Zunehmend werden Photovoltaik-Anlagen nicht nur auf Dächern installiert, sondern auch im Freiland. Bei Bürgerinnen und Bürgern stößt das nicht immer auf Gegenliebe. Deutlich positiver wird hingegen die sogenannte Agrivoltaik (Agri-PV) bewertet, wie Forscher der Universität Bonn nun zeigen konnten. Bei ihr werden die Solarzellen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen angebracht - etwa auf Viehweiden oder als Überdachung von Weinreben. Laut einer Umfrage unter fast 2.000 Personen genießt diese Form eine deutlich höhere Akzeptanz als normale Solarparks. Die Studie ist in der Zeitschrift „Land Use Policy“ erschienen.
Solarstrom ist eine wichtige umweltfreundliche Energiequelle. Doch die lichtempfindlichen Paneele verschlingen viel Platz. Zudem empfinden viele Bürgerinnen und Bürger die Anlagen als unattraktiv und störend - besonders, wenn dafür Acker- und Grasland geopfert werden.
Eine Alternative ist die sogenannte Agrivoltaik. Bei ihr werden die Paneele auf Flächen errichtet, die weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden - Kornfeldern, Viehweiden, Apfelplantagen oder Weinanbaugebieten. „Sie reduzieren zwar in der Regel den Ertrag“, erklärt Hendrik Zeddies vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn. „Manchmal schaffen sie aber auch Synergien: Die Solarzellen können zum Beispiel als transparente Überdachung dienen, die Obstbäume oder Weinreben vor Hagelschlag oder zu intensiver Sonneneinstrahlung schützt. Auf Weizenfeldern fungieren sie dagegen oft als Windschutz - ähnlich wie eine Mauer oder eine Hecke.“
Kühe grasen zwischen Solarpaneelen
Die jetzt erschienene Studie zeigt zudem, dass Agrivoltaik noch einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil hat: Sie genießt in der Bevölkerung offensichtlich deutlich größere Akzeptanz als herkömmliche Solarparks. In diese Richtung deuten zumindest die Ergebnisse einer Online-Umfrage, an der fast 2.000 Frauen und Männer aus Deutschland teilnahmen. Zeddies ist einer ihrer Initiatoren, neben seinen Kollegen Dr. Martin Parlasca und Prof. Dr. Matin Qaim, Direktor des ZEF.
Die Befragten wurden so ausgewählt, dass ihre Zusammensetzung hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Einkommen und Bundesland der Bevölkerung in Deutschland entsprach. Sie erhielten zunächst Informationen über die Vor- und Nachteile von Agrivoltaik sowie herkömmlichen Solarparks im Freiland. Dann wurden sie zufällig in eine von drei Gruppen eingeteilt. Die erste sah Fotos einer Viehweide und zum Vergleich einer Wiese, auf der zwischen den grasenden Kühen lange Reihen von Solarpaneelen standen. Die zweite betrachtete analog dazu Bildpaare von einem Weizenfeld mit oder ohne Solarzellen, die dritte von einer Anbaufläche für Wein. Verglichen wurden diese Bilder jeweils mit reinen Solarparks in der gleichen Landschaftsszene.
„Wir befragten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einerseits, wie sie den Eingriff in die jeweilige Landschaft beurteilten“, erläutert Zeddies. „Also etwa, als wie attraktiv oder unattraktiv sie die gezeigten Gebiete empfanden oder wie sie ihren Erholungswert bewerteten.“ Zudem sollten sie angeben, ob sie dazu bereit wären, für den auf der jeweiligen Fläche produzierten Strom einen Aufpreis in Kauf zu nehmen - oder umgekehrt: ob sie Geld zahlen würden, um den Solarpark zu verhindern.
Fast 44 Prozent würden für Agrivoltaik-Strom mehr zahlen
Die Ergebnisse zeigen, dass Agrivoltaik auf deutlich größere Akzeptanz stieß - und zwar unabhängig vom jeweils gezeigten Szenario: Fast 44 Prozent würden für Strom von diesen Flächen mehr zahlen; bei normalen Solarparks im Freiland wären dagegen lediglich 29 Prozent dazu bereit. Nur 2,9 Prozent würden zudem aus eigener Tasche Maßnahmen finanzieren, um Agrivoltaik zu verhindern - bei herkömmlichen Parks wären es 4,8 Prozent. Zwar waren die Befragten generell der Ansicht, dass Photovoltaik das Landschaftsbild beeinträchtigt. Diese negativen Auswirkungen waren in ihren Augen bei der Agrivoltaik aber deutlich geringer - vermutlich, weil es eben ein Unterschied ist, ob die Solarstromproduktion die Landwirtschaft verdrängt oder ob Energie- und Nahrungsproduktion kombiniert werden.
„Unsere Befragung ist hypothetisch - die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten ja nicht wirklich Geld einsetzen“, betont Prof. Dr. Matin Qaim, der auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Nachhaltige Zukunft“ und im Exzellenzcluster „PhenoRob“ ist. „Dennoch lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass Agrivoltaik in der Bevölkerung auf größere Zustimmung stößt als normale Freiflächen-Solaranlagen.“ Agrivoltaik könnte also ein Weg sein, den Ausbau umweltfreundlicher Energien zu beschleunigen, ohne damit große Konflikte in der Bevölkerung zu provozieren und die Ernährungssicherung zu gefährden.
Allerdings sieht Zeddies, der selbst auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist, noch offene Fragen. So sind die Kosten für die Anlagen höher als bei herkömmlichen Freiflächenanlagen. Da Agrivoltaik zudem niedrigere Stromerträge liefert, amortisieren sich diese Anfangs-Investitionen nur sehr langsam. „Ohne Subventionen werden sich also vermutlich nicht allzu viele Analgen realisieren lassen“, meint er.
Förderung:
Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Exzellenzclusters „PhenoRob“ finanziert.
Hendrik Hilmar Zeddies
Zentrum für Entwicklungsforschung
Universität Bonn
Tel. + 49 (0)228/73-6124
E-Mail: hzeddies@uni-bonn.de
Hendrik Hilmar Zeddies, Martin Parlasca, Matin Qaim: Agrivoltaics increases public acceptance of solar energy production on agricultural land; Land Use Policy; DOI: https://doi.org/10.1016/j.landusepol.2025.107604
Die Forschenden zeigten den Befragten Bilder von landwirtschaftlich genutzten Flächen und identische ...
Abbildung: AG Qaim/Uni Bonn
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Die Forschenden zeigten den Befragten Bilder von landwirtschaftlich genutzten Flächen und identische ...
Abbildung: AG Qaim/Uni Bonn
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