, gleichzeitig aber auch die Quellenangaben zu den Antworten mitliefert. Ein echter Mehrwert! Doch auch hier gibt es Grenzen. Bartelheimer: „Die Quellen müssen immer noch einmal geprüft werden: Handelt es sich beispielsweise um seriöse Journale oder um ungeprüfte Internet-Seiten?“. Für den Studenten ist klar: „Die KI ist immer nur so clever wie der Nutzer oder die Nutzerin selbst!“
ZÜ: Alternative Prüfungsformate schaffen
Eine der größten Herausforderungen beim Umgang mit KI-Tools ist die Sicherstellung der Eigenständigkeit in den Leistungen der Studierenden. Strebel: „Am Fachbereich Gesundheit haben wir eine konkrete Handreichung zum Umgang mit KI-Tools erarbeitet. Die Studierenden müssen angeben, welche KI sie genutzt haben, wann sie diese eingesetzt haben und mit welchem Ziel.“ Die Regelungen der Fachbereiche ergänzen die allgemeine Handreichung der HSBI zu KI-Tools für Studierende, zusätzlich werden Workshops zum wissenschaftlichen Arbeiten mit KI angeboten.
Die Professorin fördert daher alternative Prüfungsformate mit dem Fokus auf kreatives Denken und praktische Erfahrungen. „Im letzten Semester habe ich die Studierenden dazu angeregt, einen Medienclip zu Innovationen im Gesundheitsbereich zu erstellen, begleitet von einem Skript. Hierbei konnten sie kreativ werden und gleichzeitig komplexe Inhalte auf unterschiedliche Weise darstellen. Die Studierenden haben erlebt, wie man mit verschiedenen Formaten und Technologien effektiver lernen und kommunizieren kann“, so die Professorin.
KI im Gesundheitswesen: Mehr Zeit für den Mensch
Es gilt, unter anderem die Pflegefachkräfte von morgen bereits im Studium fitzumachen für den Umgang mit KI. Doch sind diese Technologien in der Lage, beispielsweise den sogenannten Pflegenotstand durch effizientere Arbeitsprozesse und verbesserte Patientenversorgung zu lindern? Im Bereich des Gesundheitswesens sieht Helen Strebel tatsächlich ganz konkrete Einsatzmöglichkeiten: „Besonders im Hinblick auf den demografischen Wandel können KI-gestützte Anwendungen wertvolle Unterstützungen im Alltag sein. Ein zentraler Vorteil von KI ist, dass sie Menschen in ihrem häuslichen Umfeld therapeutisch begleiten können, ohne dass Fachkräfte vor Ort sein müssen.“ Dies entlaste das Personal und verbessere die Versorgung von Patient:innen mit eingeschränkter Mobilität. In Japan sei die Akzeptanz gegenüber dem Einsatz von Technik bereits viel höher, beispielsweise bei Robotern, die Gespräche mit Bewohner:innen in Altenheimen führen oder Tabletten anreichen. Darüber hinaus könne KI die Effizienz von Arbeitsabläufen im Gesundheitswesen steigern. „Durch die Analyse von großen Datenmengen kann sie Vorhersagen über Krankheitsverläufe treffen und personalisierte Behandlungspläne entwickeln. Dies verbessert nicht nur die Versorgung der Patient:innen und Klient:innen, sondern fördert auch eine datengestützte Entscheidungsfindung innerhalb der Teams“, so Strebel.
Bartelheimer verweist auf das Potenzial von KI in der Telemedizin: „KI-gestützte Chatbots und virtuelle Assistenten können Patient:innen rund um die Uhr unterstützen, indem sie Informationen bereitstellen, Symptome bewerten und zum Beispiel bei der Terminvereinbarung oder Dokumentation helfen“, so der Student. „Ich sehe in dem Einsatz von KI in der Pflege eine wirklich große Chance, um dem Personalnotstand entgegenzuwirken. Ersetzt werden durch Technik soll Mensch als Ansprechpartner natürlich nicht – ganz im Gegenteil: Wenn die KI ‚bürokratische‘ Aufgaben übernimmt, bleibt mehr Zeit für den wichtigen persönlichen Kontakt.“
Datenschutz, CO2-Verbrauch und Bias beachten
Bei aller Begeisterung für die Vorteile, wissen die beiden um die Herausforderungen, die der Einsatz von KI mit sich bringt. Insbesondere beim Thema Datenschutz sollten wir „wachsam bleiben“, sagt Helen Strebel. Ole Bartelheimer ergänzt, dass hier auch die Politik gefragt sei, entsprechende Regelungen zu entwerfen, die sowohl den Datenschutz sicherstellen, aber gleichzeitig den Fortschritt nicht behindern. „Da hängt Deutschland aktuell noch etwas hinterher“, so der Student. „Eine der größten Herausforderungen sehe auch ich im KI-Footprint“, sagt Helen Strebel, Und auch bei der (fehlenden) Diversität bei der Entwickelung von KI-Technologien hat Helen Strebel Bedenken: „Die Unterrepräsentation von Frauen und anderen ethnischen Gruppen führt zu Vorurteilen und Diskriminierung in KI-Systemen.“
Gestalter:innen statt Konsument:innen der Technologien
Deutlich wird: KI-Tools bringen – bewusst eingesetzt — zahlreiche Vorteile, zugleich aber auch neue Fragen rund um Datenschutz, Umweltbelastung und Bias mit sich. Darum heißt es, Nutzer:innen fit machen für den Umgang mit KI und das am besten bereits im Studium. Denn eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung ist nicht nur notwendig, sondern auch bereichernd für die Ausbildung zukünftiger Fachkräfte – nicht nur im Gesundheitswesen! Helen Strebel: „Nur so können wir sicherstellen, dass die Studierenden nicht nur Konsument:innen, sondern kompetente Gestalter:innen der Technologien werden, die unsere Gesellschaft prägen.“
https://www.hsbi.de/presse/pressemitteilungen/ki-darf-kein-tabu-sein-prof-dr-hel... Pressemitteilung und weitere Fotos auf www.hsbi.de
Prof. Dr. Helen Strebel und Student Ole Bartelheimer sind sich einig: KI-Tools bringen – bewusst ein ...
P. Pollmeier / HSBI
Prof. Dr. Helen Strebel, Professorin für Therapiewissenschaften am Fachbereich Gesundheit, macht ihr ...
P. Pollmeier / HSBI
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